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Möhring, Hannes; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weltkaiser der Endzeit: Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendjährigen Weissagung — Mittelalter-Forschungen, Band 3: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.29153#0021

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Die mittelalterlich-lateinische Sibylle von Tibur

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Das römische Reich bilde das letzte von vier Weltreichen in der Geschichte^, werde
an seinem Ende von zehn römischen Königen aufgeteilh und dann vom Reich Chri-
sti abgelöst, so lehrte an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert der Kirchenvater
Hieronymus in seinem Daniel-Kommentar^. Außerdem schrieb Hieronymus in ei-
nem Brief an Algasia und in seinem Jeremias-KommentaH, daß die am Weitende zu
erwartende Schreckensherrschaft des Antichrist^ entsprechend 2 Thess. 2,6-8^ so
lange hinausgezögert werde, so lange das römische Reich als Katechon bestehe.
Ähnliche Auffassungen waren bereits unter den Judenchristen verbreitet^, und fin-
den sich auch schon bei den Kirchenvätern weit vor Hieronymus, nämlich etwa bei
Hippolytos und Tertullianus^, aber es war Hieronymus, der maßgeblich die im
Abendland während des Mittelalters herrschende Vorstellung vom römischen End-
reich prägtet

1 Entsprechend Daniel 2,31M5 und 7,1-27 sowie Off. Joh. 13,1-18 und 17,1-18. Zur Lehre von
den vier Weltreichen vgl. Adamek, Endreich, S. 26-31; Flusser, Four Empires; Swain, Four
Monarchies.
2 Entsprechend Daniel 7,24 sowie Off. Joh. 13,1 und 17,12-14.
3 Hieronymus, In Danielem II 7,7-27, ed. GLORIE, S. 842-850; DERS., In Zachariam I 1,18 f., ed.
ADRIAEN, S. 760 f.
4 Ders., Epistulae, ed. HiLBERG, Bd. 3, Nr. 121, S. 53f.; DERS., In Hieremiam V 27, ed. REITER, S. 246.
5 Zur Entstehung der Vorstellung vom Antichrist vgl. JENKS, Origins; HEID, Chiliasmus, S. 188-230;
McGiNN, Antichrist, S. 9-78 (kritisch zu Jenks: S. 281 f. Anm. 3 und 5, S. 284 Anm. 26, S. 289 f. Anm.
17 und 20).
6 In 2 Thess. 2,6-8 schreibt Paulus: »Ihr wißt auch, was ihn jetzt noch zurückhält, damit er erst zur
festgesetzten Zeit offenbar wird. Denn die geheime Macht der Gesetzwidrigkeit ist schon am
Werk; nur muß erst der beseitigt werden, der sie bis jetzt noch zurückhält. Dann wird der gesetz-
widrige Mensch allen sichtbar werden. Jesus, der Herr, wird ihn durch den Hauch seines Mundes
töten und durch seine Ankunft und Erscheinung vernichten.« Vgl. dazu: ADAMEK, Endreich,
S. 35 f. und 46f.; VERHELST, La prehistoire, S. 54.
7 Vgl. ADAMEK, Endreich, S. 37.
8 Vgl. STROBEL, Verzögerungsproblem, S. 131-140. Im Gegensatz zu Tertullianus verkörperte frei-
lich für Hippolytos das römische Reich noch die höchste Steigerung der Gottesfeindschaft, denn
seiner Meinung nach sollte der Antichrist ein römischer Kaiser sein, vgl. ADAMEK, Endreich,
S. 38-40; DuNBAR, Hippolytus, S. 330 und 332; PoDSKALSKY, Reichseschatologie, S. 9f. Es wäre je-
doch verfehlt, die Haltung des Hippolytos etwa allein in den Christenverfolgungen römischer
Kaiser begründet zu sehen, denn bei anderen Kirchenschriftstellem aus der Zeit vor Constantin
dem Großen finden sich in der Daniel-Auslegung und darüber hinaus bedeutend positivere Aus-
sagen über Rom, vgl. PoDSKALSKY, ebd., S. 10 f. Zu den Widersprüchen im Rombild des Hippo-
lytos vgl. DuNBAR, Delay, S. 319-322.
9 Zur Verbreitung der Vorstellung vom römischen Reich als dem vierten danielischen bzw. letzten
Weltreich vgl. ADAMEK, Endreich, S. 31-51; BoussET, Antichrist, S. 77-83; PoDSKALSKY, Reichs-

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