mische Wirkung umgesetzt; da-
durch sieht dcr Beruhigung der
äußercn Gesamtformen in jedem
einzelnen Moment cine starke
innere Spannung entgegen. Dic
straffen Arme in Relation mit
den schmalen, saulcnhaften Bei-
nen bilden die strenge Rah-
mung; der Umriß zeigt nur leicht
abgetönte, rhythmisierte Schwcl-
lungen; eine starkcre Einziehung
der Masse an den Fußknöcheln
z. B. würde dicsen Rhythmus
unterbrechen und die Bildform
geradezu untergrabcn. Aller-
dings wirkt heute die lehmige
Patina an den Füßen etwas
nachteilig. Die Schulterlinie,
die in der Sockellinic sich wieder-
holt, bedeutet die wagerechte
Bindung der strengen Senk-
rechten des ällßeren Unirisses.
Wie diese durch die Rumpf-
und Hüftlinien und durch die
wciche schattige Senkung zwi-
schen den Beincn in einen be-
wegteren Ablauf umgewandelt
werden, so die wagerechte Linie
der Schultern durch Brust und
Leib, wobei zugleich die linearcn Profilwerte in rund-
plastische übergeführt werden. Dieser ganze Körper-
aufbau — die ruhig festen Beine, der schnral zusammen-
gefaßtc Leib, die starken Brüste, die herben Schultern —
ist durchdrungen von einer vitalen Schönheit; im Kopf
aber scheint dieser herbe Leib erst aufzublühen. Das
Haar und die Ohren sind in die einheitliche Rundmasse
des Kopfes, die im Kinn und Halsansatz besonders betont
wird, mit einbezogen; durch die einheitliche Ausrundung
wird der plastische Akzent der an sich nur schwach an-
gedeuteten Gesichtsertremitäten erst zur Wirkung ge-
bracht. Die leichte Aufwärtsrichtung dcs Kopfes gibt
dem weitausschaucnden Blick cine ergreifende Aktivität.
Dies stillc, glühcnde Madchcn gehört ganz der Familie
der alten Statuen, wie des Ti, Ranofer, Rahotep und
der Nofrit an. Nicht uncrwähnt soll die schöne braune
Patina des buchsharten, ganz unporösen, polierten
Holzes bleiben.
Diesen beiden memphitischen Arbeiten möchte ich
die Holzstatuette Abb. 4 anreihen, nur daß diese cinem
ganz anderen Milieu angehört. Das Kairener Museum
besitzt eine große Anzahl solcher einfachen Holzfiguren,
die als die Ka-Figuren der ärmeren Bevölkerung anzu-
sehen sind. Die Gestalten sind in der ihnen beruflich
obliegenden Beschäftigung dargestellt, sicherlich billige
Arbeiten einfacher Handwerksleute in einem einsachen
Material. An solcher Figur aber läßt sich gerade feststellen,
wie hoch das allgemeine künstlerische Niveau in der da-
Maligen Aeit war, wie gewisse Konipositions- und Form-
Motive Ällgemeingut waren, und wie auch realistische
Motive den Rahmen strenger Bildmäßigkeit nicht zer-
sprengen. Die körperliche Erscheinung ist trotz der koni-
plizicrtcn Haltung einer ge-
schlossenen Bildlichkeit eingeord-
net worden; die plastischen Ak-
zente sind geschickt verteilt und
in Beziehung gesetzt. Der Leib
ist entsprechend der vorspringen-
den Beinpartie etwas vorge-
baut; die rundlichen Arme lockern
diese etwas massige Spannung
des Rumpfes; die geraden ecki-
gen Schultern stehen gut zu der
harten und spitzigen Kniepartie.
Allerdings ist in der Beinpartie
eine handwerksmäßige Banalität
nicht zu verkennen. Der kahle
Schädel und das kraftig und derb
durchmodellierte Gesicht zeigen
aber eine frische und sichere Jn-
tensität.
Vergleicht man das Gesicht
diescr Figur mit den beiden
voraufgegangenen, so fällt trotz
aller Verschiedenheit doch eine
gewisse psychische Übereinstim-
mung im Ausdruck auf, die auch
sonst typisch ist für die Arbeiten
der memphitischen Ieit: eine
unzerstörbare, entschlossene Gläu-
bigkeit, eine monumentale Ge-
wißheit voll Auversicht und großer Erwartung und ein
hingegeben großes Schauen. Dies Ethos, das in ihnen
ist und wirkt, reiht dem formalen Wert dieser Werke
zugleich cine hohe menschliche Bedeutung an.
