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Ruskin, John
Ausgewählte Werke in vollständiger Übersetzung (Band 8): Steine von Venedig (Teil 1) — Leipzig, 1903

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.3793#0207
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DER STREBEPFEILER

§ 1. Wir haben uns bisher nur mit der Unterstützung
senkrechten Druckes beschäftigt und Bogen und Dach als
Formen von abstrakter Kraft betrachtet, ohne Beziehung
auf die Mittel, durch welche ihrem seitlichen Druck be-
gegnet werden sollte. Wenige Leser werden jetzt daran
erinnert werden müssen, dass jeder Bogen oder Giebel, der
an seiner Basis nicht durch Balken oder Zugstangen ver-
bunden ist, einen seitlichen Druck auf die Mauern ausübt,
die ihn tragen, — einen Druck, dem allerdings begegnet
werden kann, indem man die Stärke der Mauer oder der
senkrechten Pfeiler vergrößert, und dem wirklich bei den
meisten italienischen Gebäuden so begegnet wird, dem aber
mit geringerem Aufwand von Material und (vielleicht) an-
mutigerer Wirkung, durch eine besondere Art von Vor-
kehrung gegen seitlichen Druck begegnet werden kann, die
man Strebepfeiler nennt. Diese haben wir daher zunächst
zu prüfen.

§ 2. Strebepfeiler sind von verschiedenster Art, je nach
dem Charakter und der Richtung der seitlichen Kräfte,
denen sie Widerstand leisten sollen. Aber ihre erste große
Einteilung besteht in Strebepfeilern, welche der Kraft be-
gegnen und sie ablenken, bevor sie die Mauer erreicht, und
in Strebepfeilern, die auf der Leeseite der Mauer stehen
und sie gegen die Kraft stützen.

Die seitlichen Kräfte, welche Mauern auszuhalten haben,
sind von drei verschiedenen Arten: tote Last, wie durch
Mauerwerk oder stehendes Wasser; bewegliche Last, wie
 
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