Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
4

Münchner kunsttechnische Btätter.

Nr. r

beste Pflege, und gelangte endlich wieder nach Deutsch-
land zurück ais die französischen Künstler den Beweis
erbrachten, dass die lithographische Gravierung als
vorzüglich geeignet zur Illustration befunden war.
Dem Erfinder der Lithographie und des Stein-
druckes Alois Senefelder gebührt die Anerkennung,
dass er seine Erfindungen soweit ausgestaltete, dass
sie als abgerundetes Ganzes der Nachwelt hinterlassen
worden sind. Das Erfindungsjahr des Steindruckes
ist 1798, in welchem Senefelder gleichzeitig die litho-
graphische Gravierung erfand, 1799 die Kreidezeich-
nung auf gekörnte Steine, 1805 der Flachmetalldruck,
1807 der lithographische Tondruck, 1808 der litho-
graphische Farbendruck, 1825 wurde die Papier-Stereo-
typie in den Bereich seiner Versuche gezogen, 1826
folgte als letztes Werk dieses rastlosen Mannes die
Erfindung des lithographischen Oelfarbendruckes.
Senefelder war ursprünglich bestrebt den Solen-
hofener Stein zu Hochätzungszwecken für den Buch-
druck zu gebrauchen, er zeichnete mit einer fetten
Tinte auf den Stein und versuchte diese Zeichnungen
hochzuätzen, so dass er mit dergleichen Hochdruck-
platten druckfähige Steinklischees erhielt, führten ihn
diese Proben zur Erfindung des Steindruckes.
Dass die Zinkätzkunst ebenfalls aus der Litho-
graphie geboren wurde, und auch tatsächlich davon
abgeleitet ist, erhellt daraus, dass 1804 von Eberhard
aus Magdeburg die ersten Versuche auf Zink gemacht
worden sind, also zu der Zeit als Senefelder mitten
in seiner Erfindertätigkeit stand.
Mit Gutenberg hatte Senefelder das gleiche Los
der widrigen Verhältnisse zu teilen, denn ebenso wie
Gutenberg um die Früchte seiner Erfindung betrogen
wurde, ebenso erging es Senefelder, der vermögens-
los im Jahre 1834 starb.
(Fortsetzung folgt.)
Bemerkung zur Geschichte des weissen
Radiergrundes.
Von Conrad Laar.
Die kürzlich in Nr. 18 und Nr. 20 des vorigen
Jahrganges dieser Blätter erschienenen Artikel über
weissen Aetzgrund veranlassen mich, an einen Ab-
satz in einer schon vor längerer Zeit von mir ver-
öffentlichten „Bemerkung zur Geschichte der Galvano-
graphie"*) zu erinnern. Ich hatte dort darauf hingewiesen,
dass Herkomer's weisser oder positiver Radiergrund
schon bei den als Glyphographie und als Stylo-
graphie bezeichneten, jetzt kaum noch angewandten,
historisch und theoretisch aber interessanten, galvano-
plastisch-graphischen Verfahren seine Vorläufer hatte.
Bei der von Edward Palmer in London 1843 er-
fundenen Glyphographie wurde über eine durch
Schwefelung oberflächlich geschwärzte Kupferplatte
ein durch Bleiweiss oder Bleisulfatweiss, auch wohl,
nach anderer Angabe, Zinkweiss, gefärbter Radiergrund
gelegt. Das weitere Verfahren war dann im Wesent-
lichen so, dass nach dem Radieren der Grund, soweit
erforderlich, verstärkt und darauf von der Platte eine
galvanische Hochdruckform abgenommen wurde.
Bei der Stylograp hie, welche von dem Kupfer-
stecher P. Schoeler in Kopenhagen erfunden wurde
— ungefähr gleichzeitig mit der Glyphographie und
und der Galvanographie — wurde eine durch Russ
oder Frankfurter „Schwärze" dunkelgefärbte Schel-
lack- (Copal-) Stearin(säure)-Platte mittels eines Spi-
rituslacks mit einer dünnen Schicht von Silberbronze
bedeckt. Die Zeichnung wurde durch die weisse

*) Diese Blätter IV, Nr. 3 (November 1907).