Diese Gleichheit im psychischen Ausdruck wird augen-
fälliger, wenn man den Kopf Abb. 5 dagegen hält.
Ein ganz anderer Geist spricht aus diesem Gesicht, der
Geist einer anderen Aeit. Der Kopf dürfte in die Nähe
der Statuen des Amenemhet III. und Senwosret III. zu
setzcn scin. Awischen den Werken Abb. 2 u. 3 und diesem
Kopf liegen also die ganzen Jahrhunderte des Nieder-
ganges von der sechsten Dynastie an bis zum Aufbau
Thebens; ein thebanisches Werk des mittleren Reiches
gegenüber einem memphitischen des alten Reiches.
Realistische Tendenzcn sind unverkennbar. Die formale
Einordnung in eine übergeordnete Form besteht auch
hier, aber nur als Rahmung; die plastischen Werte und
die linearen Momente verdichten sich nicht mehr zu
typischen Formbegriffen, sondern werden niit charakter-
mäßiger Bedeutung angefüllt und erhalten dement-
sprechend einen ungleich reicheren Aktionsumfang. Jn
dicsem Kopf steht nicht mehr die Verbildlichung königlich-
mythischer Vorstellungen im Vordergrund, sondern die
Jndividualitat einer persönlichen Erscheinung, die psycho-
logisch verdichtet und formal gebunden wird. Ein kahler,
intelligenter Schadel, große, etwas brutale Ohren,
schniale und harte Augen, ein straffes Kinn und ein
schwermütig müder Mund mit schmalen zusammcn-
gekniffenen Lippen. Der Ausdruck solcher verfeinert
kalten Jntelligenz voll Härte und Energie ist während
der zwölften Dynastie öfter zu finden, jedoch scheint es
sich hierbei um eine zeitlich begrenzte Ströniung zu
Abb. 7. Relief (Kalkstein).
durch sieht dcr Beruhigung der
äußercn Gesamtformen in jedem
einzelnen Moment cine starke
innere Spannung entgegen. Dic
straffen Arme in Relation mit
den schmalen, saulcnhaften Bei-
nen bilden die strenge Rah-
mung; der Umriß zeigt nur leicht
abgetönte, rhythmisierte Schwcl-
lungen; eine starkcre Einziehung
der Masse an den Fußknöcheln
z. B. würde dicsen Rhythmus
unterbrechen und die Bildform
geradezu untergrabcn. Aller-
dings wirkt heute die lehmige
Patina an den Füßen etwas
nachteilig. Die Schulterlinie,
die in der Sockellinic sich wieder-
holt, bedeutet die wagerechte
Bindung der strengen Senk-
rechten des ällßeren Unirisses.
Wie diese durch die Rumpf-
und Hüftlinien und durch die
wciche schattige Senkung zwi-
schen den Beincn in einen be-
wegteren Ablauf umgewandelt
werden, so die wagerechte Linie
der Schultern durch Brust und
Leib, wobei zugleich die linearcn Profilwerte in rund-
plastische übergeführt werden. Dieser ganze Körper-
aufbau — die ruhig festen Beine, der schnral zusammen-
gefaßtc Leib, die starken Brüste, die herben Schultern —
ist durchdrungen von einer vitalen Schönheit; im Kopf
aber scheint dieser herbe Leib erst aufzublühen. Das
Haar und die Ohren sind in die einheitliche Rundmasse
des Kopfes, die im Kinn und Halsansatz besonders betont
wird, mit einbezogen; durch die einheitliche Ausrundung
wird der plastische Akzent der an sich nur schwach an-
gedeuteten Gesichtsertremitäten erst zur Wirkung ge-
bracht. Die leichte Aufwärtsrichtung dcs Kopfes gibt
dem weitausschaucnden Blick cine ergreifende Aktivität.
Dies stillc, glühcnde Madchcn gehört ganz der Familie
der alten Statuen, wie des Ti, Ranofer, Rahotep und
der Nofrit an. Nicht uncrwähnt soll die schöne braune
Patina des buchsharten, ganz unporösen, polierten
Holzes bleiben.
