Nr. i.
Münchner kunsttechnische Blätter.
5S
das (Terpentin-)Oel hinzu,
und wenn aiies gut vereinigt
ist, nimm es aus dem heissen
Wasser heraus. DerSandarac
sei für sich mit ein wenig des
genanntenOeles geschmolzen
und dem übrigen hinzuge-
setzt, solange alles noch warm
ist. Das Oel nimmt davon
Prüf, so viel es vermag.
(b) Andere Art, die man für
besser hält: Rp. Terpentinum
vom besten eine Unze, Stein-
öl zwei Unzen; im heissen
Wasser (Wasserbad) ver-
einige es und gib acht, dass
nichts anbrenne; der Firnis
blättert niemals, wird nicht
weiss und zeigt dir genaue-
stem deine ganze Arbeit.
(c) DerTerpentin(-balsam)trock-
net mit der Zeit, das Terpen-
tinöl oder das Steinöl ver-
flüchtigen und [diese] können
Wasser nicht vertragen. Der
beste Firnis,der gegenWasser
widerstandsfähig ist, wird
gemacht mit an der Sonne,
über Bleiglätte (vergl. auch
über Bleiweiss) eingedicktem
Trockenöl, ohne irgend zu
sieden.
beginnt,zieheden
Topf vom Feuer
und bewahre es.
In dieser Art
trocknet der Fir-
nis sehr bald,
andernfalls nicht.
Belcam.
M. Rubens.
N. B.
S. in folg. Capi-
tain Sall6[s An-
gaben in Nr. 2$
desManuskripts],
Um diese Anweisung zu verstehen, müssen
wir uns zunächst klarmachen, ob es sich hier um
Firnisrezepte zum Zwecke des letzten Ueberzuges
handelt oder um die Firniszusätze zu den Farben
bei der Malarbeit.
Ich möchte mich für die letztere Annahme
entscheiden, und zwar aus folgendem Grunde:
Die Gemäldefirnisse wurden in den „Werkstatt-
büchern" zumeist am Ende der Anweisungen an-
geführt, hier sind diese „Firnisse" aber gleich
nach den Farben und Malölen eingereiht. Ueber-
dies lautet die Ueberschrift „Alle Farben lassen
sich firnissen" (Couleurs se peuvent toutes vernir).
Das Mayerne-Manuskript macht stets genügend
deutliche Unterschiede. Wenn es sich um die
fertigen Bilder handelt, dann heisst es meist
„Tableau"; z. B. Nr. 260: kleine Bilder zu firnissen
(Pour vernir les petits tableaux) oder 24$: Firnis
vom Bilde abzunehmen (Pour oster le vernis de
dessus un tableau). Die allgemeinen Firnisrezepte,
die auch Malfirnisse waren, sind jedoch stets als
„Vernis" bezeichnet.
Zum ersten Abschnitt (a) ist zu bemerken:
Hier haben wir den „gewöhnlichen Maler-
firnis" (vernix commune) vor uns; er scheint
das allgemein gebräuchliche Mittel gewesen
zu sein, das durch Zugabe von Mastix, Sandarac
oder fettem Oel für die verschiedenen Zwecke
variiert wurde. Aehnliche Rezepte'") führt das
Manuskript eine ganze Reihe an (s. oben S. 49 u. 44),
es ist derselbe Firnis, den Van Dyck als Vernix
ordinaire despeintres(s. Nr. 332S. 338 m. Ausgabe)
bezeichnet. Der Hauptbestandteil ist venetianer
Terpentin, hier in Terpentinöl gelöst, und zwar
wie alle solchen Firnismischungen unter Zuhilfe-
nahme von Wärme im Wasserbad oder in heissem
Sand. Varianten des Firnisses, wobei Spiköl als
Lösungsmittel dient, finden wir in Nr. 239, 242.
Die Marginalnote weist auf eine vom Maler
Beicamp angegebene Manier der Bereitung im
Sand bade hin, ein Rezept, das in Nr. 308 aus-
führlich wiederkehrt. Zum Gebrauch wird dieser
auch hier als „gewöhnlicher" bezeichnete Maler-
Arnis mit gleichen Teilen hellem trocknenden
Leinöl oder mit Nussöl gemischt und in er-
wärmtem Zustand verwendet (S. 319 meines
Buches).
