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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 29.1919

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Heft 11/12
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Loeschke, Reinhard: Zur Raumgestaltung in der Malerei
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Schuster, Erich: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.26487#0272

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Gedichte eon Crich Schuster.

nun in stumpfem Winkel zueinander. Wir haben eine
segenannte falsche Perspektive.

Gerade heute, wo wir wieder mitten in einer Um-
stellung des Menschen zur Welt stehen und diese Um-
stellung auch in der bildenden Kunst sich krampshaft zu
äußern versucht, gerade heute schien es mir nicht un-
interessant, anzudeuten, wie in anderen Ieiten der
Begrifs „Weltanschauung" beini bildenden Künstler sich
deckte mit dem Wort in seiner eigentlichen Bedeutung.
Vor diesen starken Raumerlebnissen des alten Goya
spürt man es plötzlich, woher das Wort eigentlich kommt
und wie weise die Sprache eö gepragt hat.
s879ss Maler Reinhard Loeschcke.

Anmerkung: Die erwähntcn Blätter Gonas findet mm
rcproduziert in „Meister der Graphik" Band IV.

edichte von Erich Schuster.

Mat-ia Immaculata.

Maria stand zur Mitternacht,
so wehe tät ihr werden.

„Auf, ihr Gesellen, geht und macht
mein^ Bett in kühler Erden."

Awölf Knaben bang, zwölf Knaben gut,
wir haben dich getragen.

Ein dürres Jungfernkränzchen ruht
auf deinem schwarzen Schragen.

Iwölf Mägdlein froh zum Tanz geschmückt
traf ich in dieser Stunden.

Wer wohl mein Rvslein mir gepflückt?

Hab's ninimermehr gefunden.

Fronleichnam.

Jesus Christus, dich trugen sie heut
durchs Städtchen.

Und die lieben Mädchen,

ein himmelblaues Band ani Kleide,

sangen selig deineni Leibe.

Jesus Christus, nun stehst du wieder
in goldner Ecken.

Doch hinter der Hecken,

wo die Blumen blühen und die Lerchen steigen,
will ich dir mein Schätzlein zeigen.

Hat still und traumversonnen
mein warten müssen.

Nun will ich es küssen,
das Liebste mir im Lande,

mein Jesuskind im weißen Kleid mit himmelblauem
Bande!

Gefangenenglaube.

Das heilige Krokodil spricht:

Jm glühenden Sande lieg ich und wälze die hölzernen
Glieder.

Jn meergrüne Tiefen versenk ich die Augen

verderbendämmernd dem stählernen Fremdling.

Lieblich leuchtend durch milde Täler

dem Priester im funkelnden Barte,

der mir den Segen

verschlafner Jahrtausende

murmelt.

DostojewSky.

Maisonne lag auf grüner Flur und samtnem Rain,
da wollt der Heiland Jesus Christ zum Himmel ein.
Erlös uns, Gott und Herre.

Mariensohn, du Gotteskind, dein' Mutter klagt in
Schmerzen:

Verloren wieder, zweimal tot. Wer hilft dcm armen
Herzen?

Bleib bei uns, Herre, bleib.

Vergebens fleht. Weil er den Tod von Angesicht erblickte,
dankt er dem Vater, der ihm Hilfe schickte.

Der Weltenheiland! Schwach und wehe w.ird cr nur,
als er in Wolkenmajestat zuni Himmel fuhr:

Erlös dich, Gott und Herre.

Spruch.

Greise sind wir und alt geboren.

Nur im Traume zu Helden erkoren.

Was wir erhofften, ward.

Andern drob wurden die Hände hart.

Nun sitzen wir und sinnen,
waö wir Neues beginnen.

Möchten drum gern unser Leben verliercn.

Doch was ist, kann uns nicht verführen.

Peter und Paul.

Nun flüstert Gesindel, eure Klugheit blüht,
der Mittag ob den Feldern glüht.

Die Roggenmuhme verzieht das Maul:

Nur stille, ihr Kleinen, vor Peter und Paul!

Ach geb mir, mein Schatz, mit Paul und mit Peter!
Der Tag ist lang, doch unser Schatten brennt später.
Und sprüht unser Schatten goldlichten Glanz,
dann flichst du mir einen Kornblumenkranz.

Und gähnend lieg ich im Schoß dir und faul
und blinzle auf Peter und blinzle auf Paul.

Denk auch: was soll das Gezeter,

wir alle lieben den Paul nach dem Peter.

Und ehren den Himmel vom Heil'genschein gewoben.
Ave Marie! Gottvater mag sich loben.

Heimkehr.

Meinen Blümlein wollt ich sagen,
daß es still und Herbst im Tal.

Daß sich stumm die Linden neigen,
daß die bunten Wiesen schweigen.

Stolze Lilien, krank und fahl.

Meinem Röslein wollt ich sagen,
wie der Sonne Glut mich trieb.

Sturmwind riß es in die Lande.

Nur ein blasses Blatt im Sande
war, was meinen Küssen blieb.

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