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Möhring, Hannes; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weltkaiser der Endzeit: Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendjährigen Weissagung — Mittelalter-Forschungen, Band 3: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.29153#0148

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Der Traktat über den Antichrist des
Adso von Montier-en-Der

Eine wesentliche Weiterentwicklung der Endkaiser-Weissagung im Abendland wird
in dem aus dem 10. Jahrhundert stammenden Antichrist-Traktat des Abtes Adso von
Montier-en-Der deutlich, denn in ihm ist ausgesprochen, was sich in der lateinischen
Kurzfassung des Ps.-Methodios angedeutet findet: Der Endkaiser ist ein Franke.
Einer wohlhabenden vornehmen Familie aus dem Juragebiet entstammend^,
wurde Adso wohl zwischen Anfang 910 und Ende 915 geboren-. Die Leitung des
Klosters Montier-en-Der erhielt er vielleicht im August 967, spätestens aber Mitte
Januar des folgenden JahresT 992 starb er während der Überfahrt ins Heilige LandT
Nachdem bereits Bischof Agobard von Lyon Kaiser Ludwig den Frommen
dazu aufgefordert hatte, durch einen Gelehrten alle Nachrichten der Kirchenväter
über den Antichrist sammeln zu lassen^, wurde Adso von der westfränkischen Köni-
gin Gerberga, einer Schwester Ottos I., damit beauftragt^. Er hat sich dieser Aufgabe
zwischen Anfang 945 und September 954 entledigü. Sein Traktat ist eingeschlossen
von einem an Gerberga gerichteten Prolog^ und einem Schlußsatz, in dem Adso sich
nochmals an die Königin wendetT
Adso schreibt^, der Antichrist sei ein Jude vom Stamme Dan, geboren in Baby-
lon als Sohn eines Mannes und einer Frau, also nicht einer Jungfrau allein. So wie
die Mutter Jesu vom Heiligen Geist erfüllt, so sei die Mutter des Antichrist gänzlich
vom Teufel besessen. Deshalb werde der Antichrist als Sohn des Verderbens be-
zeichnet. In Betsaida und Chorazin von Magiern erzogen, werde er eines Tages nach
Jerusalem ziehen, seinen Sitz in dem von ihm wiederaufgebauten Tempel Salomons
nehmen und vorgeben, Gottes Sohn zu sein. Er werde erscheinen, nachdem das von
den Franken regierte römische Reich, dem früher alle Völker tributpflichtig gewe-
sen seien, nochmals die Welt beherrscht, dann aber durch die Abdankung des größ-
ten und letzten Herrschers in Jerusaelm sein Ende (/z'rzz's) und seine Vollendung (cctz-
szzzzzmaho) gefunden habe und der Abfall (dz'scgssz'oj aller Reiche von ihm erfolgt sei.
Zuvor noch warnten die beiden Propheten Henoch und Elias, durch die auch die
Juden zum Christentum bekehrt würden, dreieinhalb Jahre lang die Gläubigen vor
1 Vgl. Adso, De ortu, ed. VERHELST, S. V; KoNRAD, De ortu, S. 16.
2 Vgl. ebd.; RANGHERi, Epistola, S. 677f.
3 Vgl. Adso, De ortu, ed. VERHELST, S. VI.
4 Vgl. KoNRAD, De ortu, S. 19-21.
5 Vgl. ebd., S. 65; RANGHERi, Epistola, S. 731; VERHELST, La prehistoire, S. 93.
6 Vgl. Adso, De ortu, ed. VERHELST, S. 20 f.
7 Vgl. RANGHERi, Epistola, S. 692 f. KoNRAD, De ortu, S. 26, und Verhelst (Adso, De ortu, ed.
VERHELST, S. 2f.) sehen in dem Jahr 949 einen terminus post quem.
8 Vgl. Adso, De ortu, ed. VERHELST, S. 20f.
9 Vgl. ebd., S. 30.
10 Ebd., S. 22-29.

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