kenden Erzieher, inwieweit sich das
Kind schon eine bestimmte Ge-
schmacksrichtung zu eigen gemacht
hat und wie es diese betätigt. Das
Mädchen möchten wir sehen, das
nicht schon mit vier Iahren den
lebhaften Wunsch hätte, seine Pup-
pen selbst zu kleiden und zu schmük-
ken. Da wird man denn auch so-
fort einen grundsätzlichen Unter-
schied zweier Geschmacksrichtungen
kennen lernen. Im Kinde werden
beide als Neigungen miteinander
kämpfen: Das Bestreben, die Puppe
wirklich zweckmäßig zu kleiden, und
die Sucht, sie auszuputzen. Aus-
schlaggebend wird die Art sein, wie
das Kind selbst von einer Mutter
herangezogen wurde, aber selbst im
günstigsten Falle wird man es noch
nicht mit einer entschiedenen Rich-
tung zu tun haben. Eine kleine
Freundin, die mit ihrer modisch
ausstaffierten Puppe protzt, ein Kin-
dermädchen, das unserer Tochter
weismacht, eine Puppe sei erst recht
schön, wenn sie die Haare künstlich
aufgesteckt und mit Bändern ver-
ziert habe — alle solche Einflüsse
gefährden im Spiele die besten Er-
folge unserer Erziehung. Deswegen
empfiehlt es sich, diese Spiele zu
überwachen, ja sie selbst zu leiten.
Wir lehren etwa die kleine Puppen-
mutter, sich die Puppenkleider selbst
zuzuschneiden und zu nähen. Dabei
können wir ihr dis Idee der Zweck-
mäßigkeit und ihren innern Zu-
sammenhang mit echter Schönheit
ganz spielend tiefer einpflanzen, als
durch Unterricht in späteren Iahren.
Am besten lassen wir die Kinder
unmittelbar aus dem Material her-
ausarbeiten, nicht nach vorgezeich-
neten Mustern; denn nur so lernen
sie die Besonderheit einer Schnitt-
form aus der Eigenart des Stoffes
heraus verstehen und vermeiden das
44.0
Kunstwart XXVI, S