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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 29.1919

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Heft 7/8
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Schmidt, Paul Ferdinand: Karl Morgenstern (1811 - 1893)
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https://doi.org/10.11588/diglit.26487#0164

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Äarl Morgenstern.

innerung und seines Stils; Aufträge kamen und for-
derten Berücksichtigung ihres Jdeals, und so kam in
das reine Bild seiner Jugendzeit die Frage nach der
Stimmung, nach der angenehmen romantischen Fär-
bung. Morgenstern war sicherlich subjektiv vollkommcn
ehrlich, als er jene berühmte Bläue seiner Meere fand
und stolz darauf war, das Ultramarin dazu mit eigener
Hand zuzubereiten. Aber er ware nicht von selber diesen
bergabsührenden Weg gegangen. Es sind uns Briefe
vom Grafen Schack erhalten, die den Druck offenbaren,
den die Umwelt auf den Maler ausgeübt hat. Wir
wissen ja auch aus der Geschichte Böcklins, Feuerbachs
und anderer Künstler, wie herrisch Schack mit ihrer
Kunst umzuspringen pflegte; und er galt und war sicher-
lich noch einer der Feinfühligen: was mögen erst die
gewöhnlichen Besteller gesagt und verlangt haben!
Jn den meisten Briefen spricht sich der Graf nun zwar
mit Begeisterung, ja Entzücken über Morgensterns Bilder
aus (die er nota dsns mit 350 ft. für das Paar bezahlte).
Aber er kann es nicht lassen, Vorschriften zu machen;
und so hören wir denn (und wissen, was wir davon zu

halten haben) in einem Brief vom 6. Januar 1862:
„Jch wünsche, daß Sie dasselbe (Palermo) ungefähr
in dem Kolorit von Tassos Haus halten möchten, bei
Sonnenuntergang, nicht bei voller Tagesbeleuchtung;
ich wünsche tiefe, satte Farben, dunkles Blau des
Meeres und starken Wellenschlag, überhaupt
brillante Wirkung."

Wie Morgenstern, ist es vielen deutschen Malern des
19. Jahrhunderts ergangen: daß sie in der Jugend einen
kühnen Aufflug nahmen und dann nicht halten konnten,
was sie versprachen. Es ist müßig, darüber zu trauern.
Freuen wir uns, daß wir sein Iugendwerk haben — es
ist freilich bei der Versteigerung seines Nachlasses in
Frankfurt zerstreut worden — und daß er sich darin
als ganzer Mann zeigt. Seine kunstgeschichtliche Stellung
in der Generation der bahnbrechenden Realisten wird
nun wohl feststehen, nachdem man diese Sachen kennt.
Jn dreifach lokaler Ausprägung hat sie sich enthüllt:
in Frankfurt a. M. als Vorwegnahme von Dielmann
und Peter Becker; in München an der Seite Christian
Morgensterns; und in Rom als Genosse Martin Rohdens.
f854) Paul F. Schmidt.

Karl Morgenstern. Baumstudle (etwa 1837).
 
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