Laß mich nicht in die Hände meiner Bedränger fallen,
Denn falsche Zeugen erhoben sich wider mich, und die Bosheit log
wider sich selbst.
Des Herren Huld vertrau’ ich zu schauen im Lande der Leben-
digen,
Darum lobsinge ich dem Herrn in meinem ganzen Leben.
Meinem Gotte will ich psallieren, solange ich atme.
Sei ihm mein Loblied genehm! Ich aber will mich freuen im Herrn.
Amen.
IV. AN SEINE MUTTER1
Trost in Armut und Trübsal
Verehrungswürdigste, geliebteste Mutter!
Gottes Trost und Friede sei mit Euch! Aus Eurem Briefe vernahm
ich den Tod unseres Onkels Borso, Eures Bruders, und begann nun
in meinem Herzen darüber nachzusinnen, was wohl Gottes Rat-
schluß mit unserem Hause sei, da er es, je mehr ich für es bete und
betete, Tag für Tag um so mehr heimsucht. Jedenfalls sage ich
dem weisesten und gütigsten Schöpfer und Erlöser unserer Seelen
Dank, der es besser mit uns vorhat, als wir wissen oder verlangen
und denken können. Ich sehe meine Gebete viel voller und besser
erhört, als ich es selbst vermeinte, denn da ich für Euer Seelenheil
betete, sehe ich es Euch nahen, falls nur auch Ihr ihm naht. Denn
je mehr unsere Seele an den irdischen Dingen hängt, um so ferner
ist sie ihrem ewigen Ziele. Gott zeigt Euch also auf solche Weise
klar, daß die menschlichen Hoffnungen blind und trügerisch sind,
um so Euer Herz zum Himmlischen zu erheben.
Euer Schöpfer züchtigt Euch häufig, um Euch aufzuwecken, auf
daß Ihr Euch aus dem tiefen Schlafe erhebet, worin Ihr lange Zeit
läget, da Ihr das gegenwärtige Leben mehr als das künftige liebtet.
Das, meine Mutter, sind Donnerstimmen vom Himmel, wie Pfeile
in Eurem Herzen haftend, und oft ertönen sie, um Euch von der
Anhänglichkeit an die irdischen und hinfälligen Dinge zu befreien
und zur rechten Liebe Jesu Christi einzuladen. Liebe Mutter und Ihr,
1 Nach dem Lichtbilde der in England befindlichen Urschrift gedruckt von
Villari-Casanova, Scelta 42 2 ff.; eine deutsche Übersetzung von Hiltgart
Schottmüller 5 ff.; vgl. Schnitzer, Savonarola I, 76 ff.
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Denn falsche Zeugen erhoben sich wider mich, und die Bosheit log
wider sich selbst.
Des Herren Huld vertrau’ ich zu schauen im Lande der Leben-
digen,
Darum lobsinge ich dem Herrn in meinem ganzen Leben.
Meinem Gotte will ich psallieren, solange ich atme.
Sei ihm mein Loblied genehm! Ich aber will mich freuen im Herrn.
Amen.
IV. AN SEINE MUTTER1
Trost in Armut und Trübsal
Verehrungswürdigste, geliebteste Mutter!
Gottes Trost und Friede sei mit Euch! Aus Eurem Briefe vernahm
ich den Tod unseres Onkels Borso, Eures Bruders, und begann nun
in meinem Herzen darüber nachzusinnen, was wohl Gottes Rat-
schluß mit unserem Hause sei, da er es, je mehr ich für es bete und
betete, Tag für Tag um so mehr heimsucht. Jedenfalls sage ich
dem weisesten und gütigsten Schöpfer und Erlöser unserer Seelen
Dank, der es besser mit uns vorhat, als wir wissen oder verlangen
und denken können. Ich sehe meine Gebete viel voller und besser
erhört, als ich es selbst vermeinte, denn da ich für Euer Seelenheil
betete, sehe ich es Euch nahen, falls nur auch Ihr ihm naht. Denn
je mehr unsere Seele an den irdischen Dingen hängt, um so ferner
ist sie ihrem ewigen Ziele. Gott zeigt Euch also auf solche Weise
klar, daß die menschlichen Hoffnungen blind und trügerisch sind,
um so Euer Herz zum Himmlischen zu erheben.
Euer Schöpfer züchtigt Euch häufig, um Euch aufzuwecken, auf
daß Ihr Euch aus dem tiefen Schlafe erhebet, worin Ihr lange Zeit
läget, da Ihr das gegenwärtige Leben mehr als das künftige liebtet.
Das, meine Mutter, sind Donnerstimmen vom Himmel, wie Pfeile
in Eurem Herzen haftend, und oft ertönen sie, um Euch von der
Anhänglichkeit an die irdischen und hinfälligen Dinge zu befreien
und zur rechten Liebe Jesu Christi einzuladen. Liebe Mutter und Ihr,
1 Nach dem Lichtbilde der in England befindlichen Urschrift gedruckt von
Villari-Casanova, Scelta 42 2 ff.; eine deutsche Übersetzung von Hiltgart
Schottmüller 5 ff.; vgl. Schnitzer, Savonarola I, 76 ff.
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