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Institut Français d'Archéologie Orientale <al-Qāhira> [Hrsg.]; Mission Archéologique Française <al-Qāhira> [Hrsg.]
Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l'archéologie égyptiennes et assyriennes: pour servir de bullletin à la Mission Française du Caire — 34.1912

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Nr. 1-2
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Bissing, Friedrich Wilhelm von: "Apotheosis by drowning": (offner Brief an Herrn F. Ll. Griffith)
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https://doi.org/10.11588/diglit.12745#0048

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« APOTIIEOSIS IîY BROWNING »

Osiris, nicht erst seine Leiche im Nile untertaucht. Aber eine unbefangene Erklârung
wird das erstere annehmen, also voraussetzen, dass Seth den Osiris in den Nil gestossen
habe. Jedenfalls aber steht so viel fest : die Angabe der Londoner Inschrift ist un-
vertrâglich sowohl mit der Darstellung des Plutarch (de Iside, cap. 13) als auch des
Diodor (I, 21), die beide wieder von einander abweichen.

Es liât also einmal eine Osirissage gegeben, nach der der Gott durch die Fluten
des Nil entrùckt wurde und so zur Unterwelt und Gôttlichkeit einging. Nun kônnte
man ja meinen, das Sehicksal des Gottes sei vorbildlich auch fur die Menschen, seine
Verehrer, gewesen und in dem man die Toten dem Osiris gleichsetzte, seien die Er-
trunkenen besonders heilig gewesen. Der umgekehrte Weg ist wohl der Wahrschein-
lichere : diejenigen, die geheimnisvoll in den Fluten des Niles verschwanden, die ein
Opter der als furcbtbare Wesen scheu verehrten Krokodile und Nilpferde wurden,
gingen nach uraltem Volksglauben zu den Gôttern ein : Menés, der erste âgyptische
Kônig, sollte so geendet sein, und die griechischen Parallelen bezeugen die Allge-
meinheit solcher Vorstellungen. Da hat man, wohl in sehr alter Zeit, diesen Glauben
auch auf Osiris ubertragen, das Vorbild aller Menschen, die durch den Tod zu Gôttern
wurden. Und dabei fùgte sich dièse Todesart nicht recht in die weit verbreitetste
Gestalt der Sage ein, wonach Osiris Leiche zcrstùckelt und in viele Teile ùber das
ganze Land verbreitet wurde. Vielleicht stellt die Version des Plutarch von dem Sarg,
der in den Nil geworfen wird und dann von Isis gefunden wird, einen Compromiss
zwischen der gewôhnlichen Form und der hier behandelten dar.

Doch es kann nicht Zweck dieser Zeilen sein, die Osirissage zu analysieren. Nur
einen Hinweis lassen Sie mich noch hinzufùgen, den ich Wiedemanns Kommentar zu
Herodot, II, 30, verdanke : Plinius, n. h. VIII, 25 (38), 93, berichtet von den Ein-
wohnern von Dendere, sie hatten die Krokodile « voce etiam sola territos cogunt
evomere recentia corpora ad sepulturam ». Sie besassen also Zauberspruche, wie sie
uns ahnlich mehrfach uberliefert sind, um die Krokodile zu zwingen ihre Beute von
sich zu geben und den Toten vor dem entsetzlichen Leid zu bewahren, von dem uns
das Buch des Lebensmùden berichtet : keine ehrliche Bestattung zu erhalten1. Es
liegt hier also eine ubrigens im Altertum auch sonst verbreitete Anschauung zu
Grunde, die im Ertrinken nicht ein Entrucken zu den Gôttern, sondern ein schreckli-
chcs Sehicksal sieht, das der Seele die Ruhe nach dem Tode raubt2.

1. Es scheint mir noch nicht genùgend beachtet, dass der Ausgangspunkt des ganzen Dialogs eben die
Sortie des Menschen ist, dass er nach dem Selbstmord ohne regelrechte Bestattung bleiben und dann aller
Herrlichkeiten des Jenseits verlustig gehen niôchte. Da er vereinsamt ist, bittet der Mensch seine Seele um
diesen Liebesdienst. Indem die Seele sich weigert, ihn zu erfùllen und andrerseits verspricht, fur den Fall des
natiirlichen Todes dem Menschen beizustehen, zwingt sie ihn von seiuem Vorhaben abzustehen. Ich glaube
also, dass der Schluss ein anderer war, als Erman voraussetzte und halte dem gemâss auch die Aulïassung des
Buchs in Scuneiders « Kultur und Denken der alten Aegypter » fur verfehlt. (Siehe auch Rhode, Psyché'*, 217,
Anm. 5).

2. Vergl. etwa Vergil, Aenois, VI, 333 ff. : « Cernit ibi maestos et mortis honore carentes | quos simul a
Troia ventosa per aequora vectos | obruit. Auster aqua involvens navemque virosque. » Wàhrend des Druck's
gingen mir durch die Gùte des Verf. Wubei-s « drei Untersuchungen zur aegyptisch-griechischen Religion»
zu : seine Ausfûhrungen ùber den Tod des Antinous S. 20 und S. 22 ergânzen die meinigen vor allem durch
den vichtigen Hinweis auf Pap. Lond., 46, 258 ff., wonach Osiris drei Tage und Nâchte im Nile trieb.
 
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