Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein
— 29.1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.26487#0023
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Heft 1/2
DOI Artikel:Pfister, Kurt: Der Bildhauer Theodor Caspar Pilartz
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Abb. 1. Caspar Pilartz: Trauernde Frau (1914).
Der Bildhauer Theodor Laspar Pilartz.
s gibt im plastischen Schaffen der Gegenwart
keine entschcidende Begabung, die ohne eine
sehr aktive Auseinandersetzung mit dcn starken
Kräften der Bergangenheit denkbar ware. Solche Fest-
stellung ist keineswegs kritisch gemeint. Denn die Aus-
einandersetzung, von der hier die Rede ist, ist schöpfe-
risch, nicht nachahmend. Sie wurzelt letzten Grundes in
dcr kulturellen Struktur unserer Zeit, die mehr denn
sede frühere fähig und gewillt ist, das Erbe der Ber-
gangenheit im Erlebnis aufzusaugen und schaffend zu
verarbeiten; dann aber auch in der ungeheuerlichen
Bereinzelung und Vereinsamung des modernen Künst-
lers, die ihn zu ideellem Anschluß an das ihm art-
verwandte Werk der Vergangenheit nötigt; schließlich
in der spröden, jeder willkürlichen Sprengung der
Grenzen widerstrebenden Art des Materials.
Über Rodin als Bildhauer reden, heißt also dar-
legen, wie er, in Auscinandersetzung mit barocken
Gegebenheiten und den impressioniflischen Tendenzen
seiner Zeit scine Form gebaut hat. Und von Lehm-
bruck etwa wäre festzustellen, wie stark er die seinem
Stilwillen entgegcnkommende gotische Gebärde mit
i;
Der Bildhauer Theodor Laspar Pilartz.
s gibt im plastischen Schaffen der Gegenwart
keine entschcidende Begabung, die ohne eine
sehr aktive Auseinandersetzung mit dcn starken
Kräften der Bergangenheit denkbar ware. Solche Fest-
stellung ist keineswegs kritisch gemeint. Denn die Aus-
einandersetzung, von der hier die Rede ist, ist schöpfe-
risch, nicht nachahmend. Sie wurzelt letzten Grundes in
dcr kulturellen Struktur unserer Zeit, die mehr denn
sede frühere fähig und gewillt ist, das Erbe der Ber-
gangenheit im Erlebnis aufzusaugen und schaffend zu
verarbeiten; dann aber auch in der ungeheuerlichen
Bereinzelung und Vereinsamung des modernen Künst-
lers, die ihn zu ideellem Anschluß an das ihm art-
verwandte Werk der Vergangenheit nötigt; schließlich
in der spröden, jeder willkürlichen Sprengung der
Grenzen widerstrebenden Art des Materials.
Über Rodin als Bildhauer reden, heißt also dar-
legen, wie er, in Auscinandersetzung mit barocken
Gegebenheiten und den impressioniflischen Tendenzen
seiner Zeit scine Form gebaut hat. Und von Lehm-
bruck etwa wäre festzustellen, wie stark er die seinem
Stilwillen entgegcnkommende gotische Gebärde mit
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