Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Möhring, Hannes; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weltkaiser der Endzeit: Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendjährigen Weissagung — Mittelalter-Forschungen, Band 3: Stuttgart, 2000

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29153#0381

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ihre Entstehung und Ausformung

Der MaMz
Die Endkaiser-Weissagung der Christen findet auf muslimischer Seite ihr Gegen-
stück in der Hoffnung auf die Rettergestalt des MahdP. In den Überlieferungen der
Muslime heißt es, eines Tages werde ein als der Mahdi, der »Rechtgeleitete«,
bezeichneter Mann ohne Fehl und Tadel erscheinen, der die Muslime zum wahren
Islam zurückführe und die zuvor von Unrecht beherrschte Welt mit Gerechtigkeit
erfülle. Er zeichne sich nicht zuletzt durch größte Freigebigkeit aus, wie überhaupt
mit dem Beginn seiner Herrschaft eine Zeit des Überflusses anbrechen werde.
Der Mahdi sollte der Familie oder zumindest dem (quraisitischen) Stamm- des
Propheten angehören, und vielfach^ nahm man auch an, er werde dessen Namen
tragen, also Abu 1-Qäsim Muhammad ibn Abdallah heißen. Besonders bemerkens-
wert ist, daß die Herrschaft des Mahdi keineswegs sehr lange dauern sollte. Im all-
gemeinen glaubte man, daß er nur sieben oder neun Jahre lang regieren werdet also
nicht einmal so lange wie der Endkaiser bei Ps.-Methodios. Sein Erscheinen er-
wartete man meistens für die Zeit kurz vor dem Ende der Welt, doch zumindest in
der frühen islamischen Geschichte gilt dies nicht unbedingt. Einige Weissagungen
aus Syrien betrachten den Mahdi nicht als den letzten aller Herrschert Dementspre-
chend soll er den Daggäl, den falschen Messias^, töterh oder auch nicht.
Der Kampf gegen das Christentum ist in der Mahdi-Weissagung gegenüber
der Wiederherstellung der prophetischen Ordnung unter Muhammad nur von zweit-
rangiger Bedeutung. Zwar glaubten die Muslime - vielleicht erst als Folge fehl-
geschlagener eigener Versuche -, daß der Mahdi Konstantinopel und Rom erobern
werdet aber im Gegensatz zu Jesus sollte er im allgemeinen kein Christenverfolger

1 Vgl. zur Mahdi-Vorstellung grundlegend EP, Bd. 5, Leiden 1986, S. 1230-1238 s.v. al-Mahdl (Ar-
tikel von W. MADELUNG); AGUADE, Messianismus, S. 172-185; Ibn Haldün, The Muqaddimah,
tr. RosENTHAL, Bd. 2, S. 156-200, bes. 156-184 Ibn Haldüns kritische Auseinandersetzung mit
den mehr oder weniger »schwachen« Überlieferungen der Muslime über den Mahdi.
2 Vgl. MADELUNG, Apocalyptic Prophecies, S. 148.
3 Dies gilt beispielsweise nicht für die Häsimiya-Bewegung im 8. Jh., vgl. NAGEL, Entstehung,
S.123.
4 Auf schiitischer Seite findet sich freilich die Ansicht, der Mahdi werde 309 oder - weil ein fahr sei-
ner Herrschaft 70 normalen Jahren entspreche - 490 Jahre lang regieren, vgl. SACHEDiNA, Islamic
Messianism, S. 176-178.
5 Vgl. AGUADE, Messianismus, S. 185-206; MADELUNG, Sufyänl, S. 36.
6 Zur Gestalt des Daggäl vgl. S. 388.
7 Im Gegensatz zum Endkaiser, der dem Antichrist kampflos Platz macht.
8 Vgl. Ibn Haldün, The Muqaddimah, tr. RosENTHAL, Bd. 2, S. 191 und 193; ABEL, Un hadlt; CANARD,
Les expeditions, S. 106 und 109 f.; R. HARTMANN, Eine islamische Apokalypse, S. 92; MADELUNG,
Sufyänl, S. 27 und 35 f.; MöHRiNG, Konstantinopel und Rom, S. 85-87.

377
 
Annotationen