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Sander, Jochen; Holbein, Hans
Hans Holbein d. J.: Tafelmaler in Basel ; 1515 - 1532 — München, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.19342#0227

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tifizierenden religiösen Gemälden genannt, darunter auch »Ung beau tableau de la Nati-
vite Nostre Seigneur que a faict maistre Andre de Solario, peintre de monseigneur« und
»Le tableau de Perusin ou est la deposicion de Jesus-Christ avec plusieurs personnages«;
vgl. Achille Deville, Comptes et depenses de la construction du chäteau de Gaillon,
publies d'apres les registres manuscrits du tresorier du Cardinal d'Amboise, dans la col-
lection des documents inedits de l'histoire de France, Paris 1850, S. 539f. Zu Georges
d'Amboise als Bauherr und Kunstsammler vgl. Genevieve Souchal, Le mecenat de la
famille d'Amboise; in: Bulletin de la Societe des Antiquaires de l'Ouest et des Musees de
Poitiers, 4. ser., 13 (1976), S. 578-588, der zufolge Solario den Kardinal nicht nur porträ-
tierte, sondern für ihn auch die Madonna mit dem grünen Kissen und die »Johannes-
schüssel« von 1507 (beide heute im Louvre), eine Salomedarstellung sowie ein »Ecce
homo« nach einem verlorenen Vorbild des Aitonello da Messina gemalt haben soll. Auf
Schloss Gaillon schmückten Skulpturen nach Mantegnas »Triumph Cäsars« eine Fassade
des Ehrenhofes, darüber hinaus besaß D'Amboise vermutlich ein Gemälde von Man-
tegna; vgl. Roberto Weiss, The Castle of Gaillon in 1509-1510; in: Journal of the War-
burg and Courtauld Institutes 16 (1953), S. 1-12; Florence Girard-Pipau, Le mecenat de
Charles d'Amboise (1500-1511); in: L'information d'histoire de l'art 17 (1972), S.178
mit Anm. 16. Für Hinweise zum Schloß von Gaillon und seiner Ausstattung bin ich Els-
beth de Weerth, Frankfurt, zu Dank verpflichtet.

Interessanterweise scheint bereits Jean Clouet während Solarios Frankreich-Aufenthalts
1507-09 seinerseits mit diesem in direkten Kontakt gekommen zu sein, vgl. Luisa Cogli-
ati Arano, Andrea Solario e Jean Clouet; in: Arte lombarda (1963), 147-156. Jollet
1997> S. 31, vermutete, Clouet verdanke seine Zeichentechnik der Schattenangabe durch
Parallelschraffuren dem Vorbild Solarios, während Mellen 1971, S. 28f, dies noch mit
Leonardos Aufenthalt in Frankreich in Verbindung zu bringen versucht hatte.
Alternativ wäre bestenfalls an einen zusätzlichen Ausflug nach Mailand zu denken, der
allerdings etwa zur gleichen Zeit wie die Reise nach Frankreich stattgefunden haben
müßte. Es sei in diesem Zusammenhang allerdings auch daran erinnert, daß Solario
bereits am 8. August 1524 in Mailand starb.

Vgl. Beguin 1985, S.72-78, 101-107, Kat.Nr.41; D. A. Brown 1987, S. 184-186, 210,
Kat.Nr.46.

Mit der Kerngruppe der trauernden Gottesmutter mit dem toten Christus im Schoß und
dem ihn Stützenden zitierte Solario zunächst sich selbst, wie ein Blick auf seine wohl
noch in Mailand um 1505-07 entstandene Bildfassung der Beweinung Christi, heute in
der National Gallery of Art in Washington (vgl. D. A. Brown 1987, S. 99-110, 147f,
Kat. Nr. 28, Farbtafel 90), zeigt. In der für Georges d'Amboise entstandenen späteren Ver-
sion hat lediglich Johannes Platz machen müssen für das Raffael-Zitat des Nikodemus
aus der Borghese-Grabtragung. Die am rechten Bildrand der Louvre-Beweinung ste-
hende, ihre Tränen trocknende Frau stammt letztlich von Rogier van der Weyden ab,
während der vorne rechts kniende Johannes den Engel in Leonardos »Felsengrottenma-
donna« zitiert.

Holbeins Rezeption von Raffael-Werken in einzelnen Illustrationen seiner ver-
mutlich um 1525/26 entstandenen »Icones« (vgl. C. Müller 1997, S. 285-301,
Kat. Nr. 106-108.1-91) vermutete jüngst Buck 1997, S. 315-325; dies. 2001, S. 63 f.
Siehe auch S. 222, Anm. 123-131.

Zur Frage einer Werkstattbeteiligung bei der Ausführung der »Passionsflügel« siehe
S.246f.

