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Möhring, Hannes; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weltkaiser der Endzeit: Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendjährigen Weissagung — Mittelalter-Forschungen, Band 3: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.29153#0400

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SinrP^, denn indem es bei dem Dichter al-Farazdaq (+ 728 oder 730) heißt, daß viele
Priester und Rabbiner das Kalifat des Mahdi vorausgesagt hätten^, ist ein messia-
nischer Bezug hergestelltU Der Umstand, daß al-Farazdaq - wie andere Dichter
auch - die späteren Umaiyadenkalifen Yazid II., Hisäm und al-Walid II. ebenfalls
als Mahdi bezeichnet^, spricht keineswegs zwingend dagegen^, zumal noch hin-
zukommt, daß Sulaimän am Ende des 1. Jahrhunderts islamischer Zeitrechnung
regierte und daß die Muslime unter seinem Kalifat mit dem Angriff auf Konstan-
tinopel besonderen Grund hatten, auf die von ihnen als Zeichen der Endzeit be-
trachtete Eroberung der byzantinischen Flauptstadt zu hoffen^. Außerdem hieß
es wohl schon damals, die Einnahme von Konstantinopel werde einem Mann mit
dem Namen eines Propheten (wie Sulaimän) gelingen^.
Sulaimäns Nachfolger 'Umar II. (reg. 717-720) wurde ebenfalls als der Mahdi
betrachtet, und zwar nicht nur von dem Dichter Garir, sondern auch von dem fünf-
ten schiitischen Imäm al-Bäqir und damit von religiösen Kreisen in Medina^. Ab-
gesehen von seinem vorbildlichen Lebenswandel, war dabei vermutlich von Be-
deutung, daß 'Umar II. im Jahr 100 der islamischen Zeitrechnung, also auf einem
Höhepunkt der Endzeit-Erwartung, das Kalifat innehatte, und auch, daß 'Umar II.
der zwölfte Kalif waHT
Politisch wirksam wurde die Mahdi-Vorstellung dann vor allem beim Unter-
gang der Umaiyaden, denn der Kampf der zunächst mit den Aliden verbündeten
Abbäsiden gegen die Umaiyaden war getragen von der Hoffnung auf einen aus
Muhammads Familie stammenden Mann, der als der verheißene Mahdi der angeb-
lich unrechtmäßigen und ungerechten Herrschaft der Umaiyaden ein Ende machen
werde. Nach dem Sturz der Umaiyaden überließen die 'Abbäsiden freilich nicht et-
wa den Aliden das Kalifat, sondern sicherten sich selbst die Macht. Behaupteten sie
zunächst noch, der Alide Abu Häsim, der Sohn des Muhammad ibn al-Hanaflya,
habe kurz vor seinem Tod dem Vater der ersten beiden 'abbäsidischen Kalifen das
Imämat als Erbe übertragen*^, so erklärten sie nach einiger Zeit, ihnen komme die
Leitung der Gläubigen als direkten Erben des Propheten zu, denn nicht die Tochter,
Fätima, sondern der Onkel, al-'Abbäs, sei nach anerkanntem Recht der ErbeA
Mit ihrer Machtergreifung machten sich die 'Abbäsiden nicht nur ihre ali-
dischen Verbündeten und damit die Schiiten zum unversöhnlichen Feind, sondern
sie enttäuschten alsbald auch alle messianischen Hoffnungen: Nachdem der erste

15 EiSENBR, ebd., S. 159, bestreitet dies.
16 Vgl. die Übersetzung bei EiSENER, ebd., S. 151 und 158.
17 Vgl. EP, Bd. 5, Leiden 1986, S. 1231 s.v. al-Mahdi (Artikel von W. MADELUNG). EiSENER,
Zwischen Faktum und Fiktion, S. 151 und 158 f., hat diesen Umstand übersehen.
18 Vgl. die Belege bei CRONE und HiNDS, God's Caliph, S. 36; AD-DüRi, al-Fikra al-mahdlya, S. 125;
EP, Bd. 5, Leiden 1986, S. 1231 s.v. al-Mahdi (Artikel von W. MADELUNG).
19 Wie EiSENER, Zwischen Faktum und Fiktion, S. 159, glaubt. EiSENER, ebd., S. 159 Anm. 59, stellt
auch die mit dem Jahr 100 der islamischen Zeitrechnung verbundenen Enderwartungen in
Frage, geht aber nicht auf die dafür entscheidenden Quellenbelege ein.
20 Vgl. BASHEAR, Apocalyptic and Other Materials, S. 190 f.; EiSENER, Zwischen Faktum und
Fiktion, S. 130-135.
21 Vgl. CANARD, Les expeditions, S. 107; EiSENER, Zwischen Faktum und Fiktion, S. 129.
22 Vgl. CRONE und HiNDS, God's Caliph, S. 36 und 114; VAN Ess, Anfänge, S. 125; MADELUNG,
Sufyäni, S. 11; EP, Bd. 5, Leiden 1986, S. 1231 s.v. al-Mahdi (Artikel von W. MADELUNG).
23 Vgl. RuBiN, Apocalypse and Authority, S. 13 und 26.
24 Vgl. NAGEL, Entstehung, S. 45-55.
25 Vgl. SHARON, Black Banners, S. 82-99; WATT, Formative Period, S. 155.

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