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Savonarola, Girolamo; Schnitzer, Joseph [Übers.]
Hieronymus Savonarola: Auswahl aus seinen Schriften und Predigten — Das Zeitalter der Renaissance, 2. Serie ; 10: Jena: Eugend Diederichs, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.56458#0013
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EINLEITUNG
Michael Savonarola war als gefeierter medizinischer Schriftsteller
und Arzt eine der leuchtendsten Zierden der Universität seiner
Vaterstadt Padua, als er im Jahre 1440 vom Markgrafen Nikolaus
von Este von Ferrara zu seinem Leib- und Hofarzte berufen wurde1.
Wie schon in Padua, so entfaltete Michael auch in seiner neuen Hei-
mat eine reich gesegnete Wirksamkeit, welche nicht nur den An-
gehörigen des Hofes, sondern auch den Armen und Ärmsten der
Stadt, denen er unentgeltliche Hilfe angedeihen ließ, zugute kam.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit verfaßte er eine Reihe religiös-
moralischer Schriften, welche alle eine kernhafte Frömmigkeit und
eine tiefernste, streng religiöse Lebensauffassung bekunden. Wer sie
liest, wähnt nicht den vielbeschäftigten Leibarzt eines genuß- und
sinnenfrohen Renaissancefürsten, sondern den weltentrückten In-
sassen einer verborgenen Klosterzelle vor sich zu haben. Gleichwohl
war er ein echter Sohn seines humanistischen Zeitalters. In Cicero
und Seneca, in Virgil, Ovid und Terenz war er belesen, in den Schrif-
ten Platos, soweit sie damals im Abendlande bekannt waren, be-
schlagen, in den Werken des Aristoteles erst recht völlig zu Hause.
Aber sein Herz gehörte der Hl. Schrift, mit welcher er sich in einer
Weise vertraut zeigte, wie sie nur durch unablässige Lesung erwor-
ben werden konnte. Und auch die hl. Väter kannte er, auf Schritt
und Tritt begegnen uns in seinen religiösen Abhandlungen Aus-
sprüche des hl. Ambrosius, Augustinus, Hieronymus, Chrysostomus,
des Areopagiten, Gregors des Großen, Bedas und des hl. Bernhard.
Dem gelehrtesten Theologen gleich war er in den Sentenzen Peters
des Lombarden, in den Werken Alberts des Großen und ganz be-
sonders des hl. Thomas von Aquin bewandert. Und er war kein
bloßer Buchstaben-, kein bloßer Namen- und Scheinchrist. Er wollte
Ernst gemacht wissen mit dem Glauben, schon von gewöhnlichen
Laien, erst recht aber von Geistlichen und Ordenspersonen. Eindring-
lich mahnte er diese zu gewissenhafter Beobachtung ihrer Ordens-
regel und warnte sie, sich bei Dispensen und Erleichterungen zu
beruhigen, welche ihnen etwa von kirchlichen Oberen eingeräumt
würden. „Denn“, sagte er, „in Dingen göttlichen Rechtes, wie die
Klostergelübde es sind, können die Päpste und ihre Stellvertreter nichts
1 Vgl. Schnitzer, Savonarolas Erzieher, Berlin-Schöneberg 1913; ders., Sa-
vonarola, München 1924. I, iff.

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