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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 12.1913

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Levetus, A. S.: Die Villa Ast in Wien: von Professor Josef Hoffmann, Wien
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DIE VILLA AST IN WIEN
VON PROFESSOR JOSEF HOFFMANN, WIEN
Von A. S. LEVETUS, Wien.

Den sechs Villen, die Professor Josef Hoffmann
auf der HohenWarte in Wien erbaute, hat er nun
eine siebente zugesellt, die Villa Ast. Sie zeigt, wie
sich dieser hervorragende Architekt seinen hohen
Zielen und Idealen immer mehr nähert; sie beweist
aufs neue die Bedeutung Josef Hoffmanns als Archi-
tekt und Künstler — wenn Beweise hierfür über-
haupt noch erforderlich wären — und hat auch aller-
orts, bei Fachmännern, Kunstfreunden und allen,
die Verständnis für moderne Architektur und Raum-
kunst besitzen, Lob und Anerkennung gefunden.
Die Villa Ast steht auf dem höchsten Punkte
der Hohen Warte, der eine weite Fernsicht auf den
Kahlenberg, den Leopoldsberg und den Wiener-
wald gewährt; das war naturgemäß für den Entwurf
des Künstlers mitbestimmend. Durch glückliche
Anpassung an die natürlichen Verhältnisse, mit
der sich ein inniges Verständnis für die persön-
lichen Bedürfnisse und den ästhetischen Geschmack
der Bauherren vereinte, ist es gelungen, der Villa
wie dem Garten eine äußere Form zu geben, die
trotz ihrer ganzen starken Originalität doch einen
vollkommen angenehmen und harmonischen Ein-
druck hervorruft und gleichsam vorbereitend wirkt
auf die besondere rhythmische Stimmung der
Innenräume.
Schon beim ersten Anblick machen sich die
starken logischen und gesunden Prinzipien des
Aufbaues fühlbar, die große Gediegenheit der Aus-
führung und die schöne Harmonie mit der um-
gebenden Landschaft. Die Villa Ast ist ein archi-
tektonisches Kunstwerk, das mit den anderen Hoff-
mannschen Villen auf der Hohen Warte zusammen
in der Geschichte einer gewissen Periode der Wiener
Wohnhausarchitektur eine bedeutsame Rolle spielen
wird; denn Hoffmann hat hier als Neuerer und
Bahnbrecher gewirkt. Eine jede der sieben Villen
hat ihr eigenartiges Gepräge, jede trägt besondere
Merkmale der künstlerischen Entwicklung des Mei-
sters an sich. Sie zeigen deutlich den Weg, auf
dem Hoffmann zu seinem eigenen Stil gelangte,

diesem Stil, der völlig seine Schöpfung ist, keine
fremden Elemente in sich trägt, aber etwas echt
Wienerisches, einen unverfälschten Wiener Ge-
schmack und viel gemütliche wienerische Behag-
lichkeit enthält.
Die Originalität und die ursprüngliche Erfindungs-
gabe des Künstlers machen sich in gleicherweise auf
den mannigfachen Gebieten seiner Kunstbetätigung
geltend. Es wäre zu wünschen, die Wiener wüßten
davon recht viel; dann könnte uns Hoffmann mehr
solcher Kunstwerke schenken, ja vielleicht würde er
dann auch mit der Schaffung eines grösseren Archi-
tekturwerkes betraut, das der Nachwelt ein monu-
mentales Merkzeichen seiner Zeit werden müßte.
Die Villa Ast ist einschließlich der Fassaden
aus Ziegel- und Betonmauerwerk erbaut. Alle
Architekturteile, Fenster- und Türgewände, Gesimse
und Füllungen sind, wie die monumentalen Blumen-
behälter des Gartens, nach Entwürfen des Meisters
vom Bildhauer in Beton geformt. Das Haus wird
von den Nachbarvillen durch einen trefflich ange-
legten Garten getrennt, in dem jedes, auch das
kleinste Plätzchen, voll und in Schönheit ausgenützt
ist. Die zum Teil sehr seltenen Pflanzen werden je
nach der Jahreszeit ausgewechselt; der Wasser-
garten und die Pergola zeigen dieselbe architek-
tonische Schönheit der Form und der Konstruktion,
dieselbe Feinheit der Verhältnisse wie der Haupt-
bau. So bilden Haus und Garten ein organisches
Ganzes, das wohltuend und beruhigend wirkt, bei
dem nicht der kleinste Teil vermißt werden könnte.
Die innere Raumgestaltung des Hauses zeigt
technisch und künstlerisch dieselbe Vollendung
wie die äußere. Das Untergeschoß ist der Küche
und den Nebenräumen vorbehalten, die dadurch
von den Familienzimmern des erhöhten Erdge-
schosses gänzlich abgeschlossen werden konnten;
die Speisen werden durch einen Aufzug in den
Speisesaal befördert. Aus dem Vestibül führt eine
Türe in die Küchenabteilung, die jedoch außerdem
auch noch ihren besonderen Eingang hat.

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