München, i8.jnliipi$.
Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint 14tägig nnter Leitung von MalerProf. Ernst Berger.
H. Jahrg. Nr. 21
Inhalt: Die Maltechnik Franz v. Lenbachs. Vom Herausgeber. (2. Fortsetzung.) — Was soll der Künstler, der
Maler, von der Chemie wissen? Von Georg Büchner. (2. Fortsetzung.) — Zwei Rezepte für die Werk-
statt. — Entwerfen von Druckarbeiten auf dunklen Papieren.
Die Maltechnik Franz v. Lenbachs.
Vom Herausgeber.
4. Periode.
Nach Wyls Angaben (S. 64) wurde Lenbach
durch Moritz v. Schwind veranlasst, im Jahre 18/1
nach Wien zu kommen, denn dort bot sich für
den eben „mode" gewordenen Künstler Gelegen-
heit, sich in den Kreisen der Aristokratie und
Haute Finance einzuführen. Er hatte bei Makart
das kleine Atelier, das neben dessen Prunkatelier
gelegen war, bezogen und blieb dort nach seiner
Angabe auch von 1872 bis 1875. In dieser Zeit
hat Lenbach fieberhaft gearbeitet, um die zahl-
reichen Aufträge, schöne Fürstinnen, junge und
alte, Vertreter der Geld- und der Geistesaristo-
kratie ausführen zu können. Wie bei Makart, so
füllte sich auch bei Lenbach das Atelier an Be-
suchstagen mit dem vornehmsten Publikum der
Residenz, das sich in Bewunderung nicht genug
tun konnte. Künstlerisch war diese Periode für
Lenbach gewiss von grossem Erfolg, und doch
war es nicht seine glücklichste. Denn die Werke
dieser Zeit haben sich, soweit Gelegenheit war,
es zu beobachten, am schlechtesten erhalten. Es
war damals, in der Zeit der „Gründerjahre" nur
ein Streben nach schnellen Effekten allgemein. Die
Mittel wurden wahllos und skrupellos verwendet.
Farben und Firnisse, die stärksten Trockenmittel,
mussten herhalten, damit das Werk möglichst
glanzvoll und möglichst schnell „effektuiert" wer-
den konnte. Dass Makart zu seinen Prunkbildern
(die Katharina Cornaro ist damals entstanden!)
die leuchtendsten Krapplacke, die gelben und
braunen Stil de grains, nebst reichlichem Asphalt
benötigte, ist nicht zu verwundern, aber dass sich
(2. Fortsetzung.)
Lenbach, der von den alten Meistern das richtige
Masshalten gelernt haben musste, sich in solchen
Farbenorgien wohl sein liess, das setzt in Er-
staunen. Die schlimmen Folgen dieser Malweise
Hessen nicht lange auf sich warten. Wie konnte
es auch anders sein? Ungezählte Schichten von
Firnissen, auf Asphaltunterlagen, die nicht trocknen,
immer wieder mit Lack lasiert und dünn deck-
farbig überschummert, lagen auf der Leinwand;
ungeduldig folgte der Maler dem Trockenprozess,
und um dem Besteller zu imponieren, „zaubert"
er in wenigen Tagen, in wenigen Sitzungen das
Bild auf die Leinwand. Anfangs mag diese Ma-
lerei in den warmen Rembrandt-Tönen etwas be-
rückendes gehabt haben, wie bei dem Porträt
der Prinzessin Wittgenstein mit dem schönen rot-
haarigen Kopf, dem hellen Teint der Haut, der
Nacken mit Pelzen, der Hals mit Perlen geschmückt,
der sich vom sattbraunen Hintergrund abhob, aber
der Glanz war nur von allzu kurzer Dauer.
Um die Bilder zu firnissen, scheint Lenbach,
wie es auch andere Kollegen der Zeit getan
haben, noch mehr Trockenmittel und Firnisse ge-
braucht zu haben, wie englischen Kutschenlack,
Bernsteinfirnis; auch der ehemals so angepriesene
Gussow-Firnis gehört hierher, und diese Firnisse,
die naturgemäss schnell trocknen, sich dabei zu-
sammenziehen, haben die noch ungenügend trok-
kenen Unterschichten einfach auseinandergerissen.
Wie viel meisterhafte Porträts, voll herrlicher
Malerei hat da Lenbach, sich selbst zum Schaden,
damit vernichtet! Es sei nur an ein bezeichnen-
des Beispiel dieser Serie, an das Porträt K. E.