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Möhring, Hannes; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weltkaiser der Endzeit: Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendjährigen Weissagung — Mittelalter-Forschungen, Band 3: Stuttgart, 2000

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29153#0153

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Die mittelalterliche Sibylle von Cumae

Derfn/zah
Der in der Antike nicht zuletzt durch Vergib vierte EklogN berühmte Name der
Sibylle von Cumae blieb auch während des Mittelalters in Erinnerung. Mehrere
Weissagungen schmückten sich mit ihm-.
Eine davorh bildet eine erheblich veränderte Variante der mittelalterlich-
lateinischen Tiburtina, indem sie am Schluß vor allem der Endkaiser-Weissagung des
Ps.-Methodios entspricht. Auch setzt sie erst mit der Ottonenzeit ein, das heißt mit
dem als V (beziehungsweise U) bezeichneten, jedoch nicht mx, sondern &tx genann-
ten Herrscher, der langobardischer und »salischer« Abstammung sein soll. Es fehlt
daher sowohl die Erzählung des Traumes von den neun Sonnen - und damit der Aus-
gangspunkt - als auch der erste »salische« Herrscher Karl der Große. Die Möglich-
keit, daß es sich bei dem erhaltenen Text lediglich um das Fragment einer längeren
Weissagung handelt, ist infolgedessen nicht auszuschließen, zumal am Ende statt eines
vorherigen Hinweises darauf, von wem die Weissagung stammen soll, reichlich un-
vermittelt einige Angaben zur Person der Sibylle von Cumae gemacht werden.
Die Ausführungen über die drei Könige namens O, also die Ottonen, sind leicht
verändert und knapper als in der Tiburtina, aber die dort um mehrere Jahre zu kur-
zen Zeitangaben über die Regierung Ottos II. und Ottos III. hat der Verfasser der
Cumaea nicht etwa korrigiert^. Das Bild Ottos III. bleibt sehr negativ, obwohl ihm
nicht mehr die Zerstörung von Kirchen zur Last gelegt wird.
Von dem dann folgenden König erwähnt die Cumaea nur seinen Namen A und
seine langobardische Abstammung. Der anschließend für kurze Zeit regierende mx

1 Vgl. KuRFESS, Christliche Sibyllinen, S. 499 f., und auch unten S. 350.
2 Abgesehen von der hier behandelten, wird eine Sibylle von Cumae bei Brun von Querfurt, Vita
quinque fratrum, cap. 7, ed. KARWASiNSKA, S. 47, und eine weitere bei Benzo von Alba zitiert. Zu
letzterer vgl. unten S. 157-161.
3 Sie ist nach den beiden aus dem 11.-12. und 12. Jh. stammenden Hss. Vat. Reg. lat. 571, fol. 4**, und
Bern A9, fol. 163\ von ERDMANN, Endkaiserglaube, S. 396-398, ediert worden. Zur Beschreibung
der Berner Hs. vgl. HAGEN, Catalogus, S. 6-8; DE MANTEYER, Maison de Savoie, S. 88-90. Bereits
vor Erdmann haben UsiNGER, Eine Sibylle, S. 621-623 (wiederabgedruckt in: MGH SS 22, S. 375 f.)
und DE MANTEYER, Maison de Savoie, S. 174-178, einen Druck nach der Berner Hs. vorgelegt;
de Manteyer kennt den von Usinger besorgten Druck ebensowenig wie die Arbeit von SACKUR,
Texte. Indem ihm verborgen bleibt, daß es sich im Falle der Cumaea um eine Variante der Tibur-
tina handelt, sind seine Darlegungen (S. 178-189) in den wichtigsten Punken verfehlt. ERDMANN,
Endkaiserglaube, S. 398-403, läßt de Manteyers Arbeit unerwähnt. Seinen Ausführungen über
die Cumaea folgen u.a. ALEXANDER, Diffusion, S. 68-70, und RAUH, Antichrist, S. 143f. Vgl. auch
ALEXANDER, Oracle, S. 3f., 9,60-66,129-135 und 137, wo die Cumaea als Version w^ der Tiburtina
bezeichnet ist.
4 Die Regierungsdauer Ottos III. ist allerdings um ein Jahr erhöht.

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