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Schauerte, Thomas; Dürer, Albrecht; Altdorfer, Albrecht; Dürer, Albrecht [Contr.]; Altdorfer, Albrecht [Contr.]; Maximilian [Honoree]
Die Ehrenpforte für Kaiser Maximilian I.: Dürer und Altdorfer im Dienst des Herrschers — München, Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.62901#0021

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Forschungslage und Literaturüberblick

Ehrenpforte Kaiser Maximilians ist das Großar-
tigste, was jemals für den Holzschnitt geschaffen
wurde.«30
Schon Eduard Chmelarz fiel 1886 im Kom-
mentar zur Neuausgabe der Ehrenpforte im Wie-
ner Jahrbuch - der vierten Gesamtausgabe - das
evidente Mißverhältnis zwischen dem antiken
Anspruch [I, 1-3] und seiner »altdeutschen« Um-
setzung ins Auge. Er konstatiert das Fehlen einer
Attika, und statt eines Standbildes des Triumpha-
tors im vierspännigen Wagen erblicke man einen
Aufbau, der eher an ein deutsches Giebelhaus er-
innere31.
Carl von Lützow schließt sich dem 1891 an und
konstatiert an Gemeinsamkeiten mit dem antiken
Triumphbogen nur die drei Durchgänge, die Säu-
lenvorlagen mit Postamenten und die »verkröpf-
ten Gebälke«32; jedoch erinnern ihn
»... die historischen Reliefs [sic] an den Mauer-
flächen (...) ganz von fern und im allgemeinen
an die Gliederung und den Schmuck der antiken
Triumphbögen.«33
Noch 1943 mokiert sich Erwin Panofsky in seiner
großen Dürer-Monographie über dieses Mißver-
hältnis und formuliert lakonisch:
»But in every other respect the structure differs
from a classical Triumph Arch much as the Castle
of Heidelberg from the Palace of Diocletian in
Spalato.«34
In seinem Buch »Die Kunst Albrecht Dürers«
äußerte sich Heinrich Wölfflin kritisch zur Ehren-
pforte und fasste damit nicht nur ähnlich lauten-
des zusammen, sondern nahm zugleich auch vie-
les, was noch in diesem Sinne gesprochen werden

sollte, vorweg35. Daher mag er hier ausführlicher
zu Wort kommen:
»Das holzgeschnittene Ungetüm der Ehrenpforte
ist immer ein schwer verdaulicher Brocken für die
Bewunderer Dürers gewesen. Das Unglück lag
nicht nur daran, daß es eine einheitliche Anschau-
ung nicht zuläßt, weil beim Anblick des Ganzen
das Einzelne verschwindet und das Einzelne doch
wieder das Ganze voraussetzt: die Komposition
an sich ist eine ungefüge und die Behandlung teil-
weise doch eine sehr spröde. In verschiedenen öf-
fentlichen Kupferstichsammlungen ist der Holz-
schnitt zusammengeklebt, den meisten Lesern
wird das Exemplar im Dürerhaus zu Nürnberg
bekannt sein, wo die Ehrenpforte in einem Gelaß
des Erdgeschosses ein unfestliches und unbehag-
liches Dasein fristet.«36
Es schließt sich eine kritische Betrachtung des An-
tikenbezuges an, in deren Verlauf sich Wölfflin -
vor allem durch den »Dreieckabschluß« - eher an
die Fassade der Nürnberger Frauenkirche als an
den antiken Triumphbogen erinnert fühlt. Doch
kommt er nach weiteren formalen Betrachtungen
zu einer entscheidenden Feststellung:
»Das Wichtige war, große Felder für den Stamm-
baum des Kaisers und die Historien seines Lebens
zu gewinnen. Alle Flächen sind damit überzogen.
Daß die Gelehrten (Stabius) bei dem Unterneh-
men das Hauptwort hatten, wußte man schon
lange; Dürer dachte man sich als die gestaltende
Hand und da einen das Werk nicht eben erwärmt,
so klagte man über seine künstlerische Gebun-
denheit. Neuere Forschungen haben nun ergeben,
daß Dürer durchaus nicht im ganzen Umfang der
verantwortliche Mann gewesen ist. Der Entwurf
stammte wahrscheinlich von Jörg Kölderer, dem
Hofmaler und Baumeister von Innsbruck. (...)

30 Thausing, Moritz, Dürer. Geschichte seines Lebens und
seiner Kunst, 2 Bde., Leipzig 1876, Bd. 2, S. 119.
31 Eduard Chmelarz, Die Ehrenpforte des Kaisers Maximi-
lian!., in: JKSAK 4/1886, S. 290.
32 Lützow, Carl von, Geschichte des deutschen Kupferstiches
und Holzschnittes, Berlin 1891, S. 119. Tatsächlich handelt es
sich nicht um ein durchlaufendes Gebälk, das über den
Freisäulen vorgekröpft wurde, sondern vielmehr um ein-

zelne Gebälkstücke ohne tektonische Verbindung zu der
Schauwand.
33 Ebd.
34 Panofsky, Erwin, Albrecht Dürer, 2 Bde., Princeton 1943,
Bd. 1, S. 176.
35 Wölfflin, Heinrich, Die Kunst Albrecht Dürers, München
3i9i9.
36 Ebd., S. 245.
 
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