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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 12.1913

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Nr. 9
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Stahl, Fritz: Neue Bauten von Wilhelm Kreis
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https://doi.org/10.11588/diglit.48360#0589

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PROFESSOR WILHELM KREIS (B.D.A.), DÜSSELDORF
Das Rathaus zu Herne. — Die Hauptansicht

NEUE BAUTEN VON WILHELM KREIS
Von FRITZ STAHL, Berlin

Wilhelm Kreis gehört zu der deutschen Genera-
tion, deren Wesen durch das politische Erleb-
nis Otto Bismarck und durch das künstlerische Erleb-
nis Richard Wagner bestimmt wurde. Sie jubelte dem
stürmischen Pathos zu, das aus dem ersten Bismarck-
turm donnerte, mit dem er, noch Student, vor bald
zwanzig Jahren den bekannten Wettbewerb gewann.
Und auch wer nicht mit vollem Herzen in diesen
Jubel einstimmte, konnte nicht verkennen, daß in
diesem Werk einer von den Seltenen, von den Ge-
borenen sich offenbarte. Sein Enthusiasmus war,
wenn er auch anderen Dingen galt, dem der Meister
des Barock verwandt, und die ersten Eindrücke, die
der junge Architekt in Dresden an der Stätte seiner
ersten künstlerischen Tätigkeit von Baukunstwerken
empfing, bestärkten nur, was in ihm schon lebte.
Aber die Epoche wußte mit ihren Monumen-
talisten nichts anzufangen. Die Aufträge gingen
zumeist an polytechnische Routiniers, die Wallot,
Schmitz und Kreis fanden keine Aufgaben, an denen
sie zu ihrer Höhe heranwachsen konnten. Es gab

zwei Möglichkeiten: entweder bei dem persönlichen
Pathos zu bleiben und es für Bauten anzuwenden,
auch wenn es nicht für sie paßte. — Das ist der
Weg, den Schmitz gegangen ist; man denke an sein
Weinhaus Rheingold! — Oder zu der Ruhe sich
durchzuringen, die aus den sachlichen Bestim-
mungen und Bedingungen der nun einmal gestellten
Aufgaben die rechte Form entwickelt. Es ist eine
Freude festzustellen, daß Kreis das vermocht hat.
Darin liegt die Bedeutung der neuen Arbeiten des
Künstlers, die hier veröffentlicht werden. Zugleich
aber hat sich auch sein barockes Pathos zu schöner
Ruhe geklärt, wie der Kuppelbau des Bingener
Bismarckdenkmals zeigt. Und wenn es ein be-
sonderer Vorzug ist, daß der Künstler beide Stim-
mungen ausdrücken kann und Schwung und Sach-
lichkeit ganz klar und reinlich scheidet, so gehören
doch wieder beide Arten seiner Werke zusammen.
Und erst im Zusammenhang bestimmen sie das Bild
des gereiften Mannes, wie seine frühen Arbeiten
das Bild des Jünglings bestimmten.

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