276 Hans Holbein d. J., Doppelbildnis der französischen Gesandten Jean de Dinteville und Georges de Selve, London, National GaJlery
Mit den zu Beginn des zweiten englischen Aufenthalts entstehenden
Bildnissen knüpfte Holbein vor allem an jene Werke an, die er zwischen
1526 und 1528 in London geschaffen hatte. Für die Gestaltung eines
gänzlich privaten, ja intimen Porträts in der Art der zwischenzeitig in
Basel geschaffenen Darstellung seiner Frau mit den beiden Kindern
(Tafel 75) fehlte ebenso die Gelegenheit wie für die Ausführung monu-
mentaler religiöser Gemälde in der Art der Orgelflügel (Abb. 243-244,
Tafel 74).12 Was bis dahin in Basel nur eine Aufgabe unter mehreren
anderen gewesen war, sollte fortan Holbeins fast exklusiv betriebene
Hauptaufgabe als Tafelmaler sein: das repräsentative Porträt. Das in der
zweiten Jahreshälfte 1532 entstandene Berliner Bildnis des Stahlhof-
Kaufmanns Georg Gisze (Abb. 277)l} bleibt ohne die Kenntnis des Krat-
zer-Porträt (Tafel 71) von 1528 unverständlich - allerdings wohl auch
ohne den nochmaligen Eindruck niederländischer Bildnisse in der Art
von Jan Gossaert und Bernard van Orley, denen Holbein auf der Durch-
reise in Antwerpen begegnet sein wird. Wie Kratzer ist auch Gisze hinter
seinem schräg ins Bild gestellten Arbeitstisch dargestellt, auf dem sein
»Handwerkszeug« ausgebreitet ist; Petschaft und Feder bei Gisze ent-
sprechen in Form und Plazierung fast genau Spitzeisen und Schere bei
Kratzer, selbst das mit Grau abgetönte Inkarnat findet sich in beiden
Gemälden. Die reiche Ausstaffierung der holzverkleideten Raumecke, in
der Gisze erscheint, entspricht nun nicht nur dem Kratzer-Porträt, son-
344 Holbeins Gemälde. Der Künstler als Tafehnaler in Basel, 1515-32
Mit den zu Beginn des zweiten englischen Aufenthalts entstehenden
Bildnissen knüpfte Holbein vor allem an jene Werke an, die er zwischen
1526 und 1528 in London geschaffen hatte. Für die Gestaltung eines
gänzlich privaten, ja intimen Porträts in der Art der zwischenzeitig in
Basel geschaffenen Darstellung seiner Frau mit den beiden Kindern
(Tafel 75) fehlte ebenso die Gelegenheit wie für die Ausführung monu-
mentaler religiöser Gemälde in der Art der Orgelflügel (Abb. 243-244,
Tafel 74).12 Was bis dahin in Basel nur eine Aufgabe unter mehreren
anderen gewesen war, sollte fortan Holbeins fast exklusiv betriebene
Hauptaufgabe als Tafelmaler sein: das repräsentative Porträt. Das in der
zweiten Jahreshälfte 1532 entstandene Berliner Bildnis des Stahlhof-
Kaufmanns Georg Gisze (Abb. 277)l} bleibt ohne die Kenntnis des Krat-
zer-Porträt (Tafel 71) von 1528 unverständlich - allerdings wohl auch
ohne den nochmaligen Eindruck niederländischer Bildnisse in der Art
von Jan Gossaert und Bernard van Orley, denen Holbein auf der Durch-
reise in Antwerpen begegnet sein wird. Wie Kratzer ist auch Gisze hinter
seinem schräg ins Bild gestellten Arbeitstisch dargestellt, auf dem sein
»Handwerkszeug« ausgebreitet ist; Petschaft und Feder bei Gisze ent-
sprechen in Form und Plazierung fast genau Spitzeisen und Schere bei
Kratzer, selbst das mit Grau abgetönte Inkarnat findet sich in beiden
Gemälden. Die reiche Ausstaffierung der holzverkleideten Raumecke, in
der Gisze erscheint, entspricht nun nicht nur dem Kratzer-Porträt, son-
344 Holbeins Gemälde. Der Künstler als Tafehnaler in Basel, 1515-32