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36

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr 9.

rektionslinien und Kreuzchen, wo sich die Hauptpunkte
der Ornamentation schneiden. Aber das Merkwür-
digste war, dass an besonders markanten Stehen ganz
trefflich gemalte Tiere, wie Ziegenböcke oder Vögel,
z. B. Adler und Greifen, zu sehen waren, die zweifel-
los von einer ganz hervorragenden Arbeitskraft, von
einem Künstler in seiner Art, also von einem
„Spezialisten" geschaffen worden waren. Etwa
spannweit von jeder derartigen Figur nach rechts be-
merkten wir eine ganze Anzahl von Eindrücken, wie
in Beistrichform, in dem frischen Stuck. Die Arbeiter
und auch Dr. Weege konnten sich den Zweck dieser
Eindrücke nicht erklären, und auch ich selbst war im
ersten Moment ausserstande, das Rätsel zu lösen.
Mit einem Male wurde es mir ganz klar, dass diese
Eindrücke von dem Malstock herrührten, auf den sich
der „Herr Spezialist" bei der Arbeit stützte. Vermut-
lich war er schon bei Jahren und etwas zitterig, er
musste also wohl den „Tatterich", wie wir sagen, ge-
habt haben. Da nun diese Gewölbemalereien nur
sehr von weitem gesehen werden konnten (die Räume
haben durchschnittlich eine Höhe von 8—io Metern!),
so wäre es unnötig gewesen, die Eindrücke durch
Abglätten zu verwischen, wie es sonst bei antiker
Stuckmalerei üblich ist.
Wir sehen aus der geschilderten Arbeitsweise,
dass die alten Dekorationsmaler die Arbeitsteilung
kannten und die Kräfte so ausnützten, wie es zum
Besten des Werkes am Platze war. Es wäre sehr
interessant, diesen Dingen mehr Aufmerksamkeit zu-
zuwenden, dann Hessen sich manche Beobachtungen
machen, die auf eine Tradition der Arbeitsweisen
innerhalb des Malergewerbes hindeuten, die vom Alter-
tum auf bis in unseie Zeit herauf sich erhalten zu
haben scheint.
Nicht minder wichtig wäre es, der offenbar vor-
handenen technischen Tradition nachzugehen, denn hier
haben sich Arbeitsmethoden fortgeerbt, vom Meister
auf den Gesellen und von Werkstatt zu Werkstatt,
deren Ursprung wohl viel weiter zurückliegt, als wir
gewöhnlich glauben. Allerdings tritt als Hemmung
für solche Forscherlust die nur zu bekannte Hinter-
hältigkeit italienischer Arbeiter entgegen, durch die es
mitunter unmöglich ist, zu erkennen, ob die erhaltenen
Auskünfte wahr sind oder absichtlich gemacht, um den
Fragesteller irrezuführen, ganz besonders, wenn der
„Katzelmacher" einen Berufsgenossen anderer Na-
tionalität vor sich zu haben glaubt. Der obenerwähnte,
im „Goldenen Hause des Nero" beschäftigte, vom
„officio" angestellte Arbeiter, ein sehr intelligenter
und sachkundiger Mann, hielt mich gewiss für einen
gelehrten Archäologen, als er auf meine Fragen Auf-
schluss gab.
(Schluss folgt.)

Ein Buch über Original-Holzschnitt.
Dem schon kürzlich (s. No. 6 dieser Zeitschrift)
angezeigten Buch von Max Bucherer und Fritz
Ehlotzky legt die Verlagsbuchhandlung Ernst Rein-
hardt, München, folgendes Begleitwort bei:
Der Original-Holzschnitt hat sich im Laufe der
letzten Jahre im Kunstschaffen eine so bedeutende
und gefestigte Stellung erungen, dass es eine Not-
wendigkeit ist, dem Künstler sowohl als dem Kunst-
verständigen eine auf gründlichen Kenntnissen und
langjährigen praktischen Erfahrungen beruhende Ein-
führung in seine Technik zu geben, zugleich aber auch
eine Zusammenfassung dessen, was er bisher geleistet
hat, wessen er fähig ist, und welche Aufgaben ihm
heute zustehen. Es sind über das Wesen und die
Ziele des Holzschnittes vielfach irrige und irreführende