Ganz 1905, S. 13 lf; ders. 1950, S.XIX (hier das Zitat), im selben Sinne auch Boetsch
1913, S. 51-53; Pfister 1921, S.16; Bernhart 1922, S. 34; Stein 1929, S. 86; Reinhardt
1938, S. 20.

Klemm 1980, S. 37. Ähnlich etwa auch Langdon 1993, S. 12, 40-44; Wilson 1996,
S. 90-93; Bätschmann/Griener 1997, S. 51-53.

Doch selbst Klemm bleibt in seiner Sichtweise der »Passionsflügel« bis zu einem gewis-
sen Grade von der traditionell kritischen Sicht abhängig, wenn er seine oben zitierten
Überlegungen folgendermaßen zusammenfaßt: »So bleibt denn gerade durch das Stre-
ben nach Mass und Zierde die Breite und Tiefe menschlichen Fühlens nicht voll ausge-
messen; vielleicht durch den Umweg über Frankreich scheint von der Lehre der italieni-
schen Kunst zwar die Idealität des Menschenbildes, nicht aber dessen monumentale
Kraft und pathetische Energie Holbein erreicht zu haben.«
Inv.Nr.322; siehe auch S. 41-44, 224-232, 441 f.

Zur Lais von Korinth vgl. Meret Strothmann, Art. »Lais«; in: Hubert Cancik, Helmuth
Schneider (Hg.), Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd. 6, Stuttgart/Weimar 1999,
S. 1067 f.

Vgl. auch J. Müller 1998, S. 229.

Wie stark sich die Lais von Holbeins früheren Frauendarstellungen unterscheidet, wird
übrigens besonders deutlich, wenn man sie mit der nur vier Jahre zuvor entstandenen
»Solothurner Madonna« vergleicht, die mit ihren mütterlichen, fast etwas derben Zügen
deutlich in der Tradition der deutschen Malerei um Grünewald steht.
D. A. Brown 1987, S. 165-167, 207f, Kat. Nr. 40, Farbtafel 124.

Es bleibe dahingestellt, ob Holbein für die Erfindung der raumgreifenden Geste der
Rechten der Lais und die auf der Brüstung ausgestreuten Goldmünzen auf ein Werk
Solarios in der Art von dessen Bildnis des Girolamo Morone, heute in der Sammlung

Gallarati Scotti in Mailand, zurückgegriffen hat oder nicht. Das Morone-Porträt selbst
kann erst nach Solarios Rückkehr nach Mailand, vielleicht schon um 1515, vielleicht
auch erst 1522, entstanden sein; vgl. D. A. Brown 1987, S. 233-236, 284f, Kat. Nr. 68,
Farbtafel 195.

Im Anschluß an Wilhelm Suida, Leonardo und sein Kreis, München 1929, S. 257,
bezeichnete Ganz 1950, S.XIX, den Morone übrigens als einziges sicher bestimmbares
Werk eines Leonardo-Schülers, das Holbein bei seinem angeblichen Mailand-Besuch
zwischen 1517 und 1519 gesehen haben sollte. Cogliati Arano 1965, S.47, 68, vermu-
tete erstmals, Holbein sei hierauf vielleicht durch Jean Clouet anläßlich seines Frank-
reichbesuchs aufmerksam gemacht worden. Jean Clouets im Jahre 1522 entstandenes
Porträt eines Bankiers im Saint Louis Art Museum in Saint Louis, Ohio (vgl. Mellen
1971, S. 45, 52f, 241 f, Kat. Nr. 147; Ainsworth/Faries 1986, S. 24), zeigt mit dem Halbfi-
gurenschema, der Brüstung, den daraufliegenden Goldmünzen und den bewegten Hän-
den des Dargestellten gleichfalls verwandte Züge mit Holbeins Lais.
Creighton Gilbert, Bartolomeo Veneto and his Portrait of a Lady; in: Bulletin of the
National Gallery of Canada 22 (1977), S. 9f, schließlich sah in Solario das entscheidende
Vorbild, das Holbein allerdings schon um 1519 in Mailand kennengelernt haben sollte;
als Beleg für den Einfluß des Italieners führte Gilbert allerdings nur das erst um 1540 ent-
standene Bildnis einer Dame (die sogenannte Catherine Howard) im Toledo Museum of
Art an, vgl. Rowlands 1985, S. 146, Kat. Nr. 69, Abb. 109.

157 D. A. Brown 1987, S. 161-165, 206f, Kat. Nr. 38, Farbtafel 118.

158 D. A. Brown 1987, S. 208, Kat. Nr. 40a und b.

159 D. A. Brown 1987, S. 161-165. Beide Gemälde haben darüber hinaus eine französische
Provenienz: Während die »Johannesschüssel« erstmals im Jahre 1841 in der Sammlung
des Grafen Pourtales Gorgier in Paris nachzuweisen ist (vgl. D. A. Brown 1987, S. 206),
dürfte die Salome schon 1782 auf der Auktion der Sammlung Nogaret gewesen sein; mit
Sicherheit ist sie 1806 im Besitz der Kaiserin Josephine auf Schloß Malmaison gewesen
(vgl. D. A. Brown 1987, S. 207).

