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Keine Quelle verzeichnet unmißverständlich,
wann Kaiser Maximilian seinem Hofmaler Jörg
Kölderer den Auftrag für erste Visierungen zu je-
nem Bildprogramm erteilt hat, das unter dem Na-
men »Ehrenpforte« fünf Druckauflagen erleben
sollte. Erst mit dem Zeitpunkt der Übernahme der
Arbeiten durch Dürer und seine Mitarbeiter vom
15. Februar 15121 an werden eindeutige archivali-
sche Spuren für die weitere Entwicklung der Bil-
derwand greifbar2 3. Im selben Jahr erscheint sie
auch unter der Bezeichnung Eerenporten\ und an
dieser Stelle ist vor Eintritt in die nachfolgenden
Erörterungen eine grundsätzliche Begriffsklärung
anhand der Quellen vorzunehmen:
Zunächst ist festzuhalten, daß die heute ge-
bräuchliche Bezeichnung »Ehrenpforte« korrek-
terweise singularisch und pars pro toto zu verste-
hen ist, denn die Seitenportale - links Die Porten
des Lobs, rechts Die Porten des Adels - sind in die-
sem Titel ebenso enthalten wie das mittlere Tor,
dessen vollständige Inschrift Die Portenn der Ee-
ren vnnd Macht lautet4. Auch die Clavis benutzt
Porten der eeren im Singular, und so erscheint der
Begriff mit leichten Abwandlungen wohl ein dut-
zendmal im Text5. Nur an zwei Stellen der Clavis
wird ausdrücklich auf die formale Anknüpfung an
den Arcus Triumphalis der römischen Antike hm-
gewiesen6, wobei dieser Begriff, der die korrekte
Bezeichnung im klassischen Latein wiedergibt7,
nicht mit »Triumphbogen« übersetzt, sondern la-
teinisch belassen wird. Überhaupt erscheint dieser
Begriff - in deutlichem Gegensatz zu den häufig
bezeugten tryumphwagen, triumpfzug oder ähnli-
chem - nirgends in den maximilianischen Quel-
len, noch viel weniger als Synonym für die Ehren-
pforte. Die lateinische Übertragung der Clavis
durch Chelidonius macht hier keine Ausnahme
und übersetzt durchweg wörtlich mit porta hono-
ris. Dem entspricht auch die Bezeichnung der Eh-
renpforte im französisch geführten Briefwechsel
Maximilians mit seiner Tochter Margarethe, wo
sie zweimal erwähnt wird und beide Male als porte
d’honneur erscheint8. Wenn daher in der Literatur
für die Ehrenpforte Synonyma wie »Triumph-
bogen«, »Ehrenbogen« oder »Triumphpforte«
und ähnliches verwendet werden, so ist dies zu-
mindest ungenau: Während seiner gesamten Ent-
stehung wurde ebenso wie im vollendeten Werk
ausschließlich der Begriff Ehrenpforte verwendet,
wohingegen der Verweis der Clavis auf die antiken
Triumphbögen lediglich als erläuternde Verständ-
nishilfe gemeint ist.
Generell bezeichnet die Benennung »Ehren-
pforte« ephemere Architekturen, die anläßlich
von Herrschereinzügen in Städten errichtet wur-
den9, wobei für das Spätmittelalter im franko-flä-
mischen Bereich mit der Entree eine völlig andere
Tradition und Ausprägung festzustellen ist als bei
den zeitgleichen trionfi der italienischen Renais-
sance, während Einzüge beider Couleur im
1 Vgl. Kraus, Victor von, Itinerarium Maximiliani I. 1508-
1518, in: Archiv für österreichische Geschichte 87-1/1899
(zitiert nach dem Wiederabdruck in: Hye, Franz-Heinz,
Das Goldene Dachl des Kaisers Maximilian I. und die An-
fänge der Innsbrucker Residenz, Innsbruck 1997), S. 144.
2 Noch schwerer sind die Anfänge im Hinblick auf den kai-
serlichen Hofhistoriographen Johannes Stabius zu greifen:
Eine rege Tätigkeit im Hinblick auf das Programm der Eh-
renpforte ist erst nach 1512 urkundlich belegbar.
3 Im sog. Dritten Gedenkbuch (dat. zwischen 1509 und 1513)
als Eerenporten (fol. 2r), im darauffolgenden vierten (dat.
zwischen 1508 und 1515) als Eerenport (fol. i26v), vgl. Gott-
lieb, Theodor, Die Ambraser Handschriften, Leipzig 1900,
S. 61, 64.
4 In der Bezeichnung Porten wird zugleich der Weg vom la-
teinischen Lehnwort porta zum heutigen Wort Pforte bzw.
Portal deutlich, wobei eine Begriffsscheidung festzustellen
ist; denn waren ursprünglich Zugänge jeder Größe gemeint,
spricht man heute im einen Falle nur kleinere, im anderen
größere, architektonisch herausgehobene Zugänge an.
5 I, 8,10,11,18, 21 f. u. öfter.
6 I,2;V, 17.
7 Vgl. die reichlichen Quellenzitate bei: Kähler, Heinz, Art.
»Triumphbogen« in: RCA, 2. Reihe, 13. Halbband, Stuttgart
G39> Sp. 373-493-
8 Vgl. Le Glay, M., Correspondance de l’empereur Maximi-
lien Ier et de Marguerite d’Autriche, sa fille, gouvernante des
Pays-Bas, de 1507 a 1519, 2 Bde., Paris 1839, II, S. 634 u. 661.
9 Vgl. dazu generell Erffa, Hans Martin von, Art. »Ehren-
pforte«, in: RDK 4 (1958), Sp. 1443-1304; bes. Begriffs-
klärung Sp. 1443 ff.
