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München, 20. Septbr.i9i$.
Beilage znr „Werkstatt der Knast" (E. A. Seeatana, Leipzig).
Erscheint i4tägig anter Leitang von Maier Prof. Ernst Berger.
H. Jahrg. Nr. 24.
Inhalt: Die Maltechnik Franz v. Lenbachs. Vom Herausgeber. (Schluss.) — Literatur,
der im XI. Jahrgang dieser Zeitschrift enthaltenen Artikel und Aufsätze.
— Inhaltsverzeichnis
Die Maltechnik Franz v. Lenbachs.
Vom Herausgeber.
(Schluss.)

Im Anschluss an die Bemerkungen über Lenbachs
Technik sei hier eine Ansprache des Meisters zum
Abdruck gebracht, die er geiegentlich des I. Kon-
gresses für Maltechnik, München 1893, dessen
Präsident er gewesen ist, gehalten hat. Sie zeigt
am besten, wie er sich eine Verbesserung des
Unterrichts an unseren Akademien dachte und sie
dient, wie Wyl (S. 113) anführt, „in ungewöhn-
licher Weise dazu, das Verhältnis Lenbachs zur
Kunst der alten und neueren Zeit zu illustrieren,
da sie weit über die nächste Aufgabe des zu-
nächst zu technischen Zwecken versammelten
Kongresses hinausging und an die letzten Ziele
alles Kunsttreibens mit jener leidenschaftlichen
Wärme erinnert, die unseren Künstler stets be-
seelte, wo es sich um sein Glaubensbekenntnis
in ästhetischen Prinzipienfragen handelt".
Die Rede, die er in der dritten Sitzung hielt
und die einen nachhaltigen Eindruck machte, hat
folgenden Wortlaut:
„Meine Herren! Die Deutsche Gesellschaft
zur Beförderung rationeller Malverfahren hat wohl
deshalb eine weit über Deutschland reichende
Bewegung hervorgerufen, weil trotz des Mode
gewordenen Geredes, dass wir gegenwärtig uns
einer hohen Blüte der Kunst zu erfreuen hätten,
alle Einsichtigen damit einverstanden sind, dass
wir zu einem sehr niedrigen Stande der Kunst-
übung und des Kunstverständnisses gelangt sind,
umgekehrt wie die Wissenschaften, die in erfreu-
lichem, ununterbrochenem Aufsteigen begriffen
sind. Es ist hier nicht der Ort, den allgemeinen
sozialen und sonstigen Ursachen dieses Nieder-
ganges nachzuforschen. Dass sich aber, was ins-
besondere die Malerei betrifft, das Uebel zunächst

im grossen Verfall der Technik kundgibt, leuchtet
sofort ein, wenn wir auf die grossen Zeiten zu-
rückblicken, in denen die höchsten Meister ihre
vollendeten Werke schufen.
Niemals — das ist selbstverständlich — kann
die Technik Selbstzweck sein. Sie bietet nur
die Mittel zur eigentlichen Kunst. Aber jene
grossen Meister wussten, dass man sich nicht
sorgfältig genug vorbereiten, nicht energisch ge-
nug nach der vollen Herrschaft der Mittel streben
kann, wenn man sich der höchsten Wirkungen
und grösstmöglichen Dauer der Werke versichern
will. Wir wissen sehr wenig von den Anfängen
der Technik, sehr wenig selbst von der griechischen
Malerei. Wir haben ja nur die Ausläufer der-
selben in Pompeji, den Kaiserpalästen und an-
deren Wandgemälden. Wir wissen nur, dass die
Technik nie verloren ging, sich nach Byzanz
flüchtete und durch das frühere Mittelalter hin-
durch im Dunkeln fortbestand, bis sie in der
grossen Zeit der Renaissance ihre glänzende Auf-
erstehung feierte. Denn die genialsten Meister
waren stets auch die raffiniertesten Techniker.
Ich meine damit nicht allein die virtuosen Künste
der Oel- und Temperamalerei, die Tizians, Cor-
reggios, Rubens' Bildern einen so unvergleichlichen
Zauber verliehen und schon vor ihnen in den
Werken der Niederländer mit einem Schmelz,
einer Leuchtkraft und unverwüstlichen Dauer der
Farben sich offenbarten, welche diese schönen
Werke zu wahren Juwelen der Kunst gemacht
haben. Auch die scheinbar einfachste Technik,
das Fresko, wurde von den Meistern des Quattro-
cento und nach ihnen von dem gewaltigsten
Genie des sechzehnten Jahrhunderts, Michelangelo,
 
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