29 Hans Holbein d.Ä., Selbstbildnis und Bildnis des Sohnes Hans als Bettler, Ausschnitt aus
dem rechten Flügel des Sebastians-Altars, München, Alte Pinakothek
Doch noch ein weiteres Familienmitglied ist hier im Porträt festgehalten
worden, denn das Modell für den aussätzigen Knaben zur Rechten der
Elisabeth dürfte nach Ausweis von Holbeins Berliner Silberstift-Doppel-
bildnis von 1511 (Abb. 30)40 sein jüngerer Sohn Hans gewesen sein - man
vergleiche den Kontur des auf beiden Darstellungen gleichartig ins Drei-
viertelprofil gewendeten Kopfes, das kugelige Kinn, die vollen, leicht zum
»Schmollmund« aufgeworfenen Lippen, die kurze Nase mit den ausge-
prägten Nasenflügeln, schließlich die relativ nahe beieinanderstehenden
Augen.41
Wiederholt ist zwischen den Figuren der Mitteltafel und jenen der Flü-
gelinnenseiten ein stilistischer Unterschied beobachtet worden, so jüngst
erneut durch Rüdiger an der Heiden, der bei den Tafeln mit Barbara und
Elisabeth von »wesentlicher Werkstattbeteiligung« ausgehen wollte.42
Das Datum 1516 ist, wie schon erwähnt, nur apokryph überliefert, doch
wenn es zutreffen sollte, dürfte es den Termin der Fertigstellung markie-
ren - ein Arbeitsbeginn schon im Jahre 1515 wäre damit nicht unwahr-
scheinlich. So könnte man grundsätzlich auch nach einer Beteiligung der
beiden Holbein-Söhne an der Ausführung des Sebastians-Altars fragen.
Daß beide von ihrem Vater im Rahmen ihrer Ausbildung bei größeren
Aufträgen herangezogen wurden, dürfte nicht zu bezweifeln sein. Für die
Identifikation ihres jeweils möglichen Anteils fehlt uns aber jeder
Anhaltspunkt, da es bisher nicht einmal möglich gewesen ist, die spezifi-
sche »Handschrift« der dokumentierten langjährigen Gehilfen Sigmund
30 Hans Holbein d.Ä., Bildniszeichnung der beiden Söhne Ambrosius und Hans, Berlin,
Staatliche Museen, Kupferstichkabinett
Holbein oder Leonhard Beck - etwa am Frankfurter Dominikaner-
Altar - sicher zu identifizieren.43
Als das Bildnis eines Mannes vor einem Architekturrahmen, heute im
Chrysler Museum in Norfolk, Virginia, zu Anfang der 1920er Jahren auf-
tauchte, wurde auch dieses (leider stark verputzte) Gemälde zunächst
Hans Holbein d. J. zugeschrieben (Abb. 3i).44 Das auf 151 [7?] datierte
Bild wurde von Paul Ganz zunächst als Porträt des Luzerner Schulthei-
ßen lakob von Hertenstein betrachtet - jenes Mannes also, der in den
31 Hans Holbein d.Ä., Bildnis eines Mannes, Norfolk, Chrysler Museum
Vater und Bruder: Vorbilder, Mitarbeiter, Konkurrenten? 67
dem rechten Flügel des Sebastians-Altars, München, Alte Pinakothek
Doch noch ein weiteres Familienmitglied ist hier im Porträt festgehalten
worden, denn das Modell für den aussätzigen Knaben zur Rechten der
Elisabeth dürfte nach Ausweis von Holbeins Berliner Silberstift-Doppel-
bildnis von 1511 (Abb. 30)40 sein jüngerer Sohn Hans gewesen sein - man
vergleiche den Kontur des auf beiden Darstellungen gleichartig ins Drei-
viertelprofil gewendeten Kopfes, das kugelige Kinn, die vollen, leicht zum
»Schmollmund« aufgeworfenen Lippen, die kurze Nase mit den ausge-
prägten Nasenflügeln, schließlich die relativ nahe beieinanderstehenden
Augen.41
Wiederholt ist zwischen den Figuren der Mitteltafel und jenen der Flü-
gelinnenseiten ein stilistischer Unterschied beobachtet worden, so jüngst
erneut durch Rüdiger an der Heiden, der bei den Tafeln mit Barbara und
Elisabeth von »wesentlicher Werkstattbeteiligung« ausgehen wollte.42
Das Datum 1516 ist, wie schon erwähnt, nur apokryph überliefert, doch
wenn es zutreffen sollte, dürfte es den Termin der Fertigstellung markie-
ren - ein Arbeitsbeginn schon im Jahre 1515 wäre damit nicht unwahr-
scheinlich. So könnte man grundsätzlich auch nach einer Beteiligung der
beiden Holbein-Söhne an der Ausführung des Sebastians-Altars fragen.
Daß beide von ihrem Vater im Rahmen ihrer Ausbildung bei größeren
Aufträgen herangezogen wurden, dürfte nicht zu bezweifeln sein. Für die
Identifikation ihres jeweils möglichen Anteils fehlt uns aber jeder
Anhaltspunkt, da es bisher nicht einmal möglich gewesen ist, die spezifi-
sche »Handschrift« der dokumentierten langjährigen Gehilfen Sigmund
30 Hans Holbein d.Ä., Bildniszeichnung der beiden Söhne Ambrosius und Hans, Berlin,
Staatliche Museen, Kupferstichkabinett
Holbein oder Leonhard Beck - etwa am Frankfurter Dominikaner-
Altar - sicher zu identifizieren.43
Als das Bildnis eines Mannes vor einem Architekturrahmen, heute im
Chrysler Museum in Norfolk, Virginia, zu Anfang der 1920er Jahren auf-
tauchte, wurde auch dieses (leider stark verputzte) Gemälde zunächst
Hans Holbein d. J. zugeschrieben (Abb. 3i).44 Das auf 151 [7?] datierte
Bild wurde von Paul Ganz zunächst als Porträt des Luzerner Schulthei-
ßen lakob von Hertenstein betrachtet - jenes Mannes also, der in den
31 Hans Holbein d.Ä., Bildnis eines Mannes, Norfolk, Chrysler Museum
Vater und Bruder: Vorbilder, Mitarbeiter, Konkurrenten? 67