Zum zweiten Absatz (b):
Die Ueberschrift besagt, dass hier eine An-
weisung für einen Firnis folgt, „den man für
besser hält" (qu'on tient meilleure). Es ist die
Mischung von Terpentinbalsam mit Steinöl
(Petroleum), die in mancher Beziehung bemerkens-
wert ist, vor allem dadurch, dass hier das Stein-
öl als Lösungsmittel erwähnt ist. Im Mayerne-
Manuskript Anden sich nur noch zwei Stellen,
die Steinöl zu obigem Zwecke bezeichnen, und
zwar in einem Rezept (Firnis für Kästchen und
Kabinetts) nach der italienischen Quelle der Se-
creti des Birelli (Nr. 99, S. 189) und in der all-
gemein gehaltenen „Abhandlung über die
Firnisse", die, nach dem Signum T. M. zu
schliessen, von Mayerne selbst herrührt. Da heisst
es, wie bereits oben S. 44 erwähnt (Nr. IOI des
Manuskriptes):
„Die gebräuchlichsten Oele für feinere Fir-
nisse sind Terpentinöl, Spiköl und Steinöl
mit Terpentin selbst, welcher, obschon fett,
schliesslich langsam trocknet und den Firnis vor
Abschälen bewahrt."
Hier wird auf die nämliche Eigenschaft
des Nichtabblätterns verwiesen wie in Nr. /.
Mayerne spricht sogar von Versuchen, Ambra
(Bernstein) in Steinöl lösbar zu machen (a*. a. O.
Nr. 101).
Das Wichtigste ist jedoch, dass obiges Firnis-
rezept mit den Angaben der Italiener Borghini
und Armenini grösste Uebereinstimmung zeigen.
Borghini, dessen Buch „11 Riposo" übrigens
*) Hier sei auch noch der „Italienische Firnis"
(Vernix d'Italie) in Nr. 194 a des Manuskriptes erwähnt,
der am Schluss der Angaben des „Petit Peintre de
Mr. de St. Jehan" vermerkt ist und dieselben Ingre-
dienzien wie die obige hat, nur im Mischungsverhältnis
(gleiche Teile von Terpentin und Terpentinöl) ver-
schieden ist.
Münchner kunsttechnische Blätter.
5S
das (Terpentin-)Oel hinzu,
und wenn aiies gut vereinigt
ist, nimm es aus dem heissen
Wasser heraus. DerSandarac
sei für sich mit ein wenig des
genanntenOeles geschmolzen
und dem übrigen hinzuge-
setzt, solange alles noch warm
ist. Das Oel nimmt davon
Prüf, so viel es vermag.
(b) Andere Art, die man für
besser hält: Rp. Terpentinum
vom besten eine Unze, Stein-
öl zwei Unzen; im heissen
Wasser (Wasserbad) ver-
einige es und gib acht, dass
nichts anbrenne; der Firnis
blättert niemals, wird nicht
weiss und zeigt dir genaue-
stem deine ganze Arbeit.
(c) DerTerpentin(-balsam)trock-
net mit der Zeit, das Terpen-
tinöl oder das Steinöl ver-
flüchtigen und [diese] können
Wasser nicht vertragen. Der
beste Firnis,der gegenWasser
widerstandsfähig ist, wird
gemacht mit an der Sonne,
über Bleiglätte (vergl. auch
über Bleiweiss) eingedicktem
Trockenöl, ohne irgend zu
sieden.
beginnt,zieheden
Topf vom Feuer
und bewahre es.
In dieser Art
trocknet der Fir-
nis sehr bald,
andernfalls nicht.
Belcam.
M. Rubens.
N. B.
S. in folg. Capi-
tain Sall6[s An-
gaben in Nr. 2$
desManuskripts],
Um diese Anweisung zu verstehen, müssen
wir uns zunächst klarmachen, ob es sich hier um
Firnisrezepte zum Zwecke des letzten Ueberzuges
handelt oder um die Firniszusätze zu den Farben
bei der Malarbeit.
Ich möchte mich für die letztere Annahme
entscheiden, und zwar aus folgendem Grunde:
Die Gemäldefirnisse wurden in den „Werkstatt-
büchern" zumeist am Ende der Anweisungen an-
geführt, hier sind diese „Firnisse" aber gleich
nach den Farben und Malölen eingereiht. Ueber-
dies lautet die Ueberschrift „Alle Farben lassen
sich firnissen" (Couleurs se peuvent toutes vernir).
