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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 12.1913

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Nr. 1
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Levetus, A. S.: Die Villa Ast in Wien: von Professor Josef Hoffmann, Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.48360#0016

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Die Villa Ast in Wien von Professor Josef Hoffmann, Wien ooockxxxjockdoooocxxxxxxj

Vom Vestibül, das mit seiner Wandbekleidung
von gelbem Lonneller Marmor überaus ruhig und
vornehm wirkt, gelangt man über eine Treppe in
die Wohnräume, die ganz außerordentlich heimelig
und dabei ebenso außerordentlich künstlerisch aus-
gestattet sind. Vom Gang betritt man zunächst die
Halle, der sich rechts das Herrenzimmer, links der
Salon angliedert, während geradeaus eine gemüt-
liche Ecke zum Plaudern einlädt. Hier hängt Klimts
unvergeßliches Bild „Die Schwestern“. Die Halle
selbst ist echt und unverkennbar Hoffmann, in ihrer
Form, in ihrer Ausstattung, wie in ihrer wunder-
vollen Farbenharmonie. Ueberall herrscht die rich-
tige Gegenüberstellung von Licht und Schatten, das
volle Verständnis für Farbenschönheit. So verbreitet
der Raum zunächst behagliche Stimmung, läßt dann
Neues, Wohltuendes erleben und umfängt den Be-
sucher mit einer besonderen, reichen und verfeiner-
ten Kultur. Der weiße Laaser Marmor der Wände
mit seinen Goldkanten, die tiefe Farbe des Makas-
sar-Holzes der Möbel und die weichen Pastell-
Schattierungen der Möbelüberzüge und des Teppichs
vereinigen sich zu einer warmen, überaus gast-
freundlichen Wirkung. Man fühlt sich nicht als
Fremder im Besuchssalon, sondern wie im eigenen
Hause. Das Charakteristische dieser Villa ist eben
ihre wohltuende Wohnlichkeit. Aus der Halle
gelangt man rechts in das Herrenzimmer, dessen
Wände mit sattgrünem Stoff bezogen und dessen
Eichenholzmöbel schwarz gebeizt und derart ge-
schnitten sind, daß die Maserung des Holzes in
ihrer ganzen Schönheit sichtbar ist. Am anderen
Ende der Halle ist ein ovaler Salon angeordnet
worden mit Wänden von grau-grünem Chipolino
und Möbeln mit schweren, schwarzen Seidenrips-
bezügen, deren dunkle Einfarbigkeit durch ein ein-
ziges Ornament in der Mitte der Lehne — durch
eine in hellen Farben gestickte stilisierte Glocken-
blume — wirksam belebt wird. Der grau und schwarze
Teppich zeigt ein grün-weißes, in Ovalform gewo-
benes Muster. Die Raumstimmung ist auch hier
eine behagliche, obgleich die ganze Farbenzusam-
menstellung in Rücksicht für die Klimtsche Danae
geschaffen wurde, die auf der Wand dem Eingang
gegenüber ihren Platz gefunden hat. In die Wände
sind außerdem Vitrinen eingelassen für Porzellan
und andere Kunstgegenstände, die mit dazu bei-

tragen, Salon und Halle ihren Charakter zu geben.
Der Speisesaal, den man durch eine Türe auf der
Längsseite der Halle betritt, gliedert sich den er-
wähnten Räumen harmonisch an. Auch hier sind
die Verhältnisse ausgezeichnet, auch hier ist die
Ausschmückung von zwingendem Geschmack. Das
reiche Braun des Makassar-Holzes der Möbel, die
mit köstlichen Schnitzereien auf einem Grund von
Dukatengold geziert sind, der schwarz-weiße Porto
Venere der Wandbekleidung, der einzigartige Kri-
stall-Beleuchtungskörper, die weißen Pongee-Vor-
hänge mit ihren hellen, handgedruckten Glocken-
blumenmotiven, die sich verschiedenartig, doch ohne
zu ermüden, auch an anderen Ausstattungsstücken
des Raumes wiederholen — all dies ist von unge-
meiner Frische und wohltuender Freudigkeit.
Wie diese vier Räume, die Halle, das Herren-
zimmer, der Damensalon und das Speisezimmer als
Teile eines organischen Ganzen vollkommen zu-
einander passen, so bilden auch die oberen Zim-
mer, das Schlafzimmer und die Kinderzimmer
eine harmonische Einheit. Das Schlafzimmer be-
sonders hat wundervoll getönte braune Palisander-
möbel und Morris-Vorhänge, -Möbelüberzüge und
-Bettdecken. Daneben befinden sich das Bade- und
dasToilettenzimmer, dessen weiße Wände und Möbel
mit schwarzen Umrandungen belebt sind. Im obersten
Stock sind die Gast- und Dienerzimmer, sowie noch
ein Badezimmer untergebracht. Alle diese Räume,
auch der Boden passen vollkommen ineinander.
Platz ist überall übergenug vorhanden und doch ist
nirgendwo Raum verschwendet worden.
Jeder Gegenstand in der Villa Ast trägt unver-
kennbar den Charakter der Kunst Hoffmanns und
der Wiener Werkstätte, jedem geringfügigen Detail
ist ebensoviel Sorgfalt gewidmet worden, wie den
größeren Aufgaben. Nichts wurde vergessen, überall
ist die Freude an der Arbeit erkennbar, überall
auch die hohe Qualität der Zeichnung, der Aus-
führung und des Materiales. So ist die Villa Ast
ein Dokument des neuen Wiener Stiles, den Hoff-
mann aus eigenster Persönlichkeit heraus geschaffen
hat. Sie läßt aber auch deutlich erkennen, welche
Richtung dieEntwicklung des Künstlers nimmt; denn
Josef Hoffmann entwickelt sich stetig. Die Schaffens-
lust ist ihm angeboren und wächst in dem Maße,als seine
künstlerische Persönlichkeit wächst und sich kräftigt.
 
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