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Meder, Joseph
Die Handzeichnung: ihre Technik und Entwicklung — Wien, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.9755#0580
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Hilfszeichnungen.

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vielerlei Bedürfnisse, die eine Übertragung notwendig machten. Der Miniaturist 1>
Zeichner und Maler, Goldschmied und Waffenschmied, besonders aber Kupfer*
Stecher, Holzschneider und Lithographen mußten sich der Pause bedienen.

Ein häufiger Fall war der, eine reinliche Zeichnung zu erzielen. So benützten Für Rein*
sorgfältige Silberstiftzeichner ihre Entwürfe zur Übertragung auf das müh? zeichnun*
sam grundierte Papier, um dann sicherer an die Ausführung schreiten zu können2.
Auf das Verfahren bei Federzeichnungen wurde bereits hingewiesen (S. 37,
295 n. 2), Besonders ergaben die farbigen Grundierungen der Deutschen die
Notwendigkeit, den Entwurf aufzupausen. In der Ausführung steckengebliebene
Zeichnungen führen deutlich in diese Schulregel ein. Selbst Kohle* und Kreide*
Zeichnungen zumal von Porträts, die mit der Glastafel erzielt waren, erfuhren
diese Behandlung. Italienische und deutsche Originale weisen stellenweise tote
Pauselinien neben selbständigen Konturstrichen auf (Abb. 205).

Die größte Gruppe von auf Pausen, beruhenden Zeichnungen diente der Für Verviel»
Wiederholung oder Vervielfältigung eines Originales. Zweck und Ver* fältigung.
fahren wechseln je nach der Entwicklung eines Meisters oder der jeweiligen
technischen Disziplin. Wenn der junge Dürer sich die Hauptkonturen zweier
Mantegna*Stiche auf sein Papier pauste, um alles andere selbständig zu voll*
enden, so bedeutete dies für ihn nur eine rasche Sicherung fremder «antikischer»
Formen (Abb. 5, 6)3. Auch die Zeichnungen nach Pollaiuolo scheint er auf
diese Weise studiert zu haben. Und ebenso mochten viele Malerjünglinge bei
ihrem Kopieren nach Originalen, Stichen und Radierungen kurzerhand vor*
gegangen sein, so daß das Auftreten auffallend genauer Kopien nicht befremden
darf. Bei den vielfachen Aufgaben, wie bei Gemälden, Madonnen* und Heiligen*
bildern, bei Porträts, die auf Wunsch wiederholt werden sollten, bei Miniatur*
bildnissen oder aber bei Glasrissen, Goldschmiedvorlagen, macht sich das
Schablonenhafte und Werkstattmäßige besonders geltend. Am^deutlichsten erhellt
dies aus den von Geschlecht zu Geschlecht, Werkstatt zu Werkstatt wandernden,
immer neu kopierten und verbrauchten Glaszeichnungen schweizerischer Meister.

Weniger allgemein war das Pausen von Galeriestücken. Schwache Schüler Für
oder handwerksmäßig arbeitende Malerkopisten, die sich ganze Kompositionen Bildkopien,
oder einzelne Figuren aus fremden Bildern zu eigen machen wollten, setzten sich,
zum Verdrusse der Inhaber, ohne Rücksicht auf die Originale in den Besitz von
Konturpausen. Vasari spricht von «unendlich viel» Malern, die nicht zeichnen
können, aber, wenn sie einem Gemälde gegenüberstehen, dessen Konturen durch*
pausen und dann mit einem ähnlichen Kolorite täuschen4. Die Anzahl gepauster
Zeichnungen in Sammlungen ist in der Regel weit größer, als die Kataloge zu*
gestehen. Namentlich die Wander* und Sammelbücher enthalten viel Derartiges.

Der gewöhnlichste Pausierungsvorgang war der mit durchscheinenden
Papieren (Patronen) oder mit ähnlichen Stoffen, was die Italiener calcare,

1 ]aro Springer, Gegenseitige Kopien von Miniaturen (Zs. f. Bücherfreunde X, 426).

2 Konstatierbare Pausierungen in Hans Baidungs Skizzenbuch, z. B. Taf. 12 der Rosenbcrg*
Ausgabe. — Diese reinliche und praktische Methode läßt sich heute noch bei grundierten
Burne*Jones=Zeichnungen beobachten.

3Meder, Neue Beiträge zur DürersForschung (Jahrb. d. Ks. d. Kh.-1912, S. 211).
4 Guhl, Künstlerbriefe I, 427.
 
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