Diesen beiden memphitischen Arbeiten möchte ich
die Holzstatuette Abb. 4 anreihen, nur daß diese cinem
ganz anderen Milieu angehört. Das Kairener Museum
besitzt eine große Anzahl solcher einfachen Holzfiguren,
die als die Ka-Figuren der ärmeren Bevölkerung anzu-
sehen sind. Die Gestalten sind in der ihnen beruflich
obliegenden Beschäftigung dargestellt, sicherlich billige
Arbeiten einfacher Handwerksleute in einem einsachen
Material. An solcher Figur aber läßt sich gerade feststellen,
wie hoch das allgemeine künstlerische Niveau in der da-
Maligen Aeit war, wie gewisse Konipositions- und Form-
Motive Ällgemeingut waren, und wie auch realistische
Motive den Rahmen strenger Bildmäßigkeit nicht zer-
sprengen. Die körperliche Erscheinung ist trotz der koni-
plizicrtcn Haltung einer ge-
schlossenen Bildlichkeit eingeord-
net worden; die plastischen Ak-
zente sind geschickt verteilt und
in Beziehung gesetzt. Der Leib
ist entsprechend der vorspringen-
den Beinpartie etwas vorge-
baut; die rundlichen Arme lockern
diese etwas massige Spannung
des Rumpfes; die geraden ecki-
gen Schultern stehen gut zu der
harten und spitzigen Kniepartie.
Allerdings ist in der Beinpartie
eine handwerksmäßige Banalität
nicht zu verkennen. Der kahle
Schädel und das kraftig und derb
durchmodellierte Gesicht zeigen
aber eine frische und sichere Jn-
tensität.
Vergleicht man das Gesicht
diescr Figur mit den beiden
voraufgegangenen, so fällt trotz
aller Verschiedenheit doch eine
gewisse psychische Übereinstim-
mung im Ausdruck auf, die auch
sonst typisch ist für die Arbeiten
der memphitischen Ieit: eine
unzerstörbare, entschlossene Gläu-
bigkeit, eine monumentale Ge-
wißheit voll Auversicht und großer Erwartung und ein
hingegeben großes Schauen. Dies Ethos, das in ihnen
ist und wirkt, reiht dem formalen Wert dieser Werke
zugleich cine hohe menschliche Bedeutung an.
Diese Gleichheit im psychischen Ausdruck wird augen-
fälliger, wenn man den Kopf Abb. 5 dagegen hält.
Ein ganz anderer Geist spricht aus diesem Gesicht, der
Geist einer anderen Aeit. Der Kopf dürfte in die Nähe
der Statuen des Amenemhet III. und Senwosret III. zu
setzcn scin. Awischen den Werken Abb. 2 u. 3 und diesem
Kopf liegen also die ganzen Jahrhunderte des Nieder-
ganges von der sechsten Dynastie an bis zum Aufbau
Thebens; ein thebanisches Werk des mittleren Reiches
gegenüber einem memphitischen des alten Reiches.
Realistische Tendenzcn sind unverkennbar. Die formale
Einordnung in eine übergeordnete Form besteht auch
hier, aber nur als Rahmung; die plastischen Werte und
die linearen Momente verdichten sich nicht mehr zu
typischen Formbegriffen, sondern werden niit charakter-
mäßiger Bedeutung angefüllt und erhalten dement-
sprechend einen ungleich reicheren Aktionsumfang. Jn
dicsem Kopf steht nicht mehr die Verbildlichung königlich-
mythischer Vorstellungen im Vordergrund, sondern die
Jndividualitat einer persönlichen Erscheinung, die psycho-
logisch verdichtet und formal gebunden wird. Ein kahler,
intelligenter Schadel, große, etwas brutale Ohren,
schniale und harte Augen, ein straffes Kinn und ein
schwermütig müder Mund mit schmalen zusammcn-
gekniffenen Lippen. Der Ausdruck solcher verfeinert
kalten Jntelligenz voll Härte und Energie ist während
der zwölften Dynastie öfter zu finden, jedoch scheint es
sich hierbei um eine zeitlich begrenzte Ströniung zu
Abb. 7. Relief (Kalkstein).