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Inhalt: Notiz zu dem Artikel: Der Farbenfund von Herne-St. Hubert. Von Georg Büchner, München. —
Das Malerhandwerk im Altertum. Römische Wanderungen. Von E. B. (Schluss.) — Linoleum- und Zelluloid-
schnitte für Reklameplakat- und Illustrationsdrucke. Von J. Mai. — Nochmals: Ersatz für Auslandfabrikate. —
Neue Patente (Pastose Temperafarben von G. Bössenroth.)

Notiz zu dem Artikel „Der Farbeniund von Herne-St.Hubert"
(in Nr. 7 Jahrgang XI der Münchner kunsttechnischen Blätter).
Von Georg Büchner, München.

Anschliessend an diese Ausführungen, welche
auch Bezug nehmen auf die von mir ausgeführte
Analyse und die auf Grund derselben gegebene
Beurteilung des fraglichen Bindemittels, möchte
ich folgendes nachtragen:
Massgebende Untersuchungen über die
Veränderungen von Ölen und Wachsen wäh-
rend langer Zeiträume waren zu der Zeit, in
der ich die besagte Arbeit ausführte, nicht be-
kannt geworden. Ich war daher bei der Ver-
wertung der Analysenergebnisse auf die Darstel-
lung der Möglichkeiten und auf Vermutungen
angewiesen. Nun liegen zwei Arbeiten über die
Veränderungen des Bienenwachses einerseits, des
Olivenöls anderseits im Laufe grösserer Zeiträume
vor, über welche ich hier kurz berichten will;
dieselben gestatten, die Analysenergebnisse etwas
präziser zu beurteilen.
I. John Sebelien (Chemisches Laboratorium
der Landwirtschaftlichen Hochschule Aas in Nor-
wegen, Oktober 1913) berichtet über die Unter-
suchung eines alten, aus der Wikingerzeit
herrührenden norwegischen Bienenwach-
ses aus demOsebergschiffe*). Dieses Wachs,
das in dem ganz in der Erde vergrabenen Wi-
kingerschiff auf der Besitzung Oseberg in der
Nähe der Stadt Tönsberg gefunden wurde, stammt
aus der Wikingerzeit um das Jahr 800 herum.
Dieses Wachs war, abgesehen von kleinen
Abweichungen, die sich in den Schwankungen der
Grenzwerte des Bienenwachses bewegen, vollstän-
dig unverändert, d. h. es zeigte die Zusammen-
setzung und das vollständig normale Verhalten des

Bienenwachses. Das Bienenwachs ist also auch
in sehr langen Zeiträumen (über IOOO Jahre)
einer Zustandsveränderung von Belang nicht unter-
worfen.
2. A. Agrestini (Seifensiederzeitung 1910,
S. 1254) untersuchte ein über 200 Jahre altes
Olivenöl. Dieses Öl, das in einem irdenen Ge-
fäss aufbewahrt worden war, bildete eine viskose,
fluoreszierende, ranzige Masse, in der ein weiss-
liches, festes Fett vorhanden war.
Die getrennte Analyse des flüssigen und des
festen Anteils ergab, kurz gesagt, dass sich das
Öl zum grossen Teil in freie Fettsäuren,
wovon beträchtliche Anteile in Oxyfett-
säuren oxydiert waren, umgewandelt hatte.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die-
ser Prozess im weiteren Verlauf der Zeit noch
weiter fortgeschritten sein wird, so dass nur mehr
Fettsäuren, bzw. Oxyfettsäuren vorliegen, welche
dann auch unter Anhydridbildung einer weiteren
Veränderung unterliegen können, wie ich solche
in dem Bindemittel des Farbenfundes von Herne-
St. Hubert konstatieren konnte.
Wie das Olivenöl werden sich alle fetten Oele
und Fette verhalten.
Da das Bienenwachs eine derartige Verände-
rung in langen Zeiträumen nicht erleidet, so kann
man nun wohl mit Bestimmtheit sagen, dass das
fragliche Bindemittel, zum allergrösstenTeil wenig-
stens, ein verändertes Ö1 darstellt.

*) Zeitschrift für angewandte Chemie 1913, Nr. 93,
S. 689 ff.
 
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