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Meder, Joseph
Die Handzeichnung: ihre Technik und Entwicklung — Wien, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.9755#0128
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Metallstiftzeichnungen.

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mit Ockergrundierung versehenen Blättchen schließen wegen ihrer Kleinheit
jeden zeichnerischen Zweck aus und mochten, wie das Motto auf den Deckeln
lautet, eher Vereinszwecken gedient haben (Abb. 41)1.

In völlige Vergessenheit ist die Silberstifttechnik nie geraten. Im Goldschmieds
handwerk, bei den Miniaturisten oder auch in Künstlerfamilien, wo sich ein
derartiges Kuriosum samt Tradition von Geschlecht zu Geschlecht weiter ver*
erbte, und bei den noch im 17. Jahrhundert beliebten Rechentäfelchen2 führten
die Metallstifte ihr Dasein noch lange weiter. Im 18. Jahrhundert, als die
Miniaturbildnisse wieder zu größerer Beliebtheit kamen, erlebte das Zeichnen
eine Art Wiedergeburt. Die kleinen holländischen Porträts des 17. Jahrhunderts
auf grundiertem Pergament traten in moderner Haltung wieder auf, gingen

Abb. 41. Notizbüchlein. Wien, Sammlung Figdor.

diesmal von Frankreich aus und zogen über den ganzen Kontinent. Man schätzte Stylo*
das Silber nicht nur als reinliches Material für Elfenbein, sondern zeichnete sraphie
damit auf Tonpapier die feinsten Profilköpfchen mit zarten farbigen Lavierungen.
Die Franzosen nannten dies auch Stylographie (siehe Seite 146).

Schon 1708 berichtet der «Traite de la Peinture en Miniature», daß man die
Übertragungen der großen Köpfe ins kleine Format mittels des Verkleinerungs*
apparates in der Weise besorgte, daß ein Silberstiftchen (aiguille d'argent)
auf dem Pergament die IIauptkonturen absetzte3. Sowohl dieser Vorgang als
auch das freihändige Zeichnen «mit einem Stift von Blei, Kupfer, Silber oder
Gold auf Pergament» empfahl sich, weil die Konturen, reinlich und unverwisch*
bar, die Farben nicht beeinträchtigen4. Mit Zuhilfenahme von Bleistift (Graphit)
und Wischer schuf man weiche Schatten und schabte die Lichter mit dem
Grattoir oder Bimssteinstängelchen heraus. Sanft lavierende Pinsel vollendeten

1 A. Figdor in Wien, F 3577. Auf den beiden Deckeln die Schrift: «Sowol im Frieden
alls im Krieg Bhält einigkeit allzeit denn Sieg.» 3 6 X 5 6 cm.

libbretij da conto che vengono d'AUamagna» und deren Zurichtung bei Mayerne,
Berger, IV, S. 155, Nr. 58.

3 Traite de la Peinture 1708, p. 40.

4 Constant Viguier, op. cit. p. 80. «Le trait se faxt avec un crayon de plomb, de cuivre
d'argent ou d'or, qui marque sans rayer sur /'ivoire.»

7*

Miniatur;
bildnisse

des
18. Jahrb.
 
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