Das Grabmal Maximilians
4i
erfährt eine Bestätigung gleichsam aus umgekehr-
ter Richtung:
Bei der eingehenderen Untersuchung des Bild-
programmes56 wird sich erweisen, daß vor allem in
den verhältnismäßig spät durch Albrecht Altdor-
fer ergänzten Seitentürmen offenbar Elemente aus
dem Andachts-Freskenprogramm von 1512 an der
Ehrenpforte erscheinen. Zu denken ist hier vor al-
lem an die Stiftung eines Gotteshauses für den Ge-
orgsorden als erste Szene im linken Seitenturm
[F 1]; sodann an die Darstellung der Grabmäler
Friedrichs und Maximilians zur Rechten [F’3].57
Daß die Szenenfolge unvollendet blieb, obwohl -
etwa aus dem Material von Grünpecks »Historia
Friderici III et Maximiliani«58 - eine Vervollstän-
digung ohne weiteres möglich gewesen wäre, ist
nur mit dem drängenden Termin für die endliche
Drucklegung der Ehrenpforte 1517/18 (s. u.) zu er-
klären. Abgesehen von einer fehlenden bildlichen
Charakteristik Maximilians kann auch die endgül-
tige Aufgabe eines Grabkapellenbaues bei Lebzei-
ten in den unmittelbar vorhergehenden Jahren -
die ja zugleich die Aufgabe des Freskenpro-
gramms bedeutete - Anlaß für die Anfügung der
Seitentürme gewesen sein. Mit den Themen »Ge-
orgsorden« und »Grabstift« fanden dann zwei
wesentliche Bestandteile Aufnahme in die Ehren-
pforte.
Der grundlegende Hinweis Oettingers auf die
enge programmatische Verwandschaft der kaiser-
lichen Kunstunternehmungen - die sich auch bei
den späteren Erörterungen des Bildprogramms
erweisen wird - enthält stets beide Möglich-
keiten solcher Wechselbeziehungen: zum einen
die einer mehrfachen und gleichzeitigen Ver-
wendung ein und desselben Bildkonzeptes bei
mehr oder minder großer Bandbreite der Varia-
tion59; zum anderen Fortleben und Weitergabe von
Bildprogrammen oder Teilen davon, auch wenn
der ursprünglich geplante Bildträger aufgegeben
wurde.
Letzteres ist offensichtlich der Fall, wenn Ele-
mente der beiden aufgegebenen, voneinander the-
matisch verschiedenen Freskenprogramme für die
Grabeskirche kurz vor dem Tode Maximilians an
der Ehrenpforte vereinigt werden.
Auch die Quellen lassen diesen engen Zusammenhang gele-
gentlich ahnen. Das Dritte Gedenkbuch (s.o.) etwa ver-
merkt auf fol. 2r [...] diepüecher so die Ro. Kay. Mt. dannen
richten will. Die Liste wird angeführt vom Grab, unmittel-
bar gefolgt von der Erenporten, weiter unten vom Tryumpf-
wagen. Der cvp. 2835 enthält auf fol. 39V offenbar eine Rein-
schrift dieser Liste und Vermerckt die puecher die kaiser
Maximilian selbst macht (Gottlieb 1900, S. 61). Dort heißt es
am Ende der Liste ergänzend
Moralitet I andacht I
Sant Jorgen,
womit offensichtlich das Freskenprogramm für die Gra-
beskirche mit seinen drei Bildfeldern gemeint ist.
56 Vgl. bes. in Teil III: >Der Anteil Albrecht Dürers und seiner
Werkstatt und >Der Anteil Albrecht Altdorfers<.
57 Auch die Darstellung der Schatzkammer Maximilians (F’
Nr.4) enthält im Verstitel den Hinweis auf seine geistlichen
Stiftungen und könnte mit der »Schatzandacht« des Fres-
kenprogramms (s.o.) in Verbindung gebracht werden.
58 Vgl. Grünpeck, Joseph, Die Geschichte Friedrichs III und
Maximilians L, hg. von Theodor Ilgen, in: Pertz/Grimm/
von Ranke etc. (Hgg.), Die Geschichtsschreiber der deut-
schen Vorzeit, Bd. 40, Leipzig 19402; dazu in Teil III: >Der
Anteil Albrecht Dürers und seiner Werkstatt«, ferner im Ka-
talog die Erläuterungen zu F und F’, passim.
59 Mit inhaltlichen Gesichtspunkten argumentierend kommt
Fischnaler bereits 1936 zu dem Schluß, daß die Ehrenpforte
»... als eine Art stereometrische Frontalprojektion des
Grabmales ...« gelten könne (Fischnaler, Conrad, Ein Wort
über die »Ehrenpforte« und das »Grabmal« Kaiser Maxi-
milians, in: ders., Ausgewählte Schriften, 2 Bde., Innsbruck
1936, Bd. 2, S. 45).