Das Mayerne-Manuskript macht stets genügend
deutliche Unterschiede. Wenn es sich um die
fertigen Bilder handelt, dann heisst es meist
„Tableau"; z. B. Nr. 260: kleine Bilder zu firnissen
(Pour vernir les petits tableaux) oder 24$: Firnis
vom Bilde abzunehmen (Pour oster le vernis de
dessus un tableau). Die allgemeinen Firnisrezepte,
die auch Malfirnisse waren, sind jedoch stets als
„Vernis" bezeichnet.
Zum ersten Abschnitt (a) ist zu bemerken:
Hier haben wir den „gewöhnlichen Maler-
firnis" (vernix commune) vor uns; er scheint
das allgemein gebräuchliche Mittel gewesen
zu sein, das durch Zugabe von Mastix, Sandarac
oder fettem Oel für die verschiedenen Zwecke
variiert wurde. Aehnliche Rezepte'") führt das
Manuskript eine ganze Reihe an (s. oben S. 49 u. 44),
es ist derselbe Firnis, den Van Dyck als Vernix
ordinaire despeintres(s. Nr. 332S. 338 m. Ausgabe)
bezeichnet. Der Hauptbestandteil ist venetianer
Terpentin, hier in Terpentinöl gelöst, und zwar
wie alle solchen Firnismischungen unter Zuhilfe-
nahme von Wärme im Wasserbad oder in heissem
Sand. Varianten des Firnisses, wobei Spiköl als
Lösungsmittel dient, finden wir in Nr. 239, 242.
Die Marginalnote weist auf eine vom Maler
Beicamp angegebene Manier der Bereitung im
Sand bade hin, ein Rezept, das in Nr. 308 aus-
führlich wiederkehrt. Zum Gebrauch wird dieser
auch hier als „gewöhnlicher" bezeichnete Maler-
Arnis mit gleichen Teilen hellem trocknenden
Leinöl oder mit Nussöl gemischt und in er-
wärmtem Zustand verwendet (S. 319 meines
Buches).
Zum zweiten Absatz (b):
Die Ueberschrift besagt, dass hier eine An-
weisung für einen Firnis folgt, „den man für
besser hält" (qu'on tient meilleure). Es ist die
Mischung von Terpentinbalsam mit Steinöl
(Petroleum), die in mancher Beziehung bemerkens-
wert ist, vor allem dadurch, dass hier das Stein-
öl als Lösungsmittel erwähnt ist. Im Mayerne-
Manuskript Anden sich nur noch zwei Stellen,
die Steinöl zu obigem Zwecke bezeichnen, und
zwar in einem Rezept (Firnis für Kästchen und
Kabinetts) nach der italienischen Quelle der Se-
creti des Birelli (Nr. 99, S. 189) und in der all-
gemein gehaltenen „Abhandlung über die
Firnisse", die, nach dem Signum T. M. zu
schliessen, von Mayerne selbst herrührt. Da heisst
es, wie bereits oben S. 44 erwähnt (Nr. IOI des
Manuskriptes):
„Die gebräuchlichsten Oele für feinere Fir-
nisse sind Terpentinöl, Spiköl und Steinöl
mit Terpentin selbst, welcher, obschon fett,
schliesslich langsam trocknet und den Firnis vor
Abschälen bewahrt."
Hier wird auf die nämliche Eigenschaft
des Nichtabblätterns verwiesen wie in Nr. /.
Mayerne spricht sogar von Versuchen, Ambra
(Bernstein) in Steinöl lösbar zu machen (a*. a. O.
Nr. 101).
Das Wichtigste ist jedoch, dass obiges Firnis-
rezept mit den Angaben der Italiener Borghini
und Armenini grösste Uebereinstimmung zeigen.
Borghini, dessen Buch „11 Riposo" übrigens
*) Hier sei auch noch der „Italienische Firnis"
(Vernix d'Italie) in Nr. 194 a des Manuskriptes erwähnt,
der am Schluss der Angaben des „Petit Peintre de
Mr. de St. Jehan" vermerkt ist und dieselben Ingre-
dienzien wie die obige hat, nur im Mischungsverhältnis
(gleiche Teile von Terpentin und Terpentinöl) ver-
schieden ist.