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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 29.1919

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Heft 5/6
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Cohen, Walter: Neue Graphik von Heinrich Nauen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26487#0101

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seinen Werken lebt. Darf man hmzufügen, daß bei
solcher mehr summarischer Charakteristik doch jenes
leichtflüssige, irrlichterierende, echt rheinisch - romantische
Element zu kurz gekommen ist, das sich in Eulen-
bergs Dramen in so vielfältiger Vermummung und
im Grunde doch immer gleichbleibcnd in den Figuren
geistreicher Narren und sprudelnd überschäumender
Jugend ausspricht?

Der Steindruck mit dem Bildnis des Düffeldorfer
Kunsthändlers Flechtheim sei hier abgebildet, weil er
mit der bedeutungsvollen Heranziehung der Hand, die
auch schon auf dem Selbstbildnis mitsprach, eine glück-
liche Abrundung auch im Kompositionellen crreicht.
Das Technische ist wohl absichtlich etwas im Derben
steckengeblieben. Verfeinerter erscheint es in dem Bild-
niskopfe deö Berliner Kunstgelehrten und Kunstfreundes
vr. Walter Kaesbach, cin Blatt, daS mir zu den
reifsten graphischen Arbeiten Nauens zu gehören scheint.
Hier, wie in den meisten andern SteindruckporträtS,
ist aus dem Schwarzweiß das letzte an Wirkung heraus-
geholt. Sehr lebhaft, mehr als es unsere Abbildungen
ahnen laffen, spricht in allen Fällen die große Fläche
unbedruckten weißen Papiers als Umrahmung mit.

Heinrich Nauen als Bildniskünstler ist ganz das,
waS er auch als Maler von Landschaften, Blumen und
„Historien" erscheint: er gibt sich, wie Mahlberg es
ausdrückte, episch an die Breite des Lebens hin. Viclen
wird er nicht subtil genug sein. Andere, wie z. B. die
kluge Berliner Kunstforscherin vr. Grete Ring, suchen
Entlehnungen bei ihm (Kunstchronik l9I9, Nr. Zl). Er
hat sich häufig anregen lassen, aber eigentlich von alten

Abb. 4.

H. Nauen: Stilleben (Radierung) l-14.

Abb. Z. H- Nauen:

Bildnis Herbert Culenberg (Steindruck) l»Id.

Meistern, z. B. Grünewald, mehr alS von den neueren.
Diese Einflüsse sind bei Nauen so innerlich verarbeitet,
so ganz Bestandteil von Eigenkunst geworden, daß es
mir kleinlich erscheint, ihnen wie ein Detektiv nach-
zuspüren. DaS Strotzend - Gesunde, das die Farben-
gebung Naucns auszeichnet, spricht sich auch in den
Steindrucken, noch in der Beschränkung auf Schwarz-
weiß, auS und vielleicht liegt geradc hier die Ursache,
daß allzu Verwöhnte und Übersättigte nicht den Wcg
zu der in gutem Sinne bodenständigen Kunst des
RheinländerS zu findcn vcrstehen. Den energischen
Willen zum Rhythmus, einem neuen Rhythmus, der
in den Gemälden Form und Farbe in ganz eigner Art
eint, werden aber auch die Widerwilligen kaum über-
sehen!

Auch die Radierungen Nauens, von denen zum
Vergleich einige älteren Datumö wiedergegeben seien,
haben nur langsam ihren Weg gemacht. Allzu unzart
für diese Technik erschien auch mir in früheren Jahren
die holzschnittartige Behandlung deS weichen Metalls.
Erst später ging mir auf, wie angemessen dem kühnen
Raumbildungsdrang gerade diese sprödere, auf Aqua-
tintaiAirkung sast ganz verzichtcnde Radierkunst erscheint.
Zumal die Blätter auS dcm heimatlichen Park Dilborn
überraschen durch eine aller landschaftlichen Konvention
ferne, selten großzügige Raumgcstaltung. Alles in
dieser Art ist etwaö zackig, hart und spitz in der Form,
so gar nicht einschmeichelnd, nicht gerundet und nicht
sich anschmiegend. Um sie zu lieben, muß man diese

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