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C 4/6’4 - Bekrönungen der Seitenportale
Druckstöcke: links Nr. 82, 84-87; rechts Nr. 125-127.
Die rechte Bekrönung (Gegenstück zu Nr. 87) fehlt
(vgl. Schema Abb. 3).
Clavis: Item ob den zwayen porten, nemlich des lobs
vnnd des Adels, ist zu einer getzierd gestelt der löblich
orden des Toeson, oder guldein Scheppers, der durch den
löblichen Fürsten von Burgundi, Hertzog Philipsen von
Burgundi den guten anngestelt vnd aufgericht ist. Item
ob dem orden des Toeson oder guldein Scheppers zu bei-
den seitten, stehen zwen Cupidines, Venus kinder, die
antzäigenn, das diser Kaiser Maximilian vil geschichten
gethan hat, gleichmessig einer ouation, das ist ein eer bey
den alten Römern gewest, minder dann Triumphs wir-
dig, vnnd welichen Kaisern dieselb eer ist beweist, die
seyn gekrönt worden mit dem reyss vnd laub von dem
paum Mirto, der Veneri dem Stern der frewden zugeai-
gent ist, vnd nachdem solch ouation neben tapffern vnd
Triumphs wirdigen tatten in des Kaisers geschichten nit
sonnder ansehen haben, ist von denselben durch die
zwen Cupidines Venus kinder genug angetzaigt, so sein
auch bey yedem derselben zwen annder Cupidines mit
schallmeyen, solch Ovation zuuerkunden, vnd wird
dauon in einem anndern Buch weiter vnd klerer be-
schriben (V, 6-12).
[...] Item die fewr so hin vnnd wider auf der eren-
porten sweben, sein zuerleuchtung aller vorgemelten
Kaiserlichen Maiestat eren vnd lobs, und erklerung der
warheit also geordent (V, 19).
Inschriften: (beziehen sich auf die Herrschergalerien,
vgl. C 3, C’3)
Über der Herrschergalerie zweizoniger Aufbau, der das
Seitenportal giebelartig abschließt. Der zinnenbekrön-
ten Rückwand der Ehrenpforte (vgl. B/B’) über einer
zweistufigen seitlichen Erhöhung kastenartig vorgela-
gert; von zwei gegengleich nach außen blickenden Zie-
genböcken468 flankiert.
Unterer Giebelbereich vor allem für die Aufnahme
der Inschrifttafel bestimmt: Form der Tabula ansata469
mit gekappten, leicht ausgekehlten Kanten, Ansae in
Form je zweier langhalsiger Vögel und einer stilisierten,
ornamentierten Muschel. Löwenfell470 trägt Inschrift
zur Kaisergalerie; reliefhaft aufgefaßt und mit den Pran-
ken auf den Grund geheftet471.
Lebhaft bewegt das gegengleich gestaltete dekorative
Beiwerk, das sich leichter nach szenischen als nach rein
ornamentalen Gesichtspunkten beschreiben läßt472: Ein
Cupido lehnt sich mit dem Rücken an den Tafelrand
468 Diese machen durch ihre gewaltigen Hängeohren und die
Fühler, die wie die Barthaare einer Katze (vgl. das Löwen-
haupt) von der Stirn abstehen, einen eher exotischen Ein-
druck. Im Werk Dürers erscheinen sie in dieser bizarren
Form sonst nicht. Nach der frappierenden Ähnlichkeit mit
den capra de India bezeichneten Ziegen auf einem Holz-
schnitt aus Breydenbachs »Reise ins Heilige Land« (dt. von
E. Geck, Wiesbaden 1961, S. 35), scheint es sich hier um sol-
che zu handeln.
Zur Bedeutung der Ziegenböcke macht die Clavis keine
Angaben. Horapoll gibt als Symbol für das Glied eines zeu-
gungskräftigen Mannes den Ziegenbock an, da er bereits
sieben Tage nach seiner Geburt Ziegen bespringen könne
(Boase I. 48).
469 Sie erscheint im Werk Dürers erstmalig und in schlichterer
Form 1510/11 auf den Zeichnungen für die Reliefs der Fug-
ger-Epitaphien in St. Anna zu Augsburg (W. 483, 484, 486,
487). Dabei wird der stilistische Zusammenhang mit den
antikisierenden Formen des venezianischen Wandgrabmals
auf der Vorzeichnung zu Simson mit den Türen von Gaza
(W. 484) besonders deutlich.
470 Die Clavis macht keine Angaben zum Löwenfell. Es gilt
weithin als Attribut der Löwenbezwinger Samson und
Herkules und ergibt - von komplizierteren theologischen
Konnotationen einmal abgesehen (vgl. dazu Art. »Samson«
in: LCI 4, Sp. 30-38 [Bulst, W. A.]) - als Symbol für Maxi-
milians körperliche Stärke und Gewandtheit durchaus Sinn
(vgl. dazu auch C’4).
Zur Gleichsetzung von Samson und Herkules vgl. die
Chronik Ottos von Freising (ed. Hofmeister 1912, S. 57), die
Cuspinian 1515 in Straßburg herausgegeben und für seine
mittelalterlichen Kaiserviten ausgiebig herangezogen hatte
(vgl. Ankwicz-Kleehoven 1959, S. 311); ferner äußert sich
Dürer hierzu selbst (vgl. Rupprich 2, Nr. 104).
471 Trotz der Häufigkeit, mit der der Löwe im Werk Dürers
auftaucht (vgl. Eisler, Arche 1996, S. 155-178), ist eine direkte
Vorlage nicht auszumachen.
472 Dies geschieht hier ausführlicher, weil es ein Charakteristi-
C 4/6’4 - Bekrönungen der Seitenportale
Druckstöcke: links Nr. 82, 84-87; rechts Nr. 125-127.
Die rechte Bekrönung (Gegenstück zu Nr. 87) fehlt
(vgl. Schema Abb. 3).
Clavis: Item ob den zwayen porten, nemlich des lobs
vnnd des Adels, ist zu einer getzierd gestelt der löblich
orden des Toeson, oder guldein Scheppers, der durch den
löblichen Fürsten von Burgundi, Hertzog Philipsen von
Burgundi den guten anngestelt vnd aufgericht ist. Item
ob dem orden des Toeson oder guldein Scheppers zu bei-
den seitten, stehen zwen Cupidines, Venus kinder, die
antzäigenn, das diser Kaiser Maximilian vil geschichten
gethan hat, gleichmessig einer ouation, das ist ein eer bey
den alten Römern gewest, minder dann Triumphs wir-
dig, vnnd welichen Kaisern dieselb eer ist beweist, die
seyn gekrönt worden mit dem reyss vnd laub von dem
paum Mirto, der Veneri dem Stern der frewden zugeai-
gent ist, vnd nachdem solch ouation neben tapffern vnd
Triumphs wirdigen tatten in des Kaisers geschichten nit
sonnder ansehen haben, ist von denselben durch die
zwen Cupidines Venus kinder genug angetzaigt, so sein
auch bey yedem derselben zwen annder Cupidines mit
schallmeyen, solch Ovation zuuerkunden, vnd wird
dauon in einem anndern Buch weiter vnd klerer be-
schriben (V, 6-12).
[...] Item die fewr so hin vnnd wider auf der eren-
porten sweben, sein zuerleuchtung aller vorgemelten
Kaiserlichen Maiestat eren vnd lobs, und erklerung der
warheit also geordent (V, 19).
Inschriften: (beziehen sich auf die Herrschergalerien,
vgl. C 3, C’3)
Über der Herrschergalerie zweizoniger Aufbau, der das
Seitenportal giebelartig abschließt. Der zinnenbekrön-
ten Rückwand der Ehrenpforte (vgl. B/B’) über einer
zweistufigen seitlichen Erhöhung kastenartig vorgela-
gert; von zwei gegengleich nach außen blickenden Zie-
genböcken468 flankiert.
Unterer Giebelbereich vor allem für die Aufnahme
der Inschrifttafel bestimmt: Form der Tabula ansata469
mit gekappten, leicht ausgekehlten Kanten, Ansae in
Form je zweier langhalsiger Vögel und einer stilisierten,
ornamentierten Muschel. Löwenfell470 trägt Inschrift
zur Kaisergalerie; reliefhaft aufgefaßt und mit den Pran-
ken auf den Grund geheftet471.
Lebhaft bewegt das gegengleich gestaltete dekorative
Beiwerk, das sich leichter nach szenischen als nach rein
ornamentalen Gesichtspunkten beschreiben läßt472: Ein
Cupido lehnt sich mit dem Rücken an den Tafelrand
468 Diese machen durch ihre gewaltigen Hängeohren und die
Fühler, die wie die Barthaare einer Katze (vgl. das Löwen-
haupt) von der Stirn abstehen, einen eher exotischen Ein-
druck. Im Werk Dürers erscheinen sie in dieser bizarren
Form sonst nicht. Nach der frappierenden Ähnlichkeit mit
den capra de India bezeichneten Ziegen auf einem Holz-
schnitt aus Breydenbachs »Reise ins Heilige Land« (dt. von
E. Geck, Wiesbaden 1961, S. 35), scheint es sich hier um sol-
che zu handeln.
Zur Bedeutung der Ziegenböcke macht die Clavis keine
Angaben. Horapoll gibt als Symbol für das Glied eines zeu-
gungskräftigen Mannes den Ziegenbock an, da er bereits
sieben Tage nach seiner Geburt Ziegen bespringen könne
(Boase I. 48).
469 Sie erscheint im Werk Dürers erstmalig und in schlichterer
Form 1510/11 auf den Zeichnungen für die Reliefs der Fug-
ger-Epitaphien in St. Anna zu Augsburg (W. 483, 484, 486,
487). Dabei wird der stilistische Zusammenhang mit den
antikisierenden Formen des venezianischen Wandgrabmals
auf der Vorzeichnung zu Simson mit den Türen von Gaza
(W. 484) besonders deutlich.
470 Die Clavis macht keine Angaben zum Löwenfell. Es gilt
weithin als Attribut der Löwenbezwinger Samson und
Herkules und ergibt - von komplizierteren theologischen
Konnotationen einmal abgesehen (vgl. dazu Art. »Samson«
in: LCI 4, Sp. 30-38 [Bulst, W. A.]) - als Symbol für Maxi-
milians körperliche Stärke und Gewandtheit durchaus Sinn
(vgl. dazu auch C’4).
Zur Gleichsetzung von Samson und Herkules vgl. die
Chronik Ottos von Freising (ed. Hofmeister 1912, S. 57), die
Cuspinian 1515 in Straßburg herausgegeben und für seine
mittelalterlichen Kaiserviten ausgiebig herangezogen hatte
(vgl. Ankwicz-Kleehoven 1959, S. 311); ferner äußert sich
Dürer hierzu selbst (vgl. Rupprich 2, Nr. 104).
471 Trotz der Häufigkeit, mit der der Löwe im Werk Dürers
auftaucht (vgl. Eisler, Arche 1996, S. 155-178), ist eine direkte
Vorlage nicht auszumachen.
472 Dies geschieht hier ausführlicher, weil es ein Charakteristi-