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Neue Bogenformen.
fassung Zusammentreffen (Fig. 133). Eine noch beliebtere und seit dem
XV. Jahrhundert geradezu tonangebende Maasswerkform ist das Fisch-
blasenmuster (Fig. 134), so genannt nach der unschönen und weich-
lichen Figur, welche entsteht, wenn der offene Kreis durch zwei
kleinere Halbzirkel in entgegengesetzter Richtung getheilt wird. Diese
sogenannten „Fischblasen“ wurden nun in allen nur denkbaren Com-
binationen zur Ausfüllung der Kreise, der sphärischen Drei- und Vierecke
verwendet, oder auch ohne weitere Einfassung mit Ihresgleichen zu viel-
gestaltigen den ganzen Fensterbogen ausfüllenden Mustern vereinigt (Fig. 135).
Zuerst wohl in Verbindung mit dieser reichen Fensterarchitektur
mögen denn auch die neuen Bogenformen entstanden sein, welche
seit dem XIV. Jahrhundert hin und wieder an die Stelle des bisher allein
gültigen Spitzbogens traten: der Kielbogen oder Eselsrücken (a) und
(b) der sogenannte Tudorbogen (Fig. 136). Die Entstehung des Ersteren,
der sich aus vier Kreissegmenten zusammensetzt, erklärt sich sehr wohl
aus dem Zusammentreffen eines Spitzbogens mit den divergirenden Seiten
zweier sphärischer Figuren: diese, mit ihren concaven Seiten spitz zu-
sammentreffend, bilden die obere, der Spitzbogen, indem man den Scheitel
desselben entfernt, die untere Hälfte einer Form, die man am besten mit
dem Durchschnitte eines Schiffskiels vergleicht. Eine ähnliche Form, nur
breiter und platt gedrückt, ist der sogenannte Tudorbogen. Beide Bögen
dienten übrigens meist nur zur Ueberspannung von kleineren Oeffnungen
insbesondere für Thüren. Nur in Einer der schweizerischen Kirchen, in
S. Marie - M adeleine zu Genf, ist der Tudorbogen für die Archi-
volten verwendet, mit denen sich das Langhaus gegen die südlich an-
stossenden Kapellen öffnet. Andere, aber gleichfalls nur in kleinerem
Maassstabe und zwar meistens an Profanbauten vorkommende Formen
sind der Stichbogen (Fig. 137 c), der aus einem flachen Segmente be-
steht, und ein gedrückter Rundbogen, der sogenannte Korbbogen
(Fig. 137 d). Endlich, in den spätgothischen Bauten des XVI. Jahrhunderts,
kömmt sehr häufig wieder der Rundbogen vor, und zwar nicht bloss
vereinzelt, an Fenstern, Thüren und Wanddecorationen, sondern in regel-
mässiger Wiederholung in Kreuzgängen und mitunter wohl auch in con-
sequenter Anwendung für den Gewölbebau.
Neue Bogenformen.
fassung Zusammentreffen (Fig. 133). Eine noch beliebtere und seit dem
XV. Jahrhundert geradezu tonangebende Maasswerkform ist das Fisch-
blasenmuster (Fig. 134), so genannt nach der unschönen und weich-
lichen Figur, welche entsteht, wenn der offene Kreis durch zwei
kleinere Halbzirkel in entgegengesetzter Richtung getheilt wird. Diese
sogenannten „Fischblasen“ wurden nun in allen nur denkbaren Com-
binationen zur Ausfüllung der Kreise, der sphärischen Drei- und Vierecke
verwendet, oder auch ohne weitere Einfassung mit Ihresgleichen zu viel-
gestaltigen den ganzen Fensterbogen ausfüllenden Mustern vereinigt (Fig. 135).
Zuerst wohl in Verbindung mit dieser reichen Fensterarchitektur
mögen denn auch die neuen Bogenformen entstanden sein, welche
seit dem XIV. Jahrhundert hin und wieder an die Stelle des bisher allein
gültigen Spitzbogens traten: der Kielbogen oder Eselsrücken (a) und
(b) der sogenannte Tudorbogen (Fig. 136). Die Entstehung des Ersteren,
der sich aus vier Kreissegmenten zusammensetzt, erklärt sich sehr wohl
aus dem Zusammentreffen eines Spitzbogens mit den divergirenden Seiten
zweier sphärischer Figuren: diese, mit ihren concaven Seiten spitz zu-
sammentreffend, bilden die obere, der Spitzbogen, indem man den Scheitel
desselben entfernt, die untere Hälfte einer Form, die man am besten mit
dem Durchschnitte eines Schiffskiels vergleicht. Eine ähnliche Form, nur
breiter und platt gedrückt, ist der sogenannte Tudorbogen. Beide Bögen
dienten übrigens meist nur zur Ueberspannung von kleineren Oeffnungen
insbesondere für Thüren. Nur in Einer der schweizerischen Kirchen, in
S. Marie - M adeleine zu Genf, ist der Tudorbogen für die Archi-
volten verwendet, mit denen sich das Langhaus gegen die südlich an-
stossenden Kapellen öffnet. Andere, aber gleichfalls nur in kleinerem
Maassstabe und zwar meistens an Profanbauten vorkommende Formen
sind der Stichbogen (Fig. 137 c), der aus einem flachen Segmente be-
steht, und ein gedrückter Rundbogen, der sogenannte Korbbogen
(Fig. 137 d). Endlich, in den spätgothischen Bauten des XVI. Jahrhunderts,
kömmt sehr häufig wieder der Rundbogen vor, und zwar nicht bloss
vereinzelt, an Fenstern, Thüren und Wanddecorationen, sondern in regel-
mässiger Wiederholung in Kreuzgängen und mitunter wohl auch in con-
sequenter Anwendung für den Gewölbebau.