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Inhalt: Der Farbenfund von Herne-St. Hubert. Vom Herausgeber. — Oeigrundierung oder Leimgrundierung?
Von C. Hebing. (Fortsetzung.) — Eine weitere Bemerkung zur Geschichte des weissen Radiergrundes.
Von Johann Mai. — Literaturanzeige.

Der Farbeniund von Herne-St. Hubert.

Vom Hera
Aus Tongeren, einer Stadt des südlichen Teils
der von unseren siegreichen Truppen besetzten
belgischen Provinz Limburg, kommt die Nachricht,
dass der für die Geschichte der Maltechnik wich-
tige und in vielfacher Beziehung hochinteressante
Farbenfund des zwischen Herne und St. Hubert
aufgedeckten römischen Grabes nebst tausenden
von Urnen, Münzen und antiken Gegenständen,
die der unermüdliche Eigentümer, Frangois Huy-
brigts, im Laufe jahrzehntelanger Grabungen zutage
gefördert hatte, durch die Beschiessung des Ortes
ein Raub der Flammen geworden ist.
Von dem Funde ist in meiner „Maltechnik
des Altertums" S. 231 ausführlich die Rede, auch
sind daselbst Abbildungen der Farbenwürfelchen,
der Bronzetiegel und der Pinsel, sowie die Re-
sultate der Analysen mitgeteilt, die teils im che-
mischen Laboratorium der Universität zu Lüttich,
teils durch den Münchner Chemiker Georg Büchner,
letztere auf meine Veranlassung, vorgenommen
wurden (a. a. O. S. 2/1 u. 2/3).
In der Absicht, dem Leser dieser Blätter von
dem nunmehr für alle Zeit verlorenen Fund Kennt-
nis zu geben, bringe ich hier das Wichtigste da-
rüber zum Abdruck, wobei ich mich in der Haupt-
sache an die in meinem Buche enthaltene Dar-
stellung anschliesse:
Im Mai 1898 wurden bei Herne-St. Hubert
(Belgien, Provinz Limburg) in der Nähe des nörd-
lichst gelegenen römischen Kastells Aduatuca
(jetzt Tongres, Tongeren) in einem Tumulus nebst
zahlreichen Objekten (Urnen, Tonkrügen, Schüsseln
aus Bronze, Waffen mit den Abzeichen eines höheren
Beamten: Phaleren) zahlreiche Farbenreste
und für Malzwecke geeignetes Handwerks-
zeug gefunden. Die Farben bestanden in einer
grossen Zahl (über IOO Stück) kleiner Würfel

usgeb er.
(1,3 cm breit und lang, 1 cm hoch), die, wie es
scheint, in mit Zwischenteilungen versehenen, völlig
verwitterten Holzkästchen aufbewahrt worden
waren; darunter mehrere Arten von Rot, Gelb,
verschiedene Schwarz, Blau, Grün und Grau.
Diese sowie einige grössere Farbenstücke in
Plattenform hatten sich im Moment der Aus-
grabung wie Butter schneiden lassen. Auch weisse
Farbe fand sich, die anscheinend durch Zersetzung
von Bleistücken entstanden war (Bleiweiss). Des
weiteren wurden in einem Bronzekästchen einge-
schlossen etwa 20 Bronzetiegel von 5. 5cm
Höhe und 3 cm Durchmesser zutage gefördert,
die mit Farben verschiedener Art, wie Dunkelrot,
Zinnober, Ocker, Schwarz und Mischungen von
dunkler Farbe gefüllt waren. In nächster Nähe
des Kästchens mit den erwähnten Farben fand
sich ein eisernes Etui mit Pinseln. Die Holz-
teile dieser Pinsel waren sozusagen petrihziert;
man konnte aber bei genauem Betrachten noch
die Stellen unterscheiden, wo die Pinselhaare be-
festigt gewesen waren.
Von anderen zum Handwerkszeug des Malers
gehörigen Objekten sind zu erwähnen: einige In-
strumente in der Art des Stilus, ein lang-
gestieltes Löffelchen aus Bronze, eine Platte
aus grauem Marmor (ähnlich der des Fundes
von St. Medard-des-Pres) und zwei eigenartig
geformte Zirkel aus stark oxydiertem Metall.
Es sbi hier eingeschaltet, dass in St. Medard-
des-Pres (Südfrankreich) i. J. 184/ ein römisches
Malergrab aufgedeckt wurde, wobei ausser zahl-
reichen in Flaschen und Näpfchen befindlichen
Farbenresten das wohl einzige auf uns gekommene
Instrumentarium eines en kaustischen Malers
gefunden wurde. Durch die von dem Pariser
Chemiker Chevreul alsbald vorgenommene Ana-
 
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