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Die Sammler.

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überreichten oder in dessen Büchlein zeichneten, oder wenn Künstler untereinander
geschäftsmäßig tauschten.

Ob nun der Grundstock durch Schenkung, Vererbung (Franc. Melzi, De Viti,
Giul. Romano, die Gehilfen Van Dycks) 1 oder Kauf erworben, er bildete die Ver*
anlassung zu der weiteren Vermehrung. Seit dem 16. Jahrhundert gehörten Zeich*
nungensammlungen direkt zur Ausstattung eines renommierten Ateliers oder, wie
man es damals gerne bezeichnete, eines Studio2. Das Dilettarsi di disegni
di valenti maestri war ein Zeichen von Wohlstand und Intelligenz. Dabei
überschritt der Eifer wohlsituierter Künstler weit den Schulbedarf, so daß ihre
Einrichtungen denen vornehmster Sammler glichen. Die Beschreibung Malvasias
(II, 238) von dem Studio des Tiburzio Passerotti, das mit jenem des
Camillo Bolognini konkurrierte, gibt einen lebendigen Einblick in die reichen
Sammlungen, die er schon von seinem Vater empfangen und ins ungeheure
vermehrt hatte. «Er besaß von den seltensten Zeichnungen der Hervorragend*
sten, von denen allein er vom Kardinal Giustiniani für sechstausend Lire er*
worben hatte; ferner alle berühmten Stiche, eine Menge römischer Reliefs, eine
endlose Anzahl antiker Modelle, zahlreiche seltene Bücher, konservierte Monstra,
Kameen, Edelsteine, versteinerte Dinge, Götzenbilder und sonstige Merkwürdig*
keiten. Es gab keinen Gesandten in Bologna, keine durchreisende vornehme Person*
lichkeit, keinen Fremden, der nicht jene beiden berühmten Stätten gesehen und
bewundert hätte.» (Siehe auch oben S.217 die Schilderung der Carracci*Werkstatt.)

Rubens' fürstliches Haus, gefüllt mit Kunstschätzen, war berühmt. Sir Peter Im Norden.
Lelys Kunstkabinett wurde 1682 für 26.000 Pfund Sterling verkauft. Außer*
dem hatte er nicht weniger denn 3000 Handzeichnungen. Rembrandts
Sammeleifer war so groß, daß sein Vermögen schließlich darunter zusammen*
brach. Was hatte dieser Meister, wenn wir sein Inventar durchsuchen, an
fremden Handzeichnungen! Einen Band der größten Meister aller Jahrhunderte,
einen Band Miniaturen, einen großen Band mit Brouwer*Zeichnungen, einen
mit Ansichten und Monumenten von Rom, ein kleines Büchlein mit Feder*
skizzen von Pieter Lastmann, ein zweites mit Rötelzeichnungen, ein Büchlein
mit Ansichten von Tirol von Roland Savery usw.3 Von dem Marinemaler Jan
van de Cappelle ("f 1680) wissen wir laut Inventar, daß er mehrere Tausende
von Zeichnungen, davon 500 Rembrandt, nach Gegenständen geordnet, besaß4.

Eine besondere Art des Sammeins bildete das Stehlen von Zeichnungen, Diebstähle,
das sich schon frühzeitig in Italien einer gewissen Beliebtheit erfreute und als
ein eigentümliches Dokument künstlerischer Wertschätzung angeführt werden
darf. Die Viten melden manche Beispiele. Vasari führt Parmegianino als ein
Opfer einer Beraubung durch Antonio da Trento an, Mander den Marten van
Heemskerck5. Während der Inventuraufnahme der Cavaceppi*Sammlung in Rom

1 Die Witwe des Künstlers beklagte sich in einem Bittschreiben an die Krone, daß die
Bilder und andere dem Künstler gehörige Effekten von Personen ererbt wurden, die kein
Recht dazu hatten (L. Cust, A Description of the Sketchbook by S. Anthony Van Dyck,
London 1902, p. 2).

2 Die Franzosen sagten um 1625 ,mon estude' (Bonnaffe, op. cit., p. 245).

3 Hofstede, Urkunden über Rembrandt, S. 189 ff, Nr. 263, 264, 270.

4 Ibidem, S. 412. 5Vas. Mil. V, 227. - Mander*Floerke I, 345.
 
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