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Schauerte, Thomas; Dürer, Albrecht; Altdorfer, Albrecht; Dürer, Albrecht [Contr.]; Altdorfer, Albrecht [Contr.]; Maximilian [Honoree]
Die Ehrenpforte für Kaiser Maximilian I.: Dürer und Altdorfer im Dienst des Herrschers — München, Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.62901#0046

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42

II. Entstehung und Herleitung

Herleitungsprobleme:
Der Innsbrucker Wappenturm

Für die folgenden Betrachtungen ist zum besseren
Verständnis vorauszuschicken, was sich im vor-
hergehenden Abschnitt andeutete und sich im
Verlauf der Untersuchung noch deutlicher erwei-
sen wird, nämlich daß weniger im Hinblick auf
das Programm - das ja wie oben erläutert im Kern
frühzeitig feststand - sondern vielmehr in forma-
ler Hinsicht gravierende Unterschiede zwischen
dem Gesamtentwurf Kölderers und dem Ender-
gebnis der Dürerschen Überarbeitung bestanden
haben.
Der von Kölderer bis 1499 bemalte Innsbrucker
Wappenturm war - legt man die beiden Wiederga-
ben aus dem 18. Jahrhundert zugrunde (Abb. 7)60
- als Torturm mit (1750) insgesamt 62 gemalten
Wappen für Maximilians Hofmaler anscheinend

der initiale Grundgedanke für die Ehrenpforte.
Seit dem 1897 erschienenen Aufsatz E von Wie-
sers61 ist diese These Allgemeingut der Forschung:
Hier wie dort ordnete Kölderer offenbar einen
Großteil der Wappen in Dreierreihen in zwei Sui-
ten zuseiten eines Mittelfeldes an, das den Stamm-
baum bzw. zwei Fenster und weitere Malereien
enthält.
Es gibt jedoch in bezug auf das Verhältnis des
Riesenholzschnittes zum Innsbrucker Wappen-
turm Details an der Ehrenpforte, die von der For-
schung bislang nicht zur Kenntnis genommen
worden sind. Sie können helfen, diese Beziehung
zu präzisieren und darüber hinaus einigen Auf-
schluß über die frühere Gestalt der Ehrenpforte
geben.

Das Mittelportal [A 1]

Geht man einigen vermeintlichen perspektivi-
schen Ungereimtheiten - etwa der komplizierten
Sitzhaltung der beiden Festonhalter - nach, so
entdeckt man bei genauerem Hinsehen, daß sie
nicht auf den Gebälkstücken der Freisäulenpaare
sitzen, sondern auf den seitlichen Kranzgesimsen
des Mittelportales, das sich nunmehr als dreiseitig
vorspringend erweist. Vergleichbares gilt auch für
den schwer auszumachenden Standort der beiden
schlafenden Wächter neben den Freisäulenfüßen:
Sie stehen in den zwei Bögen, in denen sich der
60 Nach Herrgott, Marquart, Monumenta Augustae Domus
Austriacae, Wien 1750, Bd. 1, Tf. XV. Ein 1777 datiertes Öl-
gemälde von M. Perathoner im Innsbrucker Museum Fer-
dinandeum (Inv.Nr. Gern 3408) gibt die Proportionen des
Turmes deutlich gedrungener wieder und unterschlägt die
drei Wappen links oben (vgl. Abb. in: Hispania-Austria
1992, Nr. 80).

dreiseitige Portalvorbau seitlich öffnet. Diese an
sich einfache Grundrißdisposition wird durch die
beiden aufwendig dekorierten Freisäulenstellun-
gen mit den Gebälkstücken so stark verunklärt,
daß sie der Aufmerksamkeit der Forschung bis-
lang völlig entgangen sind.
Bezieht man den oberen Abschluß des Mittel-
turmes in diese Betrachtung em, so würde dies
sehr gut mit dem oktogonalen Freigeschoß korre-
spondieren, das die Widmungsinschrift trägt und
mit der Kuppelverdachung schließt [A 4]. Ferner
61 Zur Geschichte des Innsbrucker Wappenturmes, in: Zeit-
schrift des Ferdinandeums 41/1897. Von diesen Überlegun-
gen ausgehend war für Fischnaler (Wappenturm 1902,
S. 321) mit Blick auf die Ehrenpforte Kölderer »... grund-
legender artistischer Schöpfer des ganzen herrlichen
Werkes«.
 
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