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München, 28. Jnni 191$.

Beilage zer „Werkstatt der Knast" (E. A. Seeatana, Leipzig).
Erscheint 14täglg nnter Leitung von Maier Prof.Ernst Berger.

H. Jahrg. Nr. 20

Inhalt: Die Mattechnik Franz v. Lenbachs. Vom Herausgeber, (h. Fortsetzung.) — Was sott der Künstter, der
Mater, von der Chemie wissen? Von Georg Büchner, (i. Fortsetzung.) — Die Materiatfrage im Wirt-
schafttichen Verband.

Die Maltechnik Franz v. Lenbachs.

Vom Herausgeber.

2. Periode.
Schon während der Zeit des ersten römischen
Aufenthalts, den er mit Piloty verbrachte, mag
sich Lenbach mit dem Studium alter Meister be-
fasst haben; er folgte dabei einer schon früh bei
ihm erwachten Neigung, wie wir den von W. Wyl
veröffentlichten „Gesprächen und Erinnerungen*)
entnehmen können. Bei seinen vielfachen land-
schaftlichen Studien nach der Natur, denen er
sich bei Aufenthalten mit seinem Jugendfreund
Hofner in Aresing hauptsächlich hingab, pflegte
er schon den „Tonwert" der alten Meister, den
er in den Galerien von München und Augsburg
erkannt hatte. In Rom, wo er, wie er selbst
sagt, in eine Art „Sonnenfanatismus" hineingeriet
und das Wort Natur auf seiner Fahne stand
(s. bei Wyl S. 36 u. 37), war er seinen „Halb-
göttern Velasquez, Giorgione, Tizian gegenüber
durch sein praktisches Tun in eine schiefe Stel-
lung geraten". Eine Klärung dieses Zwiespaltes
trat bei der impulsiven Natur Lenbachs aber ein,
als er mit Böcklin in Weimar zusammenkam und
nach seinem Eingeständnis von diesem Freunde
tiefgehende Anregungen empfing. Die grosse
Wandlung vom Realisten zum verschworenen An-
hänger der altmeisterlichen Richtung scheint sich
bei Lenbach erst später vollzogen zu haben, als
er durch das Kopieren alter Meister ganz und
gar in deren Bann geriet. An Böcklin bewun-

*) Franz v. Lenbach, Gespräche und Erinnerungen.
Mitgeteilt von W. Wyl (Dr. Wilh. Ritter v. Wymetal),
Stuttgart und Leipzig, 1904.

(i. Fortsetzung.)
derte er die „ausserordentliche Geistesschärfe und
seine reiche Erfahrung über die alten Meister",
aber in der Anschauung z. B. über die Art der
Porträtdarstellung, ob ein Bildnis, wie Böcklin
meinte, symbolisch oder aber individuell aufge-
fasst werden müsse, stimmten sie nicht überein
(s. Wyl S. 42). Jedenfalls hat Lenbach von
Böcklins technischen Erfahrungen viel gelernt,
die ersten Versuche in Temperamalerei fallen in
diese Zeit (s. mein Buch: Böcklins Technik S. $1),
und hier wurde wohl der Grund gelegt zu Len-
bachs Mischtechnik, mit Tempera zu beginnen
und mit Oelfarbe zu vollenden, die für seine
späteren Werke so wichtig werden sollte.
In Weimar blieb Lenbach nur einundeinhalb
Jahre. Was in der Gedächtnisausstellung aus dieser
Zeit (1860—61) stammt, zeigt noch ganz die
römische Art, es sind wohl auch Studien der
Zeit (s. Nr. 165, 167, 169, 170). Aber ich er-
innere mich in der Weimarer Galerie eines Damen-
bildnisses von Lenbach, das, in einem ganz ex-
quisiten, feinen Silberton gehalten, alle Feinheiten
eines „individuellen" Porträts hat. Wenn nicht
Lenbachs Namen darunterstände, würde man da-
bei kaum an dessen Urheberschaft denken. Ebenso
trägt eine Skizze Böcklins von 1861, also der
Weimarer Zeit (Nr. 30 der Ausstellung), noch
nichts vom Charakter der alten Meister (es ist
hell auf hellem Grund gesetzt).
3. Periode.
Die endgültige Schwenkung zur altmeisterlichen
Richtung trat ein, als Lenbach wieder nach Mün-
 
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