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https://doi.org/10.11588/diglit.25834#0307
299
Ein dritter Aphorismus: „Wer eine provocirte Ohrfeige
nicht richtig ausbezahlt, der muß sie sich selber geben".
Ein sehr bemerkenswerther Satz in dem osficiösen Organ des
größten Mittelstaates! Die Occupation Schleswigs gegen die
Willensmeinung des Bnndes, die Hinauswerfnng seiner Truppen
aus Holstein, die Verhaftung May's, die Octroyirung der neuesten
Ferien — das sind lauter Thatsachen, die, sollte man meinen,
den Bund provociren mußten, eine Ohrfeige zu ertheilen. Er
bezahlte sie aber nicht aus, also muß er „sie sich selber geben" I
Nun, auf die Art bekommt der Bund Ohrfeigen genug znsammen!
Vierter Aphorismus: „Mit gut geschmierten Wasser-
stiefeln kann man durch manchen Sumpf waten, ohne
einen Schnupsen zu besorgen. — Auch mit gemeinen
Naturen kann man eine Zeit lang verkehren und sogar
einen Genuß haben, wenn man mit dem Leder der Jn-
difserenz gepanzert ist, eingerieben mit dem Oel der
Humanität".
Also die Jndifferenz ist ein Leder. Gut. Der Zustand
tritt ohnehin meist bei denjenigen ein, die vom Schicksal schon
etwas g egerbt wurden, und in einer Gesellschaft, deren Mitglieder
sich zu einander indifferent verhalten, geht es immerhin ledern
genug her. Auch daß die Humanität ein Oel ist, lassen wir
gelten und bedauern nur, daß so Viele ihr humanes Oel nicht
nur zur Linderung sremder Schmerzen, sondern auch zum Brennen
verwenden, um ihre Verdienste leuchten zu lassen. Daß aber der
Aphoristiker die Humanität zu jenen Oelen rechnet, mit denen
man W asserstiesel schmiert, das ist etwas unhuman!
Fünfter Aphorismus: „Mann und Weib sind — gegen
das Kind verglichen — immer eine Uebertreibung; jedes
der beiden Geschlechter ist ein Ertrem der reinen Menschen-
Gattung".
Hier spricht der Verfasser mehr confus, als osficiös. Mann
und Weib sind — gegen das Kind verglichen — eine Ueber-
treibung. Also sind die Kinder die eigentlichen Normalmenschen.
Je kindischer, desto näher der Vollkommenheit! Vielleicht wollte
damit den Deutschen ein Compliment gemacht werden. Aber
nun der Nachsatz: Jedes der beiden Geschlechter ist ein Ertrem
der reinen Menschengattung. Die richtige reine Menschengattung
wäre also geschlechtlos. Wenn sie eristirte, hätten wir zwar
Engel, aber doch keinen Himmel auf Erden.
Ein dritter Aphorismus: „Wer eine provocirte Ohrfeige
nicht richtig ausbezahlt, der muß sie sich selber geben".
Ein sehr bemerkenswerther Satz in dem osficiösen Organ des
größten Mittelstaates! Die Occupation Schleswigs gegen die
Willensmeinung des Bnndes, die Hinauswerfnng seiner Truppen
aus Holstein, die Verhaftung May's, die Octroyirung der neuesten
Ferien — das sind lauter Thatsachen, die, sollte man meinen,
den Bund provociren mußten, eine Ohrfeige zu ertheilen. Er
bezahlte sie aber nicht aus, also muß er „sie sich selber geben" I
Nun, auf die Art bekommt der Bund Ohrfeigen genug znsammen!
Vierter Aphorismus: „Mit gut geschmierten Wasser-
stiefeln kann man durch manchen Sumpf waten, ohne
einen Schnupsen zu besorgen. — Auch mit gemeinen
Naturen kann man eine Zeit lang verkehren und sogar
einen Genuß haben, wenn man mit dem Leder der Jn-
difserenz gepanzert ist, eingerieben mit dem Oel der
Humanität".
Also die Jndifferenz ist ein Leder. Gut. Der Zustand
tritt ohnehin meist bei denjenigen ein, die vom Schicksal schon
etwas g egerbt wurden, und in einer Gesellschaft, deren Mitglieder
sich zu einander indifferent verhalten, geht es immerhin ledern
genug her. Auch daß die Humanität ein Oel ist, lassen wir
gelten und bedauern nur, daß so Viele ihr humanes Oel nicht
nur zur Linderung sremder Schmerzen, sondern auch zum Brennen
verwenden, um ihre Verdienste leuchten zu lassen. Daß aber der
Aphoristiker die Humanität zu jenen Oelen rechnet, mit denen
man W asserstiesel schmiert, das ist etwas unhuman!
Fünfter Aphorismus: „Mann und Weib sind — gegen
das Kind verglichen — immer eine Uebertreibung; jedes
der beiden Geschlechter ist ein Ertrem der reinen Menschen-
Gattung".
Hier spricht der Verfasser mehr confus, als osficiös. Mann
und Weib sind — gegen das Kind verglichen — eine Ueber-
treibung. Also sind die Kinder die eigentlichen Normalmenschen.
Je kindischer, desto näher der Vollkommenheit! Vielleicht wollte
damit den Deutschen ein Compliment gemacht werden. Aber
nun der Nachsatz: Jedes der beiden Geschlechter ist ein Ertrem
der reinen Menschengattung. Die richtige reine Menschengattung
wäre also geschlechtlos. Wenn sie eristirte, hätten wir zwar
Engel, aber doch keinen Himmel auf Erden.