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Manchen, 22. März 1915.
Beilage zar „Werkstatt der Kanst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig anter Leitang von Maier Prof. Ernst Berger.
11. Jahrg. Nr. 13.
Inhalt: Die Oelmalerei des Rubens und seiner Zeit. Von E. B. (2. Fortsetzung) — H
Goethes Farbenlehre. — Die Malmaterialien und der Krieg.
von Helmholtz über

Die Oelmalerei des Rubens und seiner Zeit.

Von E. B.

(2. Fortsetzung.)


Im Italienischen bedeutet das Wort „fiero"
wild, grausam, trotzig, stolz, aufgeweckt; im
Französischen heisst das Wort: stolz, eitel, leb-
haft; in der Malerei angewendet: ,,grobe, nicht
wohl vertriebene Züge". In meiner Uebertragung
habe ich ,,glänzend" gesagt. Eastlake-Hesse,
S. 2Qß setzt dafür „stark" und meint, der Aus-
druck „fiera", auf Spiköl angewandt, beziehe
sich auf seinen eigentümlichen Geruch.
Ein lange Jahre in Italien lebender Kollege
teilt mir auf meine Frage mit, dass fiero auch
„teuer" bedeuten kann, was freilich für Rubens
kaum in Betracht käme, aber hier auch „speckig"
heissen könnte, somit meiner Uebertragung gleich-
bedeutend wäre. Auf den Geruch bezogen,
müsste man „penetrant" sagen, aber Spiköl ist
gewiss weniger penetrant als Terpentinöl.
Wenn ich Eastlake recht verstehe, nimmt er
an, dass Rubens das Verreiben der Farben mit
Terpentinöl nur als Vorbereitungsarbeit ansah,
wie sonst die Farben zur besseren Verreibung
mit Wasser gerieben wurden, weil „er wahr-
scheinlich die Uebelstände kannte, die von dem
Reiben im Wasser herrühren, infolge der Schwie-
rigkeit, sie gut trocken zu bekommen", und er
nimmt an, dass die mit Terpentinöl angeriebenen
Farben aufbewahrt und mit dem trocknenden
Bindemittel zu unmittelbarem Gebrauch gemischt
werden konnten, wie es die alten flämischen
Künstler gemacht hätten.
Auf welchen verbürgten Tatsachen die letztere
Bemerkung beruht, ist mir nicht bekannt, aus
der Angabe in Nr. 328 des Mayerne-Manuskriptes
geht es aber nicht hervor, dass Rubens seine
Farben hernach mit trocknendem Bindemittel ver-
sah, dies hätte sonst Mayerne gewiss als be-
sonderes Verfahren des Meisters bemerken


müssen. Aber dass ein „Fertigreiben" mit
Terpentinöl seine technischen Zwecke sehr ge-
fördert haben mag, darüber scheint keine Frage.
Das einzig sichere, was wir aus der Rubens
betreffenden Notiz des Mayerne folgern können,
ist der Zusatz von Terpentinöl zu seinen
Oelfarben, also jedenfalls zum Zweck ihrer
leichteren Vermalbarkeit.
Da Terpentinöl an sich zu wenig Bindekraft
hat, muss eben angenommen werden, dass die
Farben schon mit Oel angerieben gewesen sind,
denn sonst würde beim Malen ein völlig ungleiches
Auftrocknen bzw. unangenehm fühlbares Ein-
schlagen die Folge davon sein.
Die nur mit Terpentinöl verriebenen Farben
erst auf der Palette mit Trockenöl zu vermi-
schen, mag in einzelnen Fällen (z. B. bei Smalte,
Azurblau nach Mayerne Nr. 4, S. ioy meiner
Ausgabe) am Platze gewesen sein, bei allen
Farben aber und für die grosszügige Mal-
weise eines Rubens halte ich ein solches Vor-
gehen für untunlich und unsinnig!
Zudem hat Rubens nach der obigen Stelle die
Smalte, Aschblau und vermutlich auch die Ultra-
marine erst vor deren Gebrauch „mit Firnis
schnell" vermischt, und nicht mit „Trockenöl",
weil die gelbwerdende Eigenschaft solcher Oele
genügend bekannt gewesen ist; z. B. Aschblau
(Bergblau) mit Oel gemischt, würde sehr bald
einen grünlichen Ton annehmen.
Aus der Angabe, „den Firnis mit der Farbe
schnell zu vermischen", schliesst Eastlake (a. a. O.
S. 2^4), dass hier nicht von einem Oelhrnis,
sondern von „ätherischem" aus Föhrenharz und
Erdöl bestehenden Firnis die Rede ist, „weil der-
selbe so schnell trocknet". Ich kann diese Fol-
gerung nicht für zwingend erachten, denn Rubens
 
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