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Möhring, Hannes; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weltkaiser der Endzeit: Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendjährigen Weissagung — Mittelalter-Forschungen, Band 3: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.29153#0058

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Die Weissagung des Ps.-Methodios

Die AnDer miü üer AnstMrw wiMer Völker in &r Erzüzeif-Enearfimy &r Cinisien
Die während des 4. Jahrhunderts mit dem Sieg des Christentums in einer Umbruch-
situation von welthistorischer Bedeutung entstandene Verheißung des letzten Kai-
sers der Römer, der das Christentum über die ganze Erde ausbreiten, aber nach
einer Zeit allgemeinen Friedens und Überflusses in Jerusalem alle Macht an Gott
zurückgeben und durch diese Abdankung der Schreckensherrschaft des Antichrist
am Weitende Platz machen werde, zog die immer wieder die Geschehnisse der
Endzeit sich ausmalenden Christen über mehr als tausend Jahre hinweg in ihren
Bann.
Wie verbreitet das (athanasianische) Constans-Vaticinium in der Spätantike vor
dem Hintergrund gespannter Parusie-Erwartungi war, ob es etwa wegen der Reichs-
gründungen arianischer Germanen auf weströmischem Boden zusätzliche Popula-
rität erhielt, läßt sich freilich nicht feststellen. Auch ist nur zu vermuten, daß es un-
ter dem Eindruck der arabisch-islamischen Expansion während der Regierung Con-
stans' II. (reg. 641-668) vom Namen des Kaisers her stärkere Verbreitung fand. Da
Constans II. militärisch wenig erfolgreich war, wurden eventuell auf ihm ruhende
Endkaiser-Erwartungen sicherlich enttäuscht. Aber seine Ermordung bedeutete
nicht das Ende der Endkaiser-Weissagung, denn ein unter dem Namen des Bischofs
und Märtyrers Methodios schreibender Syrer verhieß ungefähr zwanzig Jahre spä-
ter erneut einen allerdings nicht mit Namen genannten oder näher charakterisierten
Endkaiser, der die Macht der Araber vernichten und am Ende der Zeiten in Jeru-
salem abdanken werde. Die Weissagung des Ps.-Methodios wurde alsbald auch
in Byzanz und im Abendland bekannt und erreichte bis zum Beginn der Neuzeit
eine Verbreitung wie nur wenige andere Schriften-.
Im 7. Jahrhundert hatten die Christen des Vorderen Orients offenbar bereits mit
dem jahrzehntelangen, bis zur völligen Erschöpfung geführten Krieg zwischen
Byzanz und dem Sassanidenreich endzeitliche Erwartungen verbunden. Der zeit-
genössische Geschichtsschreiber Theophylaktos Simokattes legte dem Perserkönig
Chosrau II. eine chaldäische Weissagung in den Mund, der zufolge das »babylo-
nische Geschlecht« drei Jahrwochen, also 21 Jahre lang, das byzantinische Reich be-
herrschen sollte, bevor die Byzantiner in der fünften Jahrwoche, also nach min-
destens 28 Jahren, das Perserreich zu unterwerfen vermöchten, worauf dann ein »Tag
ohne Abend«, das Ende der Herrschaft und das Leben in einer besseren Welt folgtet
Tatsächlich hatte Chosrau II. seine gegen Byzanz gerichteten Eroberungszüge gut
1 Vgl. S. 17-28.
2 Vgl. S. 321-349.
3 Vgl. Theophylaktos Simokattes, Historiae V 15, ed. DE BooR und WiRTH, S. 216 f.

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