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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 18.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.25834#0368

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lich zu helfeu — Daiueu aber, die sich in austäudiger Weise eiu
Taschengeld verdieneu wollen, bietet eben eiu in Dresden neu entstandener
Verein Gelegenheit. Derselbe errichtet uämlich eiuen ständigen Bazar
weiblicher Hcmdarbeiten; wer Etwas dazu geliefert hat, dieß ist
Geheimuiß der Vorsteheriu; die Verfertigeriuueu aber erhalten unter
Abzug der geriugen Unkosten dasjeuige, was aus ihrer Arbeit wirklich
gelost wurde. Es ist hier gewisfer Maßeu ein Lasalle'sches Priucip
verwirklicht. Die Arbeiteriu, welche bei der bisherigeu Verkaufsweise
eiuen Arbeitslohu erzielte, erhält hier deu Ertrag ihrer Arbeit. Diese
' beiden Begriffe, von Schulze-Delitzsch oft verwechselt, sind gleichwohl un-
gemein verschieden. Wäre die Errichtung solcher Bazars nicht in alleu
größeren Städten angezeigt? Manches höhere Beamtentöchterlein schämt
sich „für die Lcute zu arbeiten" und wie bitter fällt es doch dem Papa,
für 3 oder 4 Geschöpfe die standesmäßigeu Lurusausgaben zu bestreiteu:
Kleider, Coisfüren, Theaterloge, wisseuschaftliche s!) Vorlesungen u. s. w.
Nuu: hat man der Bazarmutter etwas Hübsches zu bringeu, so springt
immer eiu artiger Beitrag heraus, und noch dazu eiu iu Ehreu selbst
verdieuter. Jn Hamburg wird das Dresdeuer Unternehmeu bereits nach-
gemacht. Sollte in München, wo selbst eiue Classcu-Kappelmauniade
Theilnehmeriunenfand, nicht anch für ctwas Gescheidtes Nuternehmungsgeist
vorhanden sein? Nur halte man die Bureaukrateu ferue, die sich später
doch iu die Haare kommeu. Die Sache müßte „unter uus Mädchen"
bleiben.

Wir erhalten die Salzburger Zeitimg zugeschickt, iu der sich eiu
Factum verzeichnet findet, das komisch seiu könute, wenn es uicht so
ungeheuer traurig wäre. Man höre! Jn der Gcmeinderathssitzuug der
Stadt Salzburg, uächst der bayrischen Gräuze, kam am 23. Oktober der
Antrag zur Sprache, daß au deu Landtag der Entwurf eines Gemeinde-
Statuts und einer Bauordnung für Salzburg eiugereicht werde. Der
vorsitzeude Bürgermeister ist dagegeu, uud warum? „Weil gegeuwärtig
eine Uebergangsperiode in uuseru (Oestreichs) verfassungsmäßigen Zu-
ständen eiugetreten sei nnd die Jnitiative zu dießfälligen Aenderuugen iu
die Häude Uugarns gelegt wurde. Don diesem Standpunkte aus
glaube er, daß wir, auch "was die Städteordnungeu aubelangt, zu uuseru
Lehrmeistern, deu llngarn, in die Schule gehen, und was sie iu
dieser Richtuug lehrcn, bei uus iu Nutzanwenduug briugeu solleu!"
AlsoZautet der wörtliche Bericht in der Salzburger Zeituug und man möchte
iir der That fragen: Haben die Oestreicher nicht nur ihren Schwcrpunkt,
sondern auch ihren Verstand verlegt? Sind die Oberöstreicher aus
deu Hochsteppeu Asiens hergeritten? Jst das Salzkammergut eiue
Pußta, waren Mozart und Haydn Zigeuner? Die Magyaren mit ihrer
Stuhlrichter- uud Paudurenwirthschaft, mit ihren Edelmannsprivilegien
und Judenprügeleien sollen die Lehrmeister sein für Städteordnungen in
deutscheu Landen! Hat ein Bürgermeister je etwas llnsiunigeres gesagt?
Der Vicegespan von Salzburg erhält viellcicht nächsteus aus Pesth eiueu
Ehrensäbel. Aber Oestreich, dem eiuige Stimmeu noch immer etwas
deutschen Beruf zutraueu, hat er eiueu schlechten Dieust erwiesen.

Druck d«r vr. Wild'schen Buchdruckerei (ParcuS).
 
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