Andrea Solario hat das Thema der Salome mit dem Johannes-Haupt mehrfach darge-
stellt, doch die größte Nähe zu Holbeins Lais weist die New Yorker Fassung auf. In der
mit New York eng verwandten, doch etwas schlichteren Version in der Galleria Sabauda,
Turin, wollte D. A. Brown 1987, S. 167, 208f, Kat. Nr. 41, Abb. 129, die erste Fassung des
Themas sehen und datierte sie auf etwa 1505. Dieses Bild ist im frühen 20. Jahrhundert
in einer Turiner Sammlung aufgetaucht. Die zweite Fassung, um die Figur des Henkers
erweitert und nicht zuletzt mit Blick auf den hier gewählten Frauentypus von der Lais
deutlich unterschieden, befindet sich heute im Kunsthistorischen Museum in Wien. Die-
ses Gemälde datierte D. A. Brown 1987, S. 217-219,279f, Kat. Nr. 56, Farbtafel 161, in die
Jahre 1510-14. Er vermutete, es könne vielleicht für Charles d'Amboise, den Kardinals-
neffen und Gouverneur Mailands geschaffen worden sein, da es schon sehr früh in
Frankreich bekannt gewesen sein muß, wie seine Kopie durch einen Künstler aus der
Schule von Fontainebleau beweist.

160 Die Leonardo-Ableitung auch der Lais geht letztlich auf Woltmann 1866, S. 349-353,
zurück. Sie wurde zuletzt verteten von Bätschmann/Griener 1997, S. 144; Bätsch-
mann 2001, S. 39 f, mit Hinweis auf die Leonardo da Vinci zugeschriebene »Belle Ferron-
niere« des Louvre (vgl. Cox-Rearick 1996, S. 145f, Kat. Nr. IV-2), und Buck 1999, S.43f,
mit Hinweis auf Leonardos für Franz I. von Frankreich gemalte, heute verlorene »Ver-
schleierte Pomona« oder auf die Giampietrino zugeschriebene, um 1520 entstandene
»Abundantia«, heute in der Sammlung Borromeo, Stresa-Isola Bella (vgl. Buck 1999,
Abb. 42).

161 Siehe S. 41-44.

162 Paul Ganz, Les rapports de Holbein et de l'art francais; in: Actes du Congres d'Histoire
de l'Art, Paris, 26 settembre - 5 octobre 1921, Bd. 4, Paris 1924, Reprint Nendeln 1979,
S. 169-171; ders. 1950, S. 215 [hier das nachfolgende Zitat], und Waetzoldt 1958, S.79,
glaubten - erneut bei beiden Gemälden - »... den Einfluß der französischen Porträt-
kunst (zu) erkennen, der sich in der Farbengebung und einer flüssigen Malweise kund-
tut«, ohne dies allerdings durch Nennung von Vergleichsbeispielen zu konkretisieren.

163 Ellis Waterhouse, Painting in Britain 1530 to 1790, Harmondsworth 1969, S. 6; Lang-
don 1993, S. 12, 54.

164 AK II genio e le passioni. Leonardo e il Cenacolo 2001.

165 Diese Ansicht ist seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vielfach vertreten worden.
Boerlin 1991, S. 23f, verwies erstmals auf die Seitenverkehrung der Hand und erwog die
Verwendung eines Stichs nach Leonardos Abendmahl.

166 Vgl. AK Leonardo. La dama con l'ermellino, Katalog von Barbara Fabjan und Pietro
C. Marani, Rom, Palazzo del Quirinale, Mailand, Pinacoteca di Brera, Florenz, Palazzo
Pitti, 1998/99.

167 Vgl. Cox-Rearick 1995, S. 150-154, Kat. Nr. IV-5.

16S Gantner 1943/58, S. 91 (Dame mit Wiesel); Koegler 1933, S. 63-67 (»Gioconda«).

169 Das Vorbild Solarios ist von Stein 1929, S. 151, und Waetzoldt 1938, S. 113, auch bei der
Gestaltung von Holbeins 1527 entstandenem Bildnis des Sir Henry Guildford, heute in
der Royal Collection auf Windsor Castle, erwogen worden. Angesichts dieses Werkes
fühlte sich Stein an Solarios Porträt des Charles d'Amboise, heute im Louvre (vgl. D. A.
Brown 1987, S.278f, Kat. Nr. 55) erinnert; siehe S. 308, Anm.72.

Die Reise nach Frankreich 1523/24. Der Kontakt mit dem »1520s Hours Workshop« und mit Werken des Andrea Solario 223
 
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