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Möhring, Hannes; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weltkaiser der Endzeit: Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendjährigen Weissagung — Mittelalter-Forschungen, Band 3: Stuttgart, 2000

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29153#0213

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Die Herrscherauffassung Friedrichs II.
in endzeitlicher Sicht

Zweimal ist Kaiser Friedrich II. von Papst Gregor IX. exkommuniziert worden, näm-
lich am 29. September 1227 und am 20. März 1239. Bereits beim erstenmal ging es
Gregor unverkennbar um Friedrichs Unterwerfung oder sogar Vernichtung. Zwar
befand sich der Papst 1227 immerhin formal im Recht, weil Friedrich wegen einer
Erkrankung nicht - wie bereits 1215 und danach noch mehrfach versprochen - zum
Kreuzzug aufgebrochen war, aber als der Kaiser im Sommer 1228 tatsächlich mit ei-
ner Flotte nach Palästina fuhr, versuchte Gregor in seiner Abwesenheit Unteritalien
zu erobern, und er löste Friedrich erst mit dem Friedensschluß im Jahre 1230 vom
Bannt Auch bei der zweiten Exkommunikation war von dem eigentlichen Grund,
daß Gregor durch die von Friedrich in Oberitalien betriebene Politik den Kirchen-
staat bedroht sah, keine Redet sondern Gregor warf dem Kaiser unter anderem vor,
ihm fehle der rechte Glaubent In dem allen geistlichen und weltlichen Großen
zugeleiteten Rundschreiben Sc&s aposfoü'cß vom 7. April 1239 begründete Gregor
seinen Bannspruch eingehend^.
Friedrich reagierte darauf am 20. April mit seinem an alle Fürsten des Abend-
landes gerichteten Manifest Lcuafg zu cz'rczhhzt in dem er Gregor persönlich angriff
und als des päpstlichen Amtes unwürdig bezeichnete. Unter anderem warf Fried-
rich dem Papst vor, er begünstige die früher von ihm selbst bekämpften Ketzer
in der Lombardei, und erschütterte dadurch Gregors Glaubwürdigkeit, daß er mit
den päpstlichen Interessen in der Lombardei die eigentliche Ursache seiner Exkom-
munikation aufdeckteh
Die Antwort der Kurie erfolgte gut zwei Monate später. Der propagandistische
Kampf zwischen Friedrich II. und dem Papsttum wurde von nun an mit kaum noch
zu steigernder Schärfe geführt. Unter dem Datum des 1. Juli 1239 erging von Gre-
gor IX. an alle Erzbischöfe, Bischöfe und Könige der abendländischen Christenheit
die Enzyklika Asccrzzüf zfc zrzzzrz Ivsh'zV, in der Friedrich II. der Ketzerei bezichtigt und
1 Vgl. ABULAFiA, Herrscher, S. 136,145,157,159 f., 173 f., 204-210; ScHALLER, Friedrich II., S. 23, 26,
33-40; SiÜRNBR, Kreuzzugsgelübde.
2 Vgl. SEGL, Feindbilder, S. 57.
3 Vgl. BÖHMER, Regesta imperii, Bd. 5,2, Nr. 7226a; Historia diplomatica, ed. HuiLLARD-BREHOLLES,
Bd. 5, S. 286-289, bes. S. 288 f.
4 Vgl. Epistolae saeculi XIII, ed. RODENBERG, Bd. 1, Nr. 741, S. 637-639, in der Ausfertigung für den
Erzbischof von Rouen.
5 BÖHMER, Regesta imperii, Bd. 5,1, Nr. 2431; Historia diplomatica, ed. HuiLLARD-BREHOLLES,
Bd. 5, S. 295-307; Constitutiones, ed. WEILAND, MGH Leges 4,2, Nr. 215, S. 290-299.
6 Vgl. SEGL, Feindbilder, S. 59-61.
7 BÖHMER, Regesta imperii, Bd. 5,2, Nr. 7241, 7245 und 14850. Nr. 7245 ist nach der Ausfertigung für
den Erzbischof von Canterbury gedruckt in: Historia diplomatica, ed. HuiLLARD-BREHOLLES,
Bd. 5, S. 327-340; nach der Ausfertigung für den Erzbischof von Reims in: Epistolae saeculi XIII,
ed. RoDENBERG, Bd. 1, Nr. 750, S. 645-654.

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