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Möhring, Hannes; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weltkaiser der Endzeit: Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendjährigen Weissagung — Mittelalter-Forschungen, Band 3: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.29153#0188

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König von Babylon taucht unter den bekannten älteren Weissagungen über die End-
zeit nur in der mittelalterlichen Sibylle von Cumae aufW
Der FtzisfütztzzysotT
Der Lzzdzzs & Azzfz'clzz'z'sfo ist in nur einer Handschrift^ vollständig erhalten, die auf
1178-1186 zu datieren ist und aus dem Benediktinerkloster Tegernsee stammt. Da-
bei handelt es sich nicht etwa um das Original. Textverderbnisse, die auf Kopier-
fehler beziehungsweise falsche Auflösungen von Abbreviaturen der Vorlage zurück-
zuführen sind, erweisen die Handschrift vielmehr als flüchtige Abschrift.
Außerdem ist in dem während des 18. Jahrhunderts nach Fiecht verlegten
Kloster St. Georgenberg bei Schwaz in Tirol, das unter den Staufern in engen Bezie-
hungen zu Tegernsee stand, das Fragment einer auf etwa 1200 oder kurz danach zu
datierenden Handschrift erhalten, die nicht auf diejenige aus Tegernsee zurück-
zugehen scheint^.
Schließlich noch findet sich eine Reihe von Versen aus dem Lüdzzs & Azzizcftnsio
in dem Fragment des Tzzdzzs & rege Eyyph, das in der Handschrift der Czzrzfzz'zzzz Bzzrzztzzz
enthalten ist und früher zum Benediktbeuerner Weihnachtsspiel gerechnet wurdet
Aus der handschriftlichen Überlieferung ergibt sich also nicht, ob der Dichter
sein Stück in Tegernsee oder anderswo schrieb. Da Barbarossa an das Tegernseer
Scriptorium Aufträge vergab^, mag das Spiel bei einer solchen Gelegenheit für den
eigenen Gebrauch in Tegernsee kopiert worden sein.
Dz'e Person des Vezydssers
Über die Person des Dichters läßt sich kaum mehr sagen, als daß er ein deutscher
war, wie die Tendenz seines Stückes verrät. Die vielen Bibelzitate weisen auf einen
Geistlichen hin. Da aber keineswegs feststeht, daß das Spiel im Kloster Tegernsee
entstand, ist in dem Dichter nicht unbedingt ein Mönch zu sehen^, zumal fraglich
bleibt, ob nicht »in größeren als innermonastischen Zusammenhängen« stehen
mußte^, wer ein solches Werk zu schaffen vermochte. Allerdings könnte die tole-
rante Haltung des Dichters gegenüber Heiden und Juden allein aus theoretischen
Erwägungen heraus geboren sein und ist nicht zwangsläufig als Ergebnis persön-
licher, etwa im Orient gewonnener Erfahrungen mit Juden oder Muslimen zu wer-
ten. Vielleicht war sie die Frucht eines Aufenthaltes in Frankreich, wo auch Robertus
Pullus, Radulfus Niger, Walter Map und Petrus Cantor studierten oder lehrten. Auf
ein Studium in Frankreich könnte auch der anti-französische Akzent deuten, vor al-
lem die Behauptung, die Franzosen hätten dem Antichrist den Weg gebahnt, indem
ihre Spitzfindigkeit (szzHz'iz'üzs) seinem Kult (Tz'izzs) die Form gegeben habe.
53 Vgl. ed. ERDMANN, Endkaiserglaube, S. 397; von KAHL, Ludus de Antichristo, S. 122 Anm. 50,
übersehen.
54 Es handelt sich um die Hs. München Clm 19411, fol. 2^-7^ - pag. 6a-15b. Zu ihr vgl. PLECHL,
Tegernseer Handschrift.
55 Vgl. RiBDMANN, Bruchstück, S. 17-20; KAHL, Ludus de Antichristo, S. 54 und 117 Anm. 8.
56 Vgl. Carmina Burana, ed. HiLKA, SCHUMANN, BiscHOFF, Bd. 1,3, S. 104-111, und dazu: KAHL,
Ludus de Antichristo, S. 54 und 117 Anm. 10.
57 Vgl. RiEDMANN, Bruchstück, S. 23 Anm. 29.
58 Wie beispielsweise auch KAHL, Ludus de Antichristo, S. 54f., annimmt.
59 Wie RAUH, Antichrist, S. 374, vermutet.

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