Silberschicht hindurch in die schwarze Masse einradiert,
dann wurde von der radierten Platte eine galvanische,
erhabene Gegenform und von letzterer auf gleiche
Weise wieder eine Tiefdruckform hergestellt. Der
Sinn des Verfahrens war der, dass durch verschieden
starkes Eindrücken des Griffels (stylos) in die weiche
Plattenmasse die verschiedenen Abstufungen der Ton-
tiefe direkt erreicht werden sollten*). Bei dieser Tief-
drucktechnik hat man es also mit einem Radiergrunde
ganz besonderer Art zu tun, der an die Wachstafeln
erinnert, in welche in alter Zeit die Schrift eingeritzt
wurde; und auch bei der erstbeschriebenen Hoch-
drucktechnik handelt es sich nur um einen Radiergrund,
nicht um einen eigentlichen Aetzgrund, wenigstens
bei der typischen, ursprünglichen Ausübungsart des
Verfahrens. Immerhin wird es angebracht sein, die
dankenswerte historische Zusammenstellung des Herrn
Hans amEnde durch diese Notizen zu vervollständigen :
die den Gegenstand derselben bildenden beiden Vor-
schriften würden in der chronologischen Reihenfolge
nach dem von 1837 — nicht 1837, wie irrtümlich ge-
druckt steht — datierenden Rezept von Carl Barth
einzuordnen sein**).
Bonn a. Rh., im Juli 1914.
Die Wiederherstellung von Leonardo
da Vincis „Letztes Abendmahl".
In der Tagespresse machte folgende Notiz kürz-
lich die Runde:
„Leonardo da Vincis herrliches Kunstwerk in der
Mailänder Kirche S. Maria delle Grazie „Letztes Abend-
mahl" hat sehr gelitten. Man hielt es für eine Tempera-
arbeit, und da solche Werke dem Einfluss der Feuch-
tigkeit unterworfen sind, schrieb man letzterer die
Schädigung zu. Neuestens behauptet der Bologneser
Erazzoni, das Gemälde sei inkrustisch gearbeitet, das
heisst, unter Beimischung von Wachs oder sonstigen
Fettsubstanzen, die von der Feuchtigkeit nicht beein-
flusst werden. Nach Ansicht Frazzonis seien die Be-
schädigungen anderen Ursachen zuzuschreiben, zum
Teil auch den Restaurierungsarbeiten. Es sei möglich,
das Werk im gegenwärtigen Zustande zu erhalten, ja,
es sei nicht ausgeschlossen, das Werk in den ursprüng-
lichen Zustand zurückzuversetzen. Wenn die ursprüng-
liche Malschicht Fettstoffe enthält, so kann Frazzoni
mit seiner Behauptung recht behalten. Um nun da-
rüber Klarheit zu schaffen, wurde die Ansicht des
Professors Rathgen, Chemikers der Berliner kaiserlichen
Museen, eingeholt, dem es in letzter Zeit gelungen ist,
Fette in Jahrhunderte alten Gemälden nachzuweisen."
Zu den vielen Annahmen über die Technik des
berühmten Werkes tritt jetzt als neueste die Enkaustik
hinzu. Gegen derartige Hypothesen kann man schwer
ankämpfen, nur wäre es am besten, man liesse das Ge-
mälde endlich in Ruhe, nachdem es erst vor wenigen
Jahren durch Prof. Cavenagli wieder restauriert
worden ist.
B.

*) Referat in Dingler's Polytechn. Journ. 107 (1848),
287. Ueber Glyphographie vergl. man ferner daselbst
S. 312, sowie die Bände 92 (1844), 99 und iot (1846)
desselben Journals.
**) Es möge erlaubt sein, hier noch hinzuzufügen,
dass im Anschluss an meine damalige Bemerkung auch
eine Zuschrift des Herrn Emil Böhm in München
abgedruckt ist, in welcher dieser schon auf den den
weissen Radiergrund betreffenden Brief von Rubens
an Peter van Veen, den Bruder von Rubens' Lehrer
Otto van Veen, aufmerksam macht.

Vertag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
Annotationen