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Münchner kunsttechmsche Blätter.

t^r. 2.

hat, besonders auf einem gänzlich unbekannten
Gebiete.
Diese Erklärung hatte den Erfolg, dass mich
mein Kollege für ungefällig hielt und beleidigt
von dannen zog, trotzdem ich für meine Sprech-
stunden kein Honorar forderte.
Aehnliche Fälle wiederholten sich mündlich
und schriftlich.
„Ja aber," schaltete mein Begleiter ein. „Ich
weiss doch manchen Kollegen, der Ihren Rat-
schlag mit Erfolg benützte."
Namentlich, wenn es sich um einen beson-
deren Fall handelt, der sich erklären lässt, aber
es gibt unendlich viele Fälle. Das ist Privatsache.
Indirekt kommt die Klasse für Farben, Technik
und Fresko manchem zu gute. Der Nutzen nach
aussen lässt sich aber nicht verallgemeinern, weil
die technischen Grundlagen bei den Einzelnen
zu ungleich sind.
Der Schöpfer unsrer technischen Klasse, Ex-
zellenz A. v. Werner, welcher schon manche neue
Einrichtung nicht nur in der Hochschule, sondern
auch bekanntlich im Verein in einer Reihe von
Jahren geschaffen hat, könnte mehr als ich aus
Erfahrung sprechen, dass manches nicht gleich
richtig erkannt oder verstanden wird, die Haupt-
sache ist, dass die Gelegenheit zur technischen
Ausbildung erst einmal vorhanden ist. —
„Wie wäre es, wenn ein kleines Schriftchen
einen Ueberblick gäbe über das Wesen der
Techniken?"
Auch das hat unser Direktor eingeführt für
die Schüler, kurz, und billig als Ergänzung zum
Nachschlagen für den technischen Unterricht.
Uebrigens gibt es eine Menge Bücher über
Malerei.
Im Unterricht selbst wird die praktische
Uebung betrieben, durch hunderte von Tafeln
erläutert, Ursache und Wirkung ad oculos demon-
striert und doch kommen später die jungen
Schüler wieder, sich Rat und Anweisungen zu
holen, weil sie Vieles vergessen, verwechseln, so
lange es ihnen nicht durch die Praxis in Fleisch
und Blut übergegangen ist durch vielfache Uebung,
welche erst die Sicherheit erlangen lässt.
Das fortwährende Experimentieren, Auspro-
bieren in der Klasse bringt reichliche Erfahrung,
welche gebucht und niedergeschrieben, besonders
auf Probiertafeln sowie durch gesammelte Maje-
reien mit Rezeptangaben festgehalten und in der
Hochschule treu verwahrt wird.
Aber selbst die Rezepte können nicht immer
verallgemeinert werden, weil von Fall zu Fall
andere Ursachen und Umstände mitsprechen
können, sonst könnte das Buch die Praxis er-
setzen.
Ueberall geht es nur Schritt für Schritt und
wenn zwei dasselbe tun, ist es oft nicht dasselbe,
besonders auf diesem Gebiete.

Es kann jemand einige Stufen überspringen,
niemals aber mit einem Satz die ganze Treppe
nehmen!
„Allerdings sehe ich jetzt die Sache anders an,"
Bitte, Sie können sich die ganze Einrichtung
noch näher ansehen.
„Davon werde ich gerne Gebrauch machen;
vielleicht darf ich Ihnen wieder einmal begegnen."
Gewiss: — Auf Wiedersehn!
HJustrationsveriahren.
Von Johann Mai.
(Fortsetzung.)
Besonders die Kreidezeichnung mit fetter Kreide
auf gekörntem lithographischen Steine verwandte man
zur Erzeugung von Illustrationen aller Art; hauptsäch-
lich aber zu Porträts, Ansichten, Gemäldenachbildungen,
Trachtenbildern, Notentitel oder für geschichtliche
und naturgeschichtliche Bilder. Diese lithographischen
Illustrationen benutzte der Buchdruck als ausschliess-
lichen Buchschmuck, und man findet derartige Kreide-
bilder neben den Stahl- und Kupferstichen fast aus-
nahmslos bis in die vierziger Jahre des vorigen Jahr-
hunderts in den meisten Zeitschriften oder Geschichts-
werken vertreten.
Der lithographische Farbendruck bedurfte indessen
eines weit längeren Zeitraumes zu seiner Entwicklung;
es lag dies hauptsächlich an der Unzulänglichkeit der
für den chemischen Flachdruck benötigten Farben,
der Bedarf an solchen war ferner ein zu geringer, und
konnte eine Besserung erst eintreten, wenn ein grösseres
Absatzfeld für den Farbendruck erschlossen und der
Schnellpressendruck eine Verbilligung bunter Auflagen
zuliess; doch vorläufig befand sich der Farbendruck
noch im Anfangsstadium, und wurden die Bilder in
ganz einfachen Farben oder im Tondruck hergestellt.
Die merkantile Lithographie breitete sich indessen
stark aus, die Künstlerradierungen und Gravierungen
ersetzten die Kupferstiche, dagegen wendete sich das
Interesse des Buchdruckers, überhaupt aller beteiligten
Kreise, der Wiederbelebung der Holzschneidekunst zu,
die fast 200 Jahre vernachlässigt worden war.
In England war die Holzschneidekunst von Tornas
Bewick wieder zu Ehren gebracht und von dort hat
sie sich durch Ludwig Richters Tätigkeit und Verdienste
die ihr gebührende Stelle als Illustrationsmittel in
Deutschland wieder erworben.
Statt dass der Künstler das Bild, wie vor 200
Jahren üblich, in das Langholz schnitt, brachte die neue
Technik der Engländer die Bearbeitung des Buchs-
baumholzes auf quergeschnittenen Platten, Hirnholz
genannt. Diese Methode liess eine bedeutend feinere
Bearbeitung zu, so dass statt der früher gebräuchlichen
Messer oder sonstigen primitiven Schneideinstrumente
nun die Stichel aller Feinheitsgrade zur Verwendung
gelangten.
Die Zeichnung oder das Bild zeichnete sich der
Künstler genau auf seine entsprechend grundierte Holz-
platte, nachher schnitt er die weiss auf den Abdrücken
erscheinenden Partien derart aus, dass der fertige
Schnitt eine Hochdruckplatte ergab, die in ihrer eigen-
artigen Wirkung wiederum die Lithographie übertraf.
Bezüglich der Linienführung in den Holzschnitten ist
Ludwig Richter vorbildlich für die deutschen Holz-
schneider, sowie überhaupt für die zeichnenden Künst-
ler geworden.
Durch die Wiedereinführung des Holzschnittes
entwickelte sich der Illustrations-Buchdruck stetig, er
wurde selbständiger und konnte jene Gebiete betreten,
die er sich bis in die neueste Zeit erhalten hat, ja
 
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