Ansichten verbreitet, die seiner allgemeinen Aner-
kennung im Wege stehen, ja entgegenarbeiten. Diese
an sich auffallende Tatsache wird dadurch erklärlich,
dass eine graphische Kunst wie der Holzschnitt nur
aus einer Kenntnis seiner Mittel heraus gewertet
werden kann. Eine Schrift aber, die zugleich vom
künstlerischen und technischen Gesichtspunkte aus
eine Förderung der trotz ihrer Vielseitigkeit stief-
mütterlich behandelten Holzschneidekunst anstrebte,
fehlte bisher gänzlich. Auch gibt es noch kein Lehr-
buch, das dem Lernenden nicht nur ein gründlicher
praktischer Behelf ist, sondern ihm auch das Geistige,
das Wesen dieser Kunstgattung erschliesst; also das,
was ihm, sobald er über die ersten technischen
Schwierigkeiten hinaus ist, von grösster Bedeutung
sein muss. Mit diesem Buche liegt der Versuch vor,
den besagten Mängeln in klarer Erkenntnis der ge-
stellten Aufgabe abzuhelfen. Ein reiches Abbildungs-
material, das nach neuen Gesichtspunkten angeordnet
ist, unterstützt den von Dr. F. Ehlotzky verfassten
Text in sinnvoller Weise.
Dieser Selbstanzeige kann noch beigefügt werden,
dass es den Verfassern vollkommen gelungen ist,
ihren Zweck zu erreichen, sowohl der Text als auch
die mit grosser Sorgfalt ausgewählten Bildbeilagen sind
in hohem Grade geeignet, den Leser in das Wesen
und die Technik des Original-Holzschnittes einzuführen.
In der historischen Uebersicht, die von Beginn der
Holzschneidekunst im 15. Jahrhundert bis zu dem
neuesten, durch den japanischen Holzschnitt beein-
flussten Wiederaufblühen des Original-Holzschnittes
handelt, finden wir die Hauptstadien durch charakte-
ristische Beispiele erörtert, wobei die Verdienste Otto
Eckmanns und Emil Orlicks gebührend hervorgehoben
werden, denn gerade diesen beiden Künstlern ist es
zu danken, dass wir uns heute wieder mehr dieser Kunst-
übung hingeben können. In dem Abschnitt über das
Technische des Holzschneidens ist nichts übersehen,
was für die Sache zweckdienlich zu sein scheint. Die
Ausstattung und die Druckbeispiele, auch einige in
mehreren Farben gedruckte, sind in jeder Hinsicht ge-
diegen, so dass auch dem rührigen Verlag ein Anteil
an dem Erfolge gebührt. M. St.
Ersatz iür Auslandsiabrikate.
Zu der unter obiger Aufschrift veröffentlichten
Anregung in No. 7 dieser Blätter erhalten wir von der
Firma Günther Wagner, datiert Hannover, 8. Ja-
nuar 1915 folgende Zuschrift:
„Im Anschluss an Ihre Abhandlung über englische
Wasserfarben teile ich Ihnen mit, dass ich bereit bin,
jedem Aquarellmaler, der bisher englische Wasser-
farben benutzte und mir dieses mitteilt, bis 5 Tuben
nach seiner Wahl zu Vergleichszwecken zu übersenden.
Ich hoffe so am besten beweisen zu können, dass
deutsche Wasserfarben hinter den englischen nicht zu-
rückstehen. Sie würden mir eine Gefälligkeit undjder
deutschen Industrie einen Dienst erweisen, wenn Sie
diese Zeilen veröffentlichen würden.
Hochachtungsvoll
Günther Wagner.
Indem wir dem Verlangen der Firma mit grösster
Bereitwilligkeit nachkommen, möchten wir dem Wunsche
Ausdruck geben, dass möglichst viele Kollegen und
Kolleginnen von dem Anerbieten Gebrauch machen und
uns später über die Erfolge des Vergleiches
im allgemeinen Interesse Bericht erstatten wollten.
Denn erst dadurch ist der Sache selbst gedient.
E. B.
 
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