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Schauerte, Thomas; Dürer, Albrecht; Altdorfer, Albrecht; Maximilian [Gefeierte Pers.]; Dürer, Albrecht [Mitarb.]; Altdorfer, Albrecht [Mitarb.]
Die Ehrenpforte für Kaiser Maximilian I.: Dürer und Altdorfer im Dienst des Herrschers — München, Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.62901#0042

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II. Entstehung und Herleitung

Wenig wahrscheinlich mutet es allerdings an,
daß auch bei den ersten Plänen zum Grabmal ab
1502 an ein tumbenloses Monument sollte gedacht
worden sein. Traditionale Gründe sprechen vehe-
ment dagegen und werden etwa in dem Tumben-
grab für Maria von Burgund, das ab 1496 nach
Weisungen Maximilians und Philipps in der Kir-
che Notre Dame in Brügge errichtet worden war
(Abb. $)44 und zahlreiche burgundische Vorläufer
hat, mehr aber noch im 1513 vollendeten Wiener
Friedrichsgrab (Abb. 6) greifbar, dessen Vollen-
dung Maximilian seit 1503 beschäftigte.45 Doch
gibt es auch für den vermuteten Prozeß des Um-
denkens in der Tumbenfrage einen traditionalen
Anknüpfungspunkt, der für Maximilian mögli-
cherweise mit seiner Kaiserkrönung 1508 in das
Blickfeld treten konnte. Die Rede ist von der sali-
schen Kaisergrablege im Dom zu Speyer, die für
Maximilian nicht nur unter imperialen, sondern
auch unter dynastischen Gesichtspunkten von Be-
deutung war, da hier sein direkter Vorfahr König
Rudolf von Habsburg [vgl. B’] bestattet lag, mit
dem erstmals ein Habsburger den Römischen Kö-
nigsthron bestiegen hatte. Abgesehen von den
mehrfach bezeugten Aufenthalten Maximilians in
Speyer46, weist etwa auch die Übernahme der Ge-
sichtszüge von der Grabplatte Rudolfs für dessen
Innsbrucker Bronzestandbild47 auf eine direkte

Rezeption der Kaisergräber durch Maximilian
hin. Dessen Auseinandersetzung mit seinen »Vor-
gängern am Reich« und ihren überaus schlichten,
nur inschriftlich gekennzeichneten Grabplatten48
zeigt sich aber am nachhaltigsten im fragmentari-
schen Denkmalprojekt von 151449. Wenn also Ma-
ximilian zu einem unbekannten, jedoch offenbar
nach seiner Kaiserkrönung 1508 anzunehmenden
Zeitpunkt auf eine Grabtumba verzichtete, dann
war dies durch die Anknüpfung an Speyer als
Rückbesinnung auf eine imperiale Tradition aus-
weisbar.
Zusammenfassend ist hierzu also festzustellen:
War unter dem Gesichtspunkt einer dynastischen,
habsburgisch-burgundischen Sepulkraltradition
kaum etwas anderes als ein Tumbengrab denkbar,
so trat spätestens mit der Kaiserkrönung auch die
imperiale, jedoch deutlich schlichtere Art der Be-
stattung im Speyerer Dom in den Bereich des
Möglichen und mochte von Maximilian - auch im
Hinblick auf seine stets angespannte Finanzlage -
dankbar ergriffen worden sein.
Das Ergebnis des vorhergehenden Abschnittes
aufnehmend bedeutet dies zusammengefasst, daß
die 24 Bilder aus der Truhe im Schloß Finkenstein
offenbar tatsächlich im wörtlichen Sinne »auf das
Grab« gehörten, also als Reliefs eine Tumba hät-
ten schmücken sollen, wie dies parallel am Fried-

sichtigt blieb bislang bei allen dahingehenden Erörterungen
offensichtlich die vermutlich 1517 (vgl. in Teil III: >Der An-
teil Albrecht Altdorfers«) entstandene Darstellung der Grä-
ber Friedrichs III. und Maximilians im rechten Seitenturm
(F’3), wo auf den Stufen eines Altares ein offenbar lebens-
großes Standbild Maximilians steht. Dieser Umstand be-
dürfte eingehenderer Untersuchung.
44 Die Planungen Maximilians für das Grab dürften um 1490
einsetzen und standen unter Aufsicht Philipps des Schönen.
Die Tumba befand sich ursprünglich im Chor der Kirche.
Ausführung in ziseliertem Gelbguss nach einem Modell des
Brüsseler Bildhauers Jan Borman (vgl. Barthier, John, Karl
der Kühne, Genf 1976, S. 266).
45 Auch das Grabmal Philipps des Schönen in der Kathedrale
von Burgos ist ein Tumbengrab.
46 Nach seiner Kaiserkrönung erstmals am 27. April 1509, so-
dann vom 20.-22. November 1512 und mehrfach zwischen
Februar und Juni des folgenden Jahres (vgl. v. Kraus/Hye,
Itinerar 1997, S. 130,148,150).
47 Vgl. Ruhm und Sinnlichkeit 1996, Nr. 40.

48 Vgl. zur Entwicklung der Kaisergrablege Kubach, Hans
Erich und Walter Haas, Der Dom zu Speyer, 3 Bde., Mün-
chen 1972. Bis zur 1689 erfolgten völligen Vernichtung der
Grabanlage durch die Truppen Ludwigs XIV. bestand diese
aus zwei etwa meterhohen Grabfeldern, die um 1125/1184
ihre Form für Jahrhunderte erhalten hatten. Nach einer
Zeichnung von 1648 waren die elf Gräber von zehn schlich-
ten, nur mit knappen Inschriften versehenen Platten aus
verschiedenfarbigen Marmor bedeckt (vgl. S. 902 ff. u.
Abb. 1390). Eine Rekonstruktionszeichnnung findet sich in:
RDK 2 (1948), Art. »Bestattung« (Friedrich Zoepfl), Abb. 4.
Die Beschreibung durch den schottischen Theologen Gil-
bert Burnett, der die Anlage drei Jahre vor ihrer Zerstörung
gesehen hatte, betont deren Schlichtheit:
The tomhs of many emperors, that ly btiried here, are re-
markable for their meanness, they being only great Flag-sto-
nes on some small Stone-balhsters of a foot and a half high.
(S. 902).
Auch die um 1291 reliefierte Grabplatte Rudolfs steht dieser
Schlichtheit nicht entgegen, da sie sich zu Zeiten Maximili-
 
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