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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 12.1913

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Nr. 1
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Wagenführ, Max: Moderne Berliner Landhausbauten, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.48360#0044

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eine Atmosphäre von Wohnlichkeit, daß man nur
gleich einziehen möchte. Diese gemütvolle Art
William Müllers paßt am besten zu unserem deut-
schen Wohnideal. Hier ist nichts von Engländerei
zu spüren, nicht einmal nordisch-germanische Vor-
bilder darf man heranziehen. Alles ist aus der
„Volksseele“ heraus empfunden. Aber auch diese
Art ist individuell, man muß selbst so empfinden,
wenn man als Künstler so schaffen kann und schließ-
lich ist auch die Wirkung wieder nur subjektiv,
für einen Gleichgestimmten von gleicher Folge.
Es ergibt sich daraus, daß der Bauherr sich seinen
Architekten nicht nur mit dem Verstand allein,
sondern auch mit dem Herzen wählen sollte.
Der letzte in der Reihe der heute vorgeführten
Architekten ist Heinrich Straumer. Sein Name
hat besonderen Klang. Auch er geht vom Ge-
müte aus, er will immer zum Herzen sprechen, doch
daneben steht ein stark artistisches Suchen nach
besonderer Art, nach neuen, ungekannten Möglich-
keiten der Form und Farbe. Unerschöpflich schei-
nen seine Einfälle, aber er kommt doch nicht los
von seiner persönlichen Note. Und das ist auch
gut so. Die Wirkung seiner Bauten liegt in der
Gruppierung der Massen und Flächen. Ein aus-
nehmend empfindliches Gefühl für Eurhythmie,
ein feinnerviges, bis zur Kapriziösität gehendes
Abwägen der Wertskala der einzelnen Bauteile, ein
Herausarbeiten jeder Zweckform zur bestmöglichen
Abmessung im Gesamtsystem machen seine Bauten
immer wieder zur Sensation der Kunstwelt. Und
immer arbeitet er bei jedem Gebäude eine beson-
dere Idee heraus, man könnte jedes einzelne Haus
nach diesem Charakter taufen. Das Frohnauer

Haus nannte der Architekt selbst das „Giebelhaus“,
es gehört zu einer „Gruppe an der Buche“. Das
Giebelmotiv hält in Verbindung mit der Farbe
das Ganze zusammen, alles ist hierauf abgewogen,
die Schatten, die Flächen, die Fensteröffnungen,
die Stirnbretter, die die Giebel betonen. Im Wohn-
haus Borchert ist der Backstein der Herrscher, er
gibt die Note, sowohl koloristisch wie durch sein
Vermögen ausdrucksvoll die Fläche zu beseelen.
An der Rückseite drängt sich die eigenartige Sym-
metrie auf. Hier haben wir das Kapriziöse. Ob-
gleich die Symmetrieachse nicht mit der Mittellinie
des Hauses zusammenfällt, ist doch das Gleich-
gewicht reizvoll herausgearbeitet: der kräftige
Schornstein unterstützt die schmalere Hälfte und
gibt ihr den nötigen Gegenwert.
Nie wird bei Straumer das artistische Problem
die Zweckform erdrücken. Von der Gebrauchs-
form geht er aus, er ist der eigentliche Künstler
des modernen „Sachlichkeitsstils“ und als Lehr-
meister oder Anreger dienten ihm, wie Muthesius
und seiner Schule, die Engländer. Er ist aber nie
ein blinder Nachbeter gewesen. Wenn uns noch
manches bei Straumer englisch anmutet, so liegt
das daran, daß vieles Zweckvolle international ist
und wir notgedrungen nicht etwas Gutes nur des-
halb zu übernehmen uns weigern können, weil
es eine ältere Wohnkultur bereits früher als wir
besaß. In Straumer haben wir den zurzeit aktuell-
sten und modernsten Künstler Großberlins vor uns,
seine starke Beschäftigung beweist, daß er seiner
Zeit am nächsten steht. Ein Werturteil involviert
diese Feststellung nicht, das kann nur eine spätere
Zeit sprechen.



PROFESSOR PAUL SCHULTZE-NAUMBURG, SAALECK
Das Wohnhaus des Herrn Dr. Ascher in Berlin-Zehlendorf W. — Grundrisse vom Erdgeschoß
und ersten Stock (Ansicht S. 27)
 
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