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Ruskin, John
Ausgewählte Werke in vollständiger Übersetzung (Band 8): Steine von Venedig (Teil 1) — Leipzig, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.3793#0363
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MAUERVORHANG UND SÄULENSCHAFT

§ 1. Kein Gegenstand hat ein weiteres Feld zum Streit
unter den Architekten dargeboten als die Dekoration des
Wand-Vorhangs, weil keine Verzierung naturgemäß aus
seiner Konstruktion herauszuwachsen schien; und ebenso-
wenig konnten seiner Oberfläche Krümmungen gegeben
werden, die groß genug waren, um besonderen Eindruck
auf das Auge hervorzubringen. Er ist daher eine Art von
allgemeinem Spielraum für Experimente mit den verschie-
densten Arten von Flächen-Dekoration geworden, oder ganz»
lieh dem Mosaikarbeiter oder dem Freskomaler überlassen
geblieben. Aber wir können vielleicht aus dem in Kap. V
vorgebrachten schließen, dass es eine Art von Verzierung
giebt, die in der That naturgemäß seiner Konstruktion folgt.
Denn es ist vollkommen natürlich, dass die verschiedenen
Arten von Steinen, die bei seinen aufeinander folgenden
Schichten verwendet werden, von verschiedenen Farben
sind, und es giebt viele Verbindungen und Analogien, welche
metaphysisch die Einführung von horizontalen Streifen von
Farben, oder von Licht und Schatten, rechtfertigen. Sie
sind erstens ein gewisser Ausdruck des Wachstums oder
Alters der Wand, gleich den Ringen im Holz eines Baumes;
dann sind sie ein weiteres Symbol von der Abwechselung
zwischen Licht und Schatten, die weiter oben als die Quelle
des Reizes vieler untergeordneter Profile angeführt wurde;
ferner sind sie wertvoll als Ausdruck horizontalen Raumes für
die Einbildungskraft, ein Raum, der durch seinen Gegensatz
zu der einschließenden Kraft der Mauer dieser selbst größere
 
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