Manchen, 11. Jan. 191$.
Beilage zar „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint )4tägig unter Leitung von Maier Prof. Ernst Berger.
XI. Jahrg. Nr. 8.
Inhalt: Chemische Analysen des Farbenfundes von Herne-St. Hubert in Belgien. I. Analyse von Dr. Fr. Schoofs,
Lüttich. — Ueber das Malerhandwerk im Altertum. Römische Wanderungen von E. B. — Unsere
Oelfarben. Zuschrift von G. G. — Reinigen von Pinseln. (Schluss.)
Chemische Analysen des Farbeniundes von Herne-St. Hubert in Belgien.
I. Analyse von Dr. Fr. Schoofs, Lüttich.
Die Analyse des Dr. Schoofs (Assistent an
der Universität zu Lüttich) betraf einige Unter-
suchungen von Farbenwürfelchen, von Farben aus
zwei der zylindrischen Tiegel und einer der in
konischem Behälter befindlichen Materie.
Folgende Resultate waren zu verzeichnen.*)
a) Analyse eines Farbenwürfels von rot-
brauner Farbe (in würfeliger Form und 8mm
hoch) Die äussere Erscheinung war matt, von
brüchiger Konsistenz; beim Abschaben mit
der Messerklinge erhielt man eine glänzende
Oberfläche. Die Analyse ergab als färbende
Substanz Eisensalze (sels ferriques). Bei der
Untersuchung auf organische Substanz schied
die alkoholische Lösung eine trübe gelbliche
Flüssigkeit in geringer Menge ab, die jedoch
genügte, um den Schmelzpunkt auf 70,50c zu
bestimmen.
b) Ein Stück Farbe von lebhaft roter Nüance
wurde als Verbindung von Schwefel und Queck-
silber erkannt (Zinnober).
c) Die mit c bezeichnete Farbenprobe war weiss,
dicht und abfärbend. Die Untersuchung ergab
Bleikarbonat mit einer sehr geringen Menge
organischer, in heissem Alkohol löslicher Sub-
stanz. Nach deren Verdampfung blieb auf der
Glasschale ein leichter weissticher Rückstand,
der in Wasserbad-Temperatur schmelzbar war.
(Künstliches Bleiweiss war im Altertum be-
kannt; s. Würtz unter „Cerussa".)
d) Die mit d bezeichnete Probe von weisslich-
grauer Farbe, weniger kompakt als die vorige,
bestand ebenfalls aus Bleikarbonat, war aber
*) Siehe: Gompte Rendu du Congres Archeologi-
que et Historique de Belgique ä Tongres, publid par
Frangois Huybrigts, Tongres 1902, S. 125—130; m. Mal-
technik des Altertums, S. 271.
reicher an organischer Beimengung. Aether
schied, selbst in kalter Lösung, eine bei 5/,5° C
schmelzbare weisse Masse ab. Dabei ist zu
bemerken, dass diese Masse in geringer Menge
vorhanden war. In 1,9 g der Farbe konnten
jedoch durch sukzessive Behandlung mit Aether
0,0119g der organischen Substanz, das sind
0,6 °/p, extrahiert werden.
e) Das Farbstück bestand aus zwei Teilen; der
innere von grauschwarzer Farbe schien in Zer-
setzung befindliches Blei zu sein; der äussere
in der Dicke von etwa I — 2 mm war eine
weissliche Schicht von Bleikarbonat, in welcher
eine organische Substanz zu erkennen war.
Es wurde 0,7 g dieser äusseren Schicht abge-
kratzt und mit Schwefeläther behandelt. Nach
der Verdunstung verblieb ein weisser Rück-
stand von weicher Konsistenz, und zwar in
Menge von 0,0$ g, also 7,1 0/^ der Masse,
deren Schmelzpunkt mit 58,50 c ermittelt
wurde.
Vermutlich handelte es sich hier um eine
zu Zwecken der Bleiweisspräparation verwen-
dete Bleiplatte.
(Würtz berichtet, Artikel „Plomb", dass die
Alten das Bleiweiss durch Einwirkung von
Essig auf Blei an der freien Luft herstellten.)
f) Farbe aus einem konisch geformten, abge-
platteten Näpfchen. Mit Aether behandelt,
gab die bräunliche Substanz an denselben
eine Masse ab, die nach der Verdampfung
des Lösungsmittels die Erscheinung eines
braun-gelben gefirnissten Ueberzugs hatte.
Schmelzpunkt 59)5° C; die Hitze entwickelte
empyreumatischen Geruch.
Der Aether löste unter diesen Verhält-
nissen 1,820/0 des Körpers. Nachher wurde