Keine Quelle verzeichnet unmißverständlich,
wann Kaiser Maximilian seinem Hofmaler Jörg
Kölderer den Auftrag für erste Visierungen zu je-
nem Bildprogramm erteilt hat, das unter dem Na-
men »Ehrenpforte« fünf Druckauflagen erleben
sollte. Erst mit dem Zeitpunkt der Übernahme der
Arbeiten durch Dürer und seine Mitarbeiter vom
15. Februar 15121 an werden eindeutige archivali-
sche Spuren für die weitere Entwicklung der Bil-
derwand greifbar2 3. Im selben Jahr erscheint sie
auch unter der Bezeichnung Eerenporten\ und an
dieser Stelle ist vor Eintritt in die nachfolgenden
Erörterungen eine grundsätzliche Begriffsklärung
anhand der Quellen vorzunehmen:
Zunächst ist festzuhalten, daß die heute ge-
bräuchliche Bezeichnung »Ehrenpforte« korrek-
terweise singularisch und pars pro toto zu verste-
hen ist, denn die Seitenportale - links Die Porten
des Lobs, rechts Die Porten des Adels - sind in die-
sem Titel ebenso enthalten wie das mittlere Tor,
dessen vollständige Inschrift Die Portenn der Ee-
ren vnnd Macht lautet4. Auch die Clavis benutzt
Porten der eeren im Singular, und so erscheint der
Begriff mit leichten Abwandlungen wohl ein dut-
zendmal im Text5. Nur an zwei Stellen der Clavis
wird ausdrücklich auf die formale Anknüpfung an
den Arcus Triumphalis der römischen Antike hm-
gewiesen6, wobei dieser Begriff, der die korrekte
Bezeichnung im klassischen Latein wiedergibt7,
nicht mit »Triumphbogen« übersetzt, sondern la-
teinisch belassen wird. Überhaupt erscheint dieser
Begriff - in deutlichem Gegensatz zu den häufig
bezeugten tryumphwagen, triumpfzug oder ähnli-
chem - nirgends in den maximilianischen Quel-
len, noch viel weniger als Synonym für die Ehren-
pforte. Die lateinische Übertragung der Clavis
durch Chelidonius macht hier keine Ausnahme
und übersetzt durchweg wörtlich mit porta hono-
ris. Dem entspricht auch die Bezeichnung der Eh-
renpforte im französisch geführten Briefwechsel
Maximilians mit seiner Tochter Margarethe, wo
sie zweimal erwähnt wird und beide Male als porte
d’honneur erscheint8. Wenn daher in der Literatur
für die Ehrenpforte Synonyma wie »Triumph-
bogen«, »Ehrenbogen« oder »Triumphpforte«
und ähnliches verwendet werden, so ist dies zu-
mindest ungenau: Während seiner gesamten Ent-
stehung wurde ebenso wie im vollendeten Werk
ausschließlich der Begriff Ehrenpforte verwendet,
wohingegen der Verweis der Clavis auf die antiken
Triumphbögen lediglich als erläuternde Verständ-
nishilfe gemeint ist.
Generell bezeichnet die Benennung »Ehren-
pforte« ephemere Architekturen, die anläßlich
von Herrschereinzügen in Städten errichtet wur-
den9, wobei für das Spätmittelalter im franko-flä-
mischen Bereich mit der Entree eine völlig andere
Tradition und Ausprägung festzustellen ist als bei
den zeitgleichen trionfi der italienischen Renais-
sance, während Einzüge beider Couleur im
1 Vgl. Kraus, Victor von, Itinerarium Maximiliani I. 1508-
1518, in: Archiv für österreichische Geschichte 87-1/1899
(zitiert nach dem Wiederabdruck in: Hye, Franz-Heinz,
Das Goldene Dachl des Kaisers Maximilian I. und die An-
fänge der Innsbrucker Residenz, Innsbruck 1997), S. 144.
2 Noch schwerer sind die Anfänge im Hinblick auf den kai-
serlichen Hofhistoriographen Johannes Stabius zu greifen:
Eine rege Tätigkeit im Hinblick auf das Programm der Eh-
renpforte ist erst nach 1512 urkundlich belegbar.
3 Im sog. Dritten Gedenkbuch (dat. zwischen 1509 und 1513)
als Eerenporten (fol. 2r), im darauffolgenden vierten (dat.
zwischen 1508 und 1515) als Eerenport (fol. i26v), vgl. Gott-
lieb, Theodor, Die Ambraser Handschriften, Leipzig 1900,
S. 61, 64.
4 In der Bezeichnung Porten wird zugleich der Weg vom la-
teinischen Lehnwort porta zum heutigen Wort Pforte bzw.
Portal deutlich, wobei eine Begriffsscheidung festzustellen
ist; denn waren ursprünglich Zugänge jeder Größe gemeint,
spricht man heute im einen Falle nur kleinere, im anderen
größere, architektonisch herausgehobene Zugänge an.
5 I, 8,10,11,18, 21 f. u. öfter.
6 I,2;V, 17.
7 Vgl. die reichlichen Quellenzitate bei: Kähler, Heinz, Art.
»Triumphbogen« in: RCA, 2. Reihe, 13. Halbband, Stuttgart
G39> Sp. 373-493-
8 Vgl. Le Glay, M., Correspondance de l’empereur Maximi-
lien Ier et de Marguerite d’Autriche, sa fille, gouvernante des
Pays-Bas, de 1507 a 1519, 2 Bde., Paris 1839, II, S. 634 u. 661.
9 Vgl. dazu generell Erffa, Hans Martin von, Art. »Ehren-
pforte«, in: RDK 4 (1958), Sp. 1443-1304; bes. Begriffs-
klärung Sp. 1443 ff.