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erfährt eine Bestätigung gleichsam aus umgekehr-
ter Richtung:
Bei der eingehenderen Untersuchung des Bild-
programmes56 wird sich erweisen, daß vor allem in
den verhältnismäßig spät durch Albrecht Altdor-
fer ergänzten Seitentürmen offenbar Elemente aus
dem Andachts-Freskenprogramm von 1512 an der
Ehrenpforte erscheinen. Zu denken ist hier vor al-
lem an die Stiftung eines Gotteshauses für den Ge-
orgsorden als erste Szene im linken Seitenturm
[F 1]; sodann an die Darstellung der Grabmäler
Friedrichs und Maximilians zur Rechten [F’3].57
Daß die Szenenfolge unvollendet blieb, obwohl -
etwa aus dem Material von Grünpecks »Historia
Friderici III et Maximiliani«58 - eine Vervollstän-
digung ohne weiteres möglich gewesen wäre, ist
nur mit dem drängenden Termin für die endliche
Drucklegung der Ehrenpforte 1517/18 (s. u.) zu er-
klären. Abgesehen von einer fehlenden bildlichen
Charakteristik Maximilians kann auch die endgül-
tige Aufgabe eines Grabkapellenbaues bei Lebzei-
ten in den unmittelbar vorhergehenden Jahren -
die ja zugleich die Aufgabe des Freskenpro-
gramms bedeutete - Anlaß für die Anfügung der
Seitentürme gewesen sein. Mit den Themen »Ge-
orgsorden« und »Grabstift« fanden dann zwei
wesentliche Bestandteile Aufnahme in die Ehren-
pforte.
Der grundlegende Hinweis Oettingers auf die
enge programmatische Verwandschaft der kaiser-
lichen Kunstunternehmungen - die sich auch bei
den späteren Erörterungen des Bildprogramms
erweisen wird - enthält stets beide Möglich-
keiten solcher Wechselbeziehungen: zum einen
die einer mehrfachen und gleichzeitigen Ver-
wendung ein und desselben Bildkonzeptes bei
mehr oder minder großer Bandbreite der Varia-
tion59; zum anderen Fortleben und Weitergabe von
Bildprogrammen oder Teilen davon, auch wenn
der ursprünglich geplante Bildträger aufgegeben
wurde.
Letzteres ist offensichtlich der Fall, wenn Ele-
mente der beiden aufgegebenen, voneinander the-
matisch verschiedenen Freskenprogramme für die
Grabeskirche kurz vor dem Tode Maximilians an
der Ehrenpforte vereinigt werden.
Auch die Quellen lassen diesen engen Zusammenhang gele-
gentlich ahnen. Das Dritte Gedenkbuch (s.o.) etwa ver-
merkt auf fol. 2r [...] diepüecher so die Ro. Kay. Mt. dannen
richten will. Die Liste wird angeführt vom Grab, unmittel-
bar gefolgt von der Erenporten, weiter unten vom Tryumpf-
wagen. Der cvp. 2835 enthält auf fol. 39V offenbar eine Rein-
schrift dieser Liste und Vermerckt die puecher die kaiser
Maximilian selbst macht (Gottlieb 1900, S. 61). Dort heißt es
am Ende der Liste ergänzend
Moralitet I andacht I
Sant Jorgen,
womit offensichtlich das Freskenprogramm für die Gra-
beskirche mit seinen drei Bildfeldern gemeint ist.
56 Vgl. bes. in Teil III: >Der Anteil Albrecht Dürers und seiner
Werkstatt und >Der Anteil Albrecht Altdorfers<.
57 Auch die Darstellung der Schatzkammer Maximilians (F’
Nr.4) enthält im Verstitel den Hinweis auf seine geistlichen
Stiftungen und könnte mit der »Schatzandacht« des Fres-
kenprogramms (s.o.) in Verbindung gebracht werden.
58 Vgl. Grünpeck, Joseph, Die Geschichte Friedrichs III und
Maximilians L, hg. von Theodor Ilgen, in: Pertz/Grimm/
von Ranke etc. (Hgg.), Die Geschichtsschreiber der deut-
schen Vorzeit, Bd. 40, Leipzig 19402; dazu in Teil III: >Der
Anteil Albrecht Dürers und seiner Werkstatt«, ferner im Ka-
talog die Erläuterungen zu F und F’, passim.
59 Mit inhaltlichen Gesichtspunkten argumentierend kommt
Fischnaler bereits 1936 zu dem Schluß, daß die Ehrenpforte
»... als eine Art stereometrische Frontalprojektion des
Grabmales ...« gelten könne (Fischnaler, Conrad, Ein Wort
über die »Ehrenpforte« und das »Grabmal« Kaiser Maxi-
milians, in: ders., Ausgewählte Schriften, 2 Bde., Innsbruck
1936, Bd. 2, S. 45).