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HSnchen, 19. April 1915.

Beilage zar „Werkstatt der Knast" (E. A. Seemann, Le!pz!Q).
Erscheint 14tag!g aater Le!taag von Mater Prof. Ernst Berger.

II. Jahrg. Nr. 1$.

Inhalt: Die Oeimaierei des Rubens und seiner Zeit. Von E. B. (4. Fortsetzung). — H. von Heimhoitz über
Goethes Farbentehre. (Schluss.) — Ein Tempera-Rezept Lenbachs. — Die Radierfeder, eine gut
brauchbare Neuerung.

Die Oeimaierei des Rubens und seiner Zeit.

Von E. B.

Venezianer Terpentin ist als das Produkt
von Pinus larix schon von Matthioli erwähnt,
also der harzige Ausfluss des Lärchenbaumes
(ital. larice, franz. meleze). Es scheint die Haupt-
sorte gewesen zu sein, die im 16. Jahrhundert
nach Venedig eingeführt und von dort ausgeführt
worden ist. In Frankreich wurde dieses Produkt
unter dem Namen Terebenthine de Venise ver-
kauft und kam aus der Umgebung von Lion; die
Lionäser nannten ihn „bijon", in Rouen wurde er
„berniz" genannt. Neuerer Zeit bringe man ihn
aus der Umgebung von Briangon.
StrassburgerTerpentin (dasOlio di Abezzo
der Italiener, Gomme du Sapin) ist der harzige
Ausfluss von Pinus picea L., der Tanne (abete
der Italiener, franz. sapin). Matthioli berichtet,
dass dieses vorzügliche, aus der Tanne fliessende
Harz, „lagrime" genannt, oftmals mit Lärchenharz,
das nicht so teuer sei, gefälscht, und wenn dieses
sehr hell und durchsichtig ist, als echtes Olio
di Abezzo verkauft werde. Aber der Betrug
könnte am Geruch und Geschmack erkannt wer-
den, überdies bekomme der Lärchenterpentin
schon nach einem Jahre eine gelbe Farbe und
verdicke sich. Nach dem Marciana-Manuskript
trockne das echte Olio di Abezzo schnell, wäh-
rend das gemischte sehr langsam trockne.
Man unterschied noch das ausfliessende Harz
von Pinus maritima, eines der Pinus sylvestris
ähnlichen Baumes, von Pinus abies L., das
Fichtenharz (Resin, Bordeau-Terpentin). Wann
immer italienische Schriften das Wort „ragia"
benutzten, sei stets das Fichtenharz zu verstehen.
Es ist stärker und körperhafter als das Lärchen-
oder Tannenharz. Wenn es durch Schmelzen an
der Sonne gereinigt und durch kleine am Boden

(4. Fortsetzung.)
des Gefässes angebrachte Löcher filtriert worden
ist, würde es dem Strassburger Terpentin an
Qualität gleichbedeutend erachtet. Wird es am
Feuer geschmolzen und durch Stroh filtriert, dann
heisse es Weisspech oder Burgunder Pech. In
Frankreich werde es „Barras" oder „Galipot"
genannt.
Die neueren Angaben*) stimmen mit dem
obigen darin überein, dass der echte Vene-
tianer Terpentin aus Pistacia terebinthus ge-
wonnen wird, und ein aus Kleinasien stammender
griechischer Terpentinbalsam von Pinus
aleppensis herrühre. Der unechte venetian.
Terpentin (aus Pinus larix oder P. austriaca)
sei die schlechteste Sorte. Der Strassburger
Terpentin, der aus Pinus picea ausfliessende
Balsam, sei identisch mit dem Olio di Abezzo
der Italiener des 16. Jahrhunderts.
Ueber die grosse Menge der terpentinliefern-
den Nadelhölzer**) kann man sich einen Begriff
machen, wenn man erwägt, dass aus allen Arten
von in- und ausländischen Nadelhölzern, wie ge-
meine Kiefer, Föhre, Schwarzföhre, Strandkiefer,
Lärchenbaum, Fichte, Rottanne, Edeltanne usw.,
Terpentin gewonnen wird.
Nach J. K. Königs Warenlexikon (Q. Auflage,
München 1886) unterscheidet man gegenwärtig
im Handel drei Sorten von Terpentin, den
österreichischen (aus Fichte, Weiss- oder Rot-
tanne gewonnen), den französischen (aus der
Strandkiefer) und den venetianischen (aus dem
Lärchenbaum gewonnen).
*) Siehe Ludwig, Technik der Oeimaierei. H.
S. 11 — 13.
**) Siehe J. Winkelmann, Die Terpentin- und Fichten-
harz-Industrie. Berlin 